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Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Titel: Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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kopierte, auf einmal in der Position, Europas Verleger zu werden. Allerdings hatten Siedlungen der heidnischen Sachsen im südlichen England
    Irland von jeglichem Handel mit dem Kontinent abgeschnitten. Wäh-
    rend Rom und sein antikes Reich aus der Erinnerung verschwanden
    und aus den Ruinen ein neues, unbelesenes Europa erstand, blühte an dessen keltischem Rand im geheimen eine lebhafte literarische Kultur.
    Um den Kreis zu schließen der Europa über das schreibwütige Irland wieder mit seiner eigenen Vergangenheit ver binden sollte, fehlte es nur noch an einem Schritt.
    Columcille tat ihn. Indem er in das Coracle kletterte, das ihn hinter den Horizont trug, betrat er den irischen Pantheon von Helden, die in aussichtslosen Situationen unsterbliche Taten vollbracht hatten. Als er an jenem Morgen davonsegelte, tat er das, was für einen Iren das
    härteste ist, härter noch, als sein Leben hinzugeben: Er verließ Irland.
    Wenn das Grüne Martyrium ein Fehlschlag gewesen war, so war dies
    ein Martyrium, das dem Roten in nichts nachstand. Und fortan waren alle, die Columcilles Führung folgten, in das Weiße Martyrium berufen – sie segelten in den weißen Morgenhimmel, ins Ungewisse, und kehrten niemals wieder.
    So verbreitete sich die irische Klostertradition über die Grenzen Irlands hinaus. Bereits vorher hatten die irischen Klöster Tausende 158
    von ausländischen Studenten aufgenommen, die das in Irland Gelern-te in ihr Ursprungsland zurückbrachten. Nun kolonisierten die irischen Mönche, indem sie ihr Wissen mitbrachten, das barbarisierte Europa selbst. Schottland, ihr erster Außenposten war von einheimischen Pikten und irischen Siedlern bevölkert, die sichbereits zu Patricks Zeiten dort niedergelassen hatten.* Die irischen Mönche
    interessierten sich nicht für eindrucksvolle Bauten, sondern zogen es vor, ihre Zeit mit Lernen, Beten, Ackerbau – und natürlich mit Kopieren – zu verbringen. Der Bauplan für das Iona-Kloster war daher
    schnell ausgeführt: eine kleine Hütte für jeden Mönch, eine etwas größere und etwas höher gelegene für den Abt, ein Refektorium und eine Küche, eine Schreibstube und eine Bibliothek, eine Schmiede, ein Ofen, eine Mühle und ein paar Ställe, eine bescheidene Kirche – und schon konnte es losgehen. Bald aber merkten sie, daß sie ein weiteres Gebäude brauchten: Überraschenderweise ein Gästehaus, denn ein
    nie versiegender Besucherstrom hatte eingesetzt. Schotten, Pikten, Iren, Briten, sogar Angelsachsen kamen, angelockt vom Ruf des
    großen Abtes von lona, auf die abgelegene Insel, und viele gingen nie wieder fort.
    Also träumte der unermüdliche Columcille von neuen Klöstern.
    Unter den rauhen Schotten und ängstlichen Pikten verbreitete sich sein Ruf wie ein Lauffeuer. Er bestimmte einhundertfünfzig Mönche als Höchstzahl für die Gemeinde von Iona; als diese Grenze überschritten war, sandte er dreizehn Mönche (zwölf und einen) aus, an einem anderen Ort ein neues Kloster zu gründen. Neue Bewerber
    kamen weiterhin in Scharen. Als Columcille Ende des sechsten Jahrhunderts starb, hatten sich in den Zickzack-Buchten und an den
    Berghöhen des windgepeitschten Schottland sechzig Klostergemein-
    den in seinem Namen gegründet. Sein Ziel, dreitausendundeine Seele zu retten, hatte er bei weitem überschritten.

    * In der späten Antike und im gesamten Mittelalter wurden die Iren auf lateinisch Scotti oder Scoti genannt. Scotus am Ende eines Namens bedeutete eine irische Abstammung. Irland wurde lateinisch Hibernia, manchmal Scotia genannt. Scotia Minor, wie man die irische Kolonie im Norden Britanniens nannte, wurde schließlich zu Scotia oder Scotland abgekürzt.

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    In Columcilles Leben wird Patrick nicht erwähnt. Das kann nicht weiter überraschen, wenn man bedenkt, daß dieses Buch hundert
    Jahre nach Columcille von Adomnan, dem Abt von Iona, geschrieben
    wurde, als Iona, Kildare und andere frühe christliche Einrichtungen heftig mit Patricks Armagh um die Vorrangstellung im christlichen Irland rivalisierten. Doch was von der Persönlichkeit Columcilles in all seinen Werken und den Geschichten, die wir von ihm kennen,
    durchscheint, überzeugt uns davon, daß er Patricks Sohn im Geiste und würdiger Nachfolger ist. Er ist voller Mitgefühl, kann Kranke durch seine Berührung heilen, schickt Plünderer, die die Häuser
    seiner Freunde überfallen haben, »in die Hölle hinunter«, bemüht sich sogar, einer Ehefrau die verlorene Liebe zu ihrem Mann

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