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Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten

Titel: Wie Die Iren Die Zivilisation Retteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Cahill
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erzählte man später eine ähnliche Geschichte, von einer rastlosen jungen Nonne, die aus ihrem Kloster floh, ein wildes Leben in der Welt führte und am Ende ihrer Tage mit den schlimmsten Erwartungen zurückkehrte – um festzustellen, daß die Jungfrau Maria freundlicherweise während ihrer langen Abwesenheit an ihre
    Stelle getreten war – und niemand etwas bemerkt hatte. Doch heute muß man sich schon sehr anstrengen, um sich vorzustellen, daß

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    Cogitosus für das Verschwindenlassen eines Fötus die bischöfliche Genehmigung erhalten würde. Auf festerem historischen Boden
    bewegt Cogitosus sich, wenn er beschreibt, wie Brigid Mitte des
    siebten Jahrhunderts das Kloster Kildare gründete, denn er war selbst Mönch dort. Die Kirche, die nach Brigids Tod errichtet wurde, um die Massen von Pilgern unterzubringen, war das größte Gebäude in
    Irland:

    Doch wer könnte die überragende Schönheit ihrer Kirche in Worte
    fassen und die zahllosen Wunder ihrer Stadt, von der wir sprechen wollen? »Stadt« ist das rechte Wort dafür: Daß so viele Menschen
    dort leben, rechtfertigt diese Bezeichnung. Es ist eine große Metro-pole, und in ihren Grenzen – die die heilige Brigid deutlich markierte – fürchtet man weder irdische Widersacher noch feindliches Eindringen. Denn die Stadt ist die sicherste Zuflucht unter allen
    Städten im ganzen Land der Iren mit all seinen Flüchtlingen. Es ist ein Ort, an dem die Schätze von Königen bewacht werden, und seine Ordnung ist unübertroffen.
    Und wer könnte die verschiedenen Mengen und zahllosen Men-
    schen zählen, die sich aus allen Gebieten versammeln? Einige
    kommen zu Feierlichkeiten; andere kommen, um sich die Massen
    anzuschauen; wieder andere kommen mit großen Geschenken zu
    den Feierlichkeiten der Geburt der heiligen Brigid in den Himmel, die am ersten Februar einschlief, die Last ihres Fleisches ablegte und dem Lamm Gottes in die himmlischen Wohnstätten folgte.

    Der 1. Februar wird auch Imbolc genannt – dieses Fest ist der irischen Fruchtbarkeitsgöttin gewidmet, die mit anderem Namen Brigid heißt.
    Warum ignorierten die Römer, was sich da in Irland entwickelte?
    Waren die Iren in ihren Augen Ketzer ohne jegliches Ansehen? Co-
    lumcilles Abreise nach Iona erfolgte im Jahre 564, ungefähr hundert Jahre nach Patricks Tod. Im westlichen Europa gab es kaum noch
    Römer. Die riesigen Horden von Vandalen, Sweben und Alanen, die
    die römischen Reihen durchbrochen und Anfang des fünften Jahr-
    hunderts den zugefrorenen Rhein überquert hatten, verteilten sich 154
    plündernd und brandschatzend über ganz Gallien und machten erst
    vor der natürlichen Grenze der Pyrenäen halt. Von dort aus zogen sie nach Osten und Westen in die Nachbarprovinzen, und dieser Invasion folgten viele andere. Im frühen sechsten Jahrhundert hatten mehrere Wellen germanischer Barbaren die Landkarte Westeuropas für
    immer verändert. Mitte des Jahrhunderts schrieb Salvian, Trier, das Zentrum der römischen Militärregierung, sei zum viertenmal verwü-
    stet worden, Köln »sei vom Feind überschwemmt« und Mainz liege in Trümmern. Nicht nur die römischen Provinzen waren verschwunden,
    die gesamte ausgeklügelte Substruktur der politischen Organisation und die Kommunikationswege des Römischen Reiches waren ausgelöscht. An ihrer Statt wuchsen die soliden kleinen Fürstentümer des Mittelalters, in denen gotische Analphabeten über gotische Analphabeten regierten, heidnisch, manchmal auch arianisch – was bedeutet: in einer niederen, geistig schlichten Form des Christentums, in der Jesus einen ähnlichen Status erhielt wie Mohammed im Islam.
    Die Iren wollten nicht von der Norm abweichen, aber ihre Welt
    paßte nicht in die Modelle der christlichen Orthodoxie. Nach Patrick erlebten sie einen Zustrom von Einsiedlern und Mönchen, die vor den Barbaren flohen, und diese vermittelten ihnen zweifellos etwas feinere Vorstellungen vom eremitischen und klösterlichen Leben. »Alle
    gebildeten Männer auf dieser Seite des Meeres«, behauptet ein Bericht aus einem Leydener Manuskript dieser Zeit, »flüchteten über das
    Meer in Länder wie Irland und vermehrten dadurch das Wissen der
    Einwohner dieser Regionen« – zweifellos vermehrten sie auch ihren Buchbestandauf spektakuläre Weise. Nicht wenige die- ser Männer waren magere Asketen aus dem römischen Hinterland, aus Armenien, Syrien oder der ägyptischen Wüste. Die Litanei aus dem Ulster-Kloster Bangor zum Beispiel behauptet,

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