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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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ihr, die mit einer älteren Freundin in einer Ecke saß. »Hauke!« rief sie, mit ihrem schmalen Antlitz zu ihm aufblickend; »bist du hier? Ich sah dich doch nicht tanzen!«
    »Ich tanzte auch nicht«, erwiderte er.
    – »Weshalb nicht, Hauke?« Und sich halb erhebend, setzte sie hinzu: »Willst du mit mir tanzen? Ich hab es Ole Peters nicht gegönnt; der kommt nicht wieder!«
    Aber Hauke machte keine Anstalt. »Ich danke, Elke«, sagte er; »ich verstehe das nicht gut genug; sie könnten über dich lachen; und dann...« Er stockte plötzlich und sah sie nur aus seinen grauen Augen herzlich an, als ob er’s ihnen überlassen müsse, das übrige zu sagen.
    »Was meinst du, Hauke?« frug sie leise.
    – »Ich mein, Elke, es kann ja doch der Tag nicht schöner für mich ausgehn, als er’s schon getan hat.«
    »Ja«, sagte sie, »du hast das Spiel gewonnen.«
    »Elke!« mahnte er kaum hörbar.
    Da schlug ihr eine heiße Lohe in das Angesicht. »Geh!« sagte sie; »was willst du?« und schlug die Augen nieder.
    Als aber die Freundin jetzt von einem Burschen zum Tanze fortgezogen wurde, sagte Hauke lauter: »Ich dachte, Elke, ich hätt was Besseres gewonnen!«
    Noch ein paar Augenblicke suchten ihre Augen auf dem Boden; dann hob sie sie langsam, und ein Blick, mit der stillen Kraft ihres Wesens, traf in die seinen, der ihn wie Sommerluft durchströmte. »Tu, wie dir ums Herz ist, Hauke!« sprach sie; »wir sollten uns wohl kennen!«
    Elke tanzte an diesem Abend nicht mehr, und als beide dann nach Hause gingen, hatten sie sich Hand in Hand gefaßt; aus der Himmelshöhe funkelten die Sterne über der schweigenden Marsch; ein leichter Ostwind wehte und brachte strenge Kälte; die beiden aber gingen, ohne viel Tücher und Umhang, dahin, als sei es plötzlich Frühling worden.
     
    Hauke hatte sich auf ein Ding besonnen, dessen passende Verwendung zwar in ungewisser Zukunft lag, mit dem er sich aber eine stille Feier zu bereiten gedachte. Deshalb ging er am nächsten Sonntag in die Stadt zum alten Goldschmied Andersen und bestellte einen starken Goldring. »Streckt den Finger her, damit wir messen!« sagte der Alte und faßte ihm nach dem Goldfinger. »Nun«, meinte er, »der ist nicht gar so dick, wie sie bei euch Leuten sonst zu sein pflegen!« Aber Hauke sagte: »Messet lieber am kleinen Finger!« und hielt ihm den entgegen.
    Der Goldschmied sah ihn etwas verdutzt an; aber was kümmerten ihn die Einfälle der jungen Bauernburschen. »Da werden wir schon so einen unter den Mädchenringen haben!« sagte er, und Hauke schoß das Blut durch beide Wangen. Aber der kleine Goldring paßte auf seinen kleinen Finger, und er nahm ihn hastig und bezahlte ihn mit blankem Silber; dann steckte er ihn unter lautem Herzklopfen, und als ob er einen feierlichen Akt begehe, in die Westentasche. Dort trug er ihn seitdem an jedem Tage mit Unruhe und doch mit Stolz, als sei die Westentasche nur dazu da, um einen Ring darin zu tragen.
    Er trug ihn so über Jahr und Tag, ja der Ring mußte sogar aus dieser noch in eine neue Westentasche wandern; die Gelegenheit zu seiner Befreiung hatte sich noch immer nicht ergeben wollen. Wohl war’s ihm durch den Kopf geflogen, nur gradenwegs vor seinen Wirt hinzutreten; sein Vater war ja doch auch ein Eingesessener! Aber wenn er ruhiger wurde, dann wußte er wohl, der alte Deichgraf würde seinen Kleinknecht ausgelacht haben. Und so lebten er und des Deichgrafen Tochter nebeneinander hin; auch sie in mädchenhaftem Schweigen, und beide doch, als ob sie allzeit Hand in Hand gingen.
    Ein Jahr nach jenem Winterfesttag hatte Ole Peters seinen Dienst gekündigt und mit Vollina Harders Hochzeit gemacht; Hauke hatte recht gehabt: der Alte war auf Altenteil gegangen, und statt der dicken Tochter ritt nun der muntere Schwiegersohn die gelbe Stute in die Fenne und, wie es hieß, rückwärts allzeit gegen den Deich hinan. Hauke war Großknecht geworden und ein Jüngerer an seine Stelle getreten; wohl hatte der Deichgraf ihn erst nicht wollen aufrücken lassen. »Kleinknecht ist besser!« hatte er gebrummt; »ich brauch ihn hier bei meinen Büchern!« Aber Elke hatte ihm vorgehalten: »Dann geht auch Hauke, Vater!« Da war dem Alten bange geworden, und Hauke war zum Großknecht aufgerückt, hatte aber trotz dessen nach wie vor auch an der Deichgrafschaft mitgeholfen.
    Nach einem andern Jahr aber begann er gegen Elke davon zu reden, sein Vater werde kümmerlich, und die paar Tage, die der Wirt ihn im Sommer in dessen

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