West-östlicher Divan (German Edition)
fallen meine Lieder
Gehäuft in deinen Schoß.
Suleika
An des lustgen Brunnens Rand,
Der in Wasserfäden spielt,
Wußt ich nicht, was fest mich hielt;
Doch da war von deiner Hand
Meine Chiffer leis gezogen;
Nieder blickt ich, dir gewogen.
Hier, am Ende des Kanals
Der gereihten Hauptallee,
Blick ich wieder in die Höh,
Und da seh ich abermals
Meine Lettern fein gezogen:
Bleibe! bleibe mir gewogen!
Hatem
Möge Wasser, springend, wallend,
Die Zypressen dir gestehn:
Von Suleika zu Suleika
Ist mein Kommen und mein Gehn.
Suleika
Kaum daß ich dich wieder habe,
Dich mit Kuß und Liedern labe,
Bist du still in dich gekehret;
Was beengt und drückt und störet?
Hatem
Ach, Suleika, soll ich's sagen?
Statt zu loben, möcht ich klagen!
Sangest sonst nur meine Lieder,
Immer neu und immer wieder.
Sollte wohl auch diese loben;
Doch sie sind nur eingeschoben,
Nicht von Hafis, nicht Nisami.
Nicht Saadi, nicht von Dschami.
Kenn ich doch der Väter Menge,
Silb um Silbe, Klang um Klänge,
Im Gedächtnis unverloren;
Diese da sind neu geboren.
Gestern wurden sie gedichtet.
Sag, hast du dich neu verpflichtet?
Hauchest du so froh verwegen
Fremden Atem mir entgegen,
Der dich eben so belebet,
Eben so in Liebe schwebet,
Lockend, ladend zum Vereine
So harmonisch als der meine?
Suleika
War Hatem lange doch entfernt;
Das Mädchen hatte was gelernt.
Von ihm war sie so schön gelobt;
Da hat die Trennung sich erprobt.
Wohl, daß sie dir nicht fremde scheinen;
Sie sind Suleikas, sind die deinen!
Behramgur, sagt man
Behramgur, sagt man, hat den Reim erfunden;
Er sprach entzückt aus reiner Seele Drang;
Dilaram schnell, die Freundin seiner Stunden,
Erwiderte mit gleichem Wort und Klang.
Und so, Geliebte, warst du mir beschieden,
Des Reims zu finden holden Lustgebrauch,
Daß auch Behramgur ich, den Sassaniden,
Nicht mehr beneiden darf: mir ward es auch.
Hast mir dies Buch geweckt, du hast's gegeben;
Denn was ich froh aus vollem Herzen sprach,
Das klang zurück aus deinem holden Leben,
Wie Blick dem Blick, so Reim dem Reime nach.
Nun tön es fort zu dir, auch aus der Ferne,
Das Wort erreicht, und schwände Ton und Schall:
Ist's nicht der Mantel noch gesäter Sterne?
Ist's nicht der Liebe hochverklärtes All?
Deinem Blick mich zu bequemen
Deinem Blick mich zu bequemen,
Deinem Munde, deiner Brust,
Deine Stimme zu vernehmen,
War die letzt und erste Lust.
Gestern, ach! war sie die letzte,
Dann verlosch mir Leucht und Feuer;
Jeder Scherz, der mich ergetzte,
Wird nun schuldenschwer und teuer.
Eh es Allah nicht gefällt,
Uns aufs neue zu vereinen,
Gibt mir Sonne, Mond und Welt
Nur Gelegenheit zum Weinen.
Suleika
Was bedeutet die Bewegung?
Bringt der Ost mir frohe Kunde?
Seiner Schwingen frische Regung
Kühlt des Herzens tiefe Wunde.
Kosend spielt er mit dem Staube,
Jagt ihn auf in leichten Wölkchen,
Treibt zur sichern Rebenlaube
Der Insekten frohes Völkchen.
Lindert sanft der Sonne Glühen,
Kühlt auch mir die heißen Wangen,
Küßt die Reben noch im Fliehen,
Die auf Feld und Hügel prangen.
Und mich will sein leises Flüstern
Von dem Freunde lieblich grüßen,
Eh noch diese Hügel düstern,
Sitz ich still zu seinen Füßen.
Und so kannst du weiter ziehen;
Diene Freunden und Betrübten.
Dort, wo hohe Mauern glühen,
Find ich bald den Vielgeliebten.
Ach, die wahre Herzenskunde,
Liebeshauch, erfrischtes Leben
Wird mir nur aus seinem Munde,
Kann mir nur sein Atem geben.
Hochbild
Die Sonne, Helios der Griechen,
Fährt prächtig auf der Himmelsbahn,
Gewiß, das Weltall zu besiegen,
Blickt er umher, hinab, hinan.
Er sieht die schönste Göttin weinen,
Die Wolkentochter, Himmelskind,
Ihr scheint er nur allein zu scheinen;
Für alle heitre Räume blind,
Versenkt er sich in Schmerz und Schauer,
Und häufiger quillt ihr Tränenguß:
Er sendet Lust in ihre Trauer
Und jeder Perle Kuß auf Kuß.
Nun fühlt sie tief des Blicks Gewalten
Und unverwandt schaut sie hinauf:
Die Perlen wollen sich gestalten;
Denn jede nahm sein Bildnis auf.
Und so, umkränzt von Farb und Bogen,
Erheitert leuchtet ihr Gesicht,
Entgegen kommt er ihr gezogen:
Doch er, doch—ach! erreicht sie nicht.
So, nach des Schicksals hartem Lose,
Weichst du mir, Lieblichste davon;
Und wär ich Helios, der Große,
Was nützte mir der Wagenthron?
Nachklang
Es klingt so prächtig, wenn der Dichter
Der Sonne, bald dem Kaiser sich vergleicht;
Doch er verbirgt die traurigen Gesichter,
Wenn er in düstern Nächten schleicht.
Von Wolken streifenhaft befangen,
Versank zu Nacht
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