Widerstand ist zwecklos
deinem Genörgele.«
Ich war immer noch zu keiner Bewegung fähig. Fassungslos starrte ich Janni-Männlein an. Nein! Das war unmöglich! Das konnte doch nicht mein Jan sein! Er sah zwar genauso aus - sogar das Muttermal neben seinem Mundwinkel, das ich so gerne küsste, fehlte nicht -, aber Jan war doch mit seiner Frau und seiner kranken Tochter in Griechenland beim Delfinschwimmen?
Er konnte nicht dieser Versagersohn sein, von dem Karl gesprochen hatte, auch wenn er jetzt mit Jans Stimme »Hallo, Mama« zu Truthahnhals-Annelore sagte und nach dem Eau de Toilette roch, das ich ihm vor zwei Wochen geschenkt hatte.
Er konnte mich unmöglich elf Monate so fürchterlich verarscht haben. Von wegen kranke Tochter, von wegen Delfinschwimmen, von wegen Sonderschichten …
Das Handy war mir aus den Händen geglitten. Von der Tischplatte hörte ich Tante Babette plärren: »Bergsteiger, mach den Mund zu, das sieht selbst von hier oben sehr unvorteilhaft aus! Textilmogul Ende.«
»Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sich Alexander, dessen Nachnamen ich vergessen hatte.
Ganz langsam löste sich meine Erstarrung, und ich schaffte es, meinen Blick von Jan abzuwenden, der nun mit seinen Eltern Richtung Restaurant verschwand. »Wie man's nimmt.« Ich bückte mich, um das Handy in meine Handtasche zu legen, und starrte dabei auf die Pistole meines Onkels. Wenn ich jetzt … ich meine, das waren doch sicher mildernde Umstände … Mord im Affekt … Andererseits hatte ich keine Ahnung, wie man das Ding bediente, und am Ende traf ich noch Karl … und dann würde Tante Babette doch noch vom Balkon springen.
»Da kommt Ihr Aperol«, sagte Alexander. »Vielleicht hätten Sie besser etwas Stärkeres bestellen sollen. Darf ich Sie auf eine Flasche Grappa einladen?«
Ich blies mir eine rote Ponysträhne aus dem Gesicht. »Eigentlich wollte ich gerade ein paar Schießübungen machen«, sagte ich. »Aber, wenn Sie so nett fragen - warum nicht?« Ich nahm die Sonnenbrille ab und sah ihm direkt in die Augen. »Stehen Sie eigentlich explizit auf durchgeknallte Rothaarige, oder mögen Sie auch ganz normale, ein bisschen naive Blondinen?«
Und dann zog ich mir einfach die Perücke vom Kopf.
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Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Covermotiv: © FinePic®, München
ISBN13: 978-3-8476-0141-8
Tag der Veröffentlichung: 01.03.2012
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