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Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Titel: Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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als brauchst du jemanden, bei dem du dich ausheulen kannst.«
    »Danke, Abe«, sagte Jack und ging vor ihm die Treppe hoch, »aber ich muss noch ein paar Sachen erledigen, bevor es dunkel wird, wir müssen das also auf ein andermal vertagen.«
    »Du frisst die Sachen zu sehr in dich rein, das habe ich dir schon häufiger gesagt. Wir sind Freunde, also rede mit mir darüber. Oder traust du mir nicht mehr?«
    »Wenn ich jemandem traue, dann dir, Abe. Es ist bloß …«
    »Was?«
    »Wir sehen uns, Abe.«
     
    15
     
    Als Jack in seine Wohnung zurückkehrte, war es bereits nach sechs. Da er alle Jalousien heruntergelassen hatte, war es im Wohnzimmer duster. Das passte zu seiner Stimmung.
    Vorher war er noch im Büro gewesen. Es waren keine wichtigen Anrufe eingegangen. Der Anrufbeantworter hier hatte auch nichts aufgezeichnet.
    Er hatte einen Einkaufstrolley dabei und darin eine Papiertüte mit alter Kleidung – Frauenkleidung. Er stellte den Trolley in eine Ecke, dann ging er ins Schlafzimmer. Er zog seine Straßenkleidung aus und schlüpfte in ein T-Shirt und kurze Hosen. Zeit für das Fitnessprogramm. Er hatte keine Lust dazu – er fühlte sich körperlich und geistig ausgelaugt –, aber er hatte sich geschworen, das nie schleifen zu lassen. Sein Leben hing davon ab.
    Er schloss seine Wohnungstür hinter sich und joggte die Treppen hoch.
    Die Sonne hatte sich verausgabt und sank langsam am Himmel herab, aber auf dem Dach war es immer noch wie in einem Glutofen. Die schwarze Oberfläche speicherte die Hitze bis tief in die Nacht hinein. Jack sah nach Westen in den Dunst, der die sinkende Sonne rot einfärbte. An klaren Tagen konnte man bis nach New Jersey herübersehen – wenn man das wollte. Böse Zungen behaupteten, wenn man als Sünder starb, dann lande die Seele in New Jersey.
    Auf dem Dach war es voll. Nicht voll Menschen, sondern voller Gegenstände. Appletons Tomatenbeet befand sich in der Südostecke. Er hatte die Erde dafür Sack für Sack die Treppen hochgeschleppt. In der Nordostecke hatte Harry Bok eine große CB-Antenne installiert. In der Mitte stand der Generator, für den alle Mieter nach dem großen Stromausfall zusammengelegt hatten, und davor standen wie kleine Ferkel vor der säugenden Muttersau ein Dutzend 10-Liter-Kanister mit feinstem Diesel. Und über all dem wehte stolz an ihrem Fahnenmast die schwarze Flagge von Neil, dem Anarchisten.
    Jack ging zu dem kleinen Holzpodest, das er sich selbst zusammengezimmert hatte und machte ein paar Dehnübungen, dann begann er mit dem üblichen Programm: Liegestützen und Kniebeugen, Seilspringen, Taekwondo-Übungen … Immer in Bewegung, keine Pause, bis sein Körper schweißnass war und ihm die Haare feucht ins Gesicht und im Nacken hingen.
    Er wirbelte herum, als er Schritte hinter sich hörte.
    »Hallo Jack.«
    »Oh, hallo Neil. Ist es wieder so weit?«
    »Ja, immer zur gleichen Zeit.«
    Neil ging zu seinem Fahnenmast hinüber und holte andächtig seine schwarze Fahne ein. Er legte sie sorgfältig zusammen, dann klemmte er sie unter den Arm und ging wieder zum Treppenhaus zurück, wobei er Jack zum Abschied zuwinkte. Jack lehnte sich an den Generator und schüttelte den Kopf. Es war schon seltsam, dass jemand, der alle Regeln ablehnte, so pünktlich war, aber nach Neil, dem Anarchisten, konnte man die Uhr stellen.
    Zurück in seiner Wohnung schob Jack sechs tiefgefrorene Frühlingsrollen in die Mikrowelle und ging unter die Dusche. Mit nassen Haaren öffnete er sich dann eine Dose Entensauce und eine Diätcola und setzte sich zum Essen in die Küche.
    Die Wohnung kam ihm leer vor. Heute Morgen war das noch nicht so gewesen, aber irgendwie war es zu still. Er nahm alles mit in sein Fernsehzimmer. Als er den großen Bildschirm anschaltete, lief gerade eine kitschige Soap-Opera mit einem Ehemann, einer Ehefrau, zwei Kindern und einem Hund. Es erinnerte ihn an die Sonntagnachmittage, wenn Gia mit Vicky zu ihm kam. Er hatte die Nintendo-Gamekonsole an den Bildschirm angeschlossen und dem kleinen Mädchen beigebracht, wie man auf Monster schoss und nach Schätzen suchte. Er erinnerte sich daran, wie er Gia zugesehen hatte, während sie in der Wohnung herumhantierte. Es hatte ihm gefallen, wie sie sich bewegte, so effizient und voller Energie. Sie bewegte sich wie jemand, der Dinge auf die Reihe bekam. Er fand das ungeheuer anziehend.
    Das galt aber nicht für die Familiensendung, die gerade im Fernsehen lief. Er zappte sich schnell durch die Kanäle. Von

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