Der goldene Buddha
Die beiden Männer wussten genau, dass sie einen ungeheuren Frevel begehen würden, doch ihre Gier war stärker.
Die Gier nach Geld und Macht!
Geld, viel Geld sollten sie für diesen Raub bekommen, denn die Diamanten des goldenen Buddha waren einmalig auf der Welt. Der Sage nach sollten sie nicht von der Erde stammen. Buddha habe sie bei einem seiner Ausflüge in die Welt der Geister mitgebracht und sie seiner Figur als Augen geschenkt.
So weit die Legende. Was daran stimmte, interessierte die Männer nicht, ihnen ging es allein um die Diamanten, für die sie ein Vermögen erhielten.
Sechs Monate hatte ihre Vorbereitungszeit gedauert, denn das Kloster, in dem der Buddha stand, lag versteckt inmitten der grandiosen Bergwelt des Himalaya. Noch nie hatte ein Fremder das Kloster betreten. Es war nach allen Seiten gesichert, und die dort lebenden Mönche standen mit den Geistern der Verstorbenen in Verbindung. Es gab keinen offiziellen Weg zum Kloster, und doch konnte man es erreichen. Über verschlungene Bergpfade, wo auf Schritt und Tritt Gefahren lauerten. Die Gegend war rau und gefährlich. Schneestürme wechselten ab mit Geröllawinen.
Orkane wüteten in den über zwölftausend Fuß hoch gelegenen Tälern, die von den majestätischen Gipfeln der eisbedeckten Bergriesen überwacht wurden. Der Mount Everest, der Nanga Parbat, wo manche Bergsteiger ihr Leben verloren hatten, sie lagen nicht weit entfernt.
Das Wetter meinte es gut mit den beiden Dieben. Eine blasse kalte Sonne stand am blau verhangenen Himmel und sandte ihre Strahlen in das weite Tal.
Die Sonne wärmte nicht, sie schaffte es nicht, die Kälte der Nacht zu vertreiben. An den Schattenstellen blieb der Raureif auf den Steinen liegen.
Am eindrucksvollsten war die Stille. Man konnte sie schon als gewaltig bezeichnen, und auch der weit über den Männern schwebende Bergadler passte in dieses Bild. Lautlos zog er seine Kreise und spähte mit seinen scharfen Augen nach Beute aus. Die Männer beeindruckte weder die Stille noch die unberührte Bergwelt. Sie dachten nur an ihr Ziel, den Raub der beiden kostbaren Diamanten.
Aus Nepal waren sie gekommen und hatten auch in diesem Land die Grenze überquert, denn das Kloster befand sich in Tibet inmitten des Hochlandes.
In den letzten drei Tagen waren ihnen keine Menschen mehr begegnet. Nicht einmal Ziegenhirten, die mit ihren Herden die riesigen Ebenen durchstreiften. Diese Menschen kannten nichts anderes als die Bergwelt. Nur wenige von ihnen waren hinunter in die Täler gekommen, wo sie in den Dörfern für ihren Käse und die Milch andere Produkte tauschten: Tücher, Decken, Werkzeuge. Was sie zum Leben brauchten, das gab ihnen die Herde. Milch, Kleidung, Fleisch. Die Ziegen waren genügsam. Nur wenn der Winter besonders streng war und selbst die Wölfe die Wälder verließen, um auf Beutesuche zu gehen, dann hatten die Hirten Angst, dass die Raubtiere sie ihrer Nahrung beraubten.
Und hier oben lebte auch noch der scheue Schneeleopard, den kaum ein Europäer je gesehen hatte.
Bevor die beiden Diebe ihre letzte Etappe in Angriff nahmen, schauten sie noch einmal auf der Karte nach, die sie in Lhasa einem ermordeten Mönch abgenommen hatten. Mit Kohle war der Weg auf Ziegenlederhaut gezeichnet worden, dann imprägniert, so dass die Markierungen nicht so rasch verblassten.
Beide Männer waren gut bewaffnet. Sie trugen moderne Revolver und hatten sich den Bedingungen entsprechend angezogen. Dicke, wärmende Kleidung, mit Fell gefütterte Parkas und wattierte Hosen. Ihre Füße steckten in Schaftstiefeln, und auch mit Proviant waren sie genügend ausgerüstet.
Der größere der beiden, auch der Anführer des Duetts, hieß Ong-Pal.
Er war ein Mann ohne Gewissen und hatte schon in Indien für die Tongs gemordet. Die Tongs waren ein Geheimbund, der die Göttin Kali anbetete. Er kannte keine Hemmungen, verachtete den Glauben und sah nur das Geld. Seine Haut war stark gebräunt, die Augen dunkel wie zwei Kaffeebohnen. Der dünne Mund zeigte einen grausamen, menschenverachtenden Zug. Mit dem Geld, das er für die Steine bekam, wollte er sich ein schönes Leben machen.
Sein Kumpan hieß Ghaliwa. Er stammte aus Afghanistan und war dort in letzter Sekunde einem Hinrichtungskommando entkommen. Auf der Flucht hatte er Ong-Pal kennengelernt. Die beiden schlossen sich zusammen und bildeten eine Interessengemeinschaft.
Ghaliwa war kleiner als Ong-Pal, dafür aber breiter in den Schultern.
Hemmungen kannte er
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