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Die Verschwundenen

Die Verschwundenen

Titel: Die Verschwundenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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    Es war dunkel bei den Docks an der Upper Bay. Ein paar vereinzelte Lampen brannten am Rand des verwahrlosten Piers und vor den roten Backsteinbauten auf dem angrenzenden Grundstück. Ein Geruch nach Meer, Abgasen und faulendem Tang zog vom Hafen heran.
    Das Tor war offen gewesen, wie er es versprochen hatte, und Laura Robinski huschte geduckt zwischen den rostigen Containern umher.
    Mira , ermahnte sie sich. Sie hieß jetzt Mira Anthony, und ihr altes Leben war Geschichte. Nach all den Jahren hatte sie sich immer noch nicht daran gewöhnt.
    Ein Geräusch ließ sie zusammenzucken. Eine schattenhafte Gestalt verbarg sich neben einem Stapel Paletten. Miras freie Hand fuhr zu ihrer Tasche.
    Der Unbekannte in den Schatten wandte sich ab und schlurfte tiefer in die Finsternis hinein. Mira hörte ein leises Scheppern und sah schemenhaft die prall gefüllten Tüten in den Händen des Mannes. Der Kerl war nur ein Obdachloser, der bei Nacht in den ungesicherten Bereichen der Docks nach Abfällen suchte, die er in billigen Fusel umsetzen konnte.
    Mira entspannte sich … so gut sie es vermochte.
    Aus den geschäftigeren Teilen des Hafens von Brooklyn wehte Lärm herüber. Dort herrschte auch zu dieser Stunde noch Betrieb. Flutlicht waberte über den Dächern.
    Die schäbigen Lagerhäuser allerdings, zwischen denen Mira sich bewegte, waren schon bei Tag eine zwielichtige, unsichere Gegend. Es gab Leerflächen aus brüchigem Beton und voll von Unkraut. Ein paar spärliche Container standen inmitten von Gerümpel und alten Baufahrzeugen, denen man nicht ansah, ob sie nur abgestellt waren oder als Schrott auf den Abtransport warteten. Jetzt, bei Nacht, lag alles verlassen da, und Mira stellte sich Schmuggler und andere Gangster vor, die sie bei ihrem Treiben störte.
    Aber sie vertraute dem Mann, der sie herbestellt hatte. Ihm verdankte sie alles, und wenn er mit ihr in der Abgeschiedenheit dieses Ortes reden wollte, musste er gute Gründe dafür haben.
    Sie blickte sich um. Komm zum Wasser , hatte er gesagt.
    Mira ging zum Ende des breiten Piers. Ein besonders baufälliger Ziegelbau mit leeren Fenstern erhob sich links von ihr. Davor lagen die Überreste einer eingestürzten Blechbaracke. Ein abenteuerlicher Metallverhau führte vom Pier weiter auf das Wasser hinaus. Die Schatten zwischen den Trägern und Aufbauten dort waren undurchdringlich.
    Mira presste die Tasche mit der Linken eng an den Körper. Ihre Rechte fuhr in die Öffnung.
    »Hallo?«, flüsterte sie in die Schwärze hinein.
    Ein Geräusch aus der Dunkelheit antwortete ihr. Sie wich zurück.
    »Sind Sie das?« Mira fühlte einen Kloß im Hals.
    »Alles klar, Miss Anthony.«
    Die vertraute Stimme beruhigte sie. »Was ist los?«, fragte sie. »Ist etwas passiert?«
    »Pssst!«, sagte der Mann. »Kommen Sie hier herein. Es muss nicht jeder mithören.«
    Zögernd trat Mira näher. Ihre Augen gewöhnten sich an die Schatten, und sie sah die Umrisse des Mannes zwischen den rostigen Stahlträgern - ein kleiner Mann, kaum größer als sie selbst.
    »Was ist los?«, fragte sie noch einmal.
    Er zog sie zu sich in den dunklen Winkel unter der Stahlkonstruktion. Ihre Jacke schrammte über die scharfe Kante einer verwitterten Eisenplatte.
    »Haben Sie eine Waffe dabei?«, fragte er.
    Mira nickte. »Ja«, sagte sie dann laut, als ihr klar wurde, dass er die Geste unmöglich sehen konnte.
    »Zeigen Sie her! Rasch!«
    Mira nestelte die Pistole aus der Tasche. Obwohl sie den Griff schon seit Minuten umklammert hielt, bekam sie die Waffe kaum heraus. »Warum?«, stammelte sie. »Sind sie uns auf die Spur gekommen? Oh Gott! Sie haben mir doch versprochen, Sie würden sich um alles kümmern.«
    »Das tue ich auch. Geben Sie her!«
    Er nahm ihr die Pistole aus der Hand. »Eine .25er«, sagte er. »Wie süß!« Er schob den Schlitten zurück, grunzte und schaute in die Kammer. »Nicht mal durchgeladen.«
    »Es sind sowieso …«, setzte Mira an.
    Unvermittelt hob er die Waffe und zielte auf ihre Brust.
    Sie verstummte.
    »Sorry!«, sagte er. »Ich beende unsere Geschäftsbeziehung.«
    Er drückte ab. Der Schuss knallte laut in dem schmalen Spalt zwischen der Stahlkonstruktion, wetterte zwischen den hohen Blechwänden und verhallte am Himmel.
    Mira wirbelte herum. Ihr Herz schlug wild.
    Der Mann hinter ihr fluchte. Sie hörte zwei weitere Schüsse, als sie aus dem Winkel zwischen den Eisenträgern, Blechen und Aufbauten heraus floh und um die Ecke huschte.
    Sie hatte immer Angst vor

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