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Wie Du Mir

Wie Du Mir

Titel: Wie Du Mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Dunne
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streckte seine rechte Hand nach ihrer linken aus, an deren Ringfinger noch immer ihr Verlobungs- und Ehering steckten. Sie zog die Hand zurück, noch bevor er sie erreicht hatte.
    „Ich muss gehen. Caitie nimmt mich am Abend mit nach Hause, und ich werde davor noch zu Theresa gehen. Irgendjemand muss ihr zur Seite stehen. Kommst du mit?“
    Eine automatisierte Frage aus besseren Zeiten. Als er den Kopf schüttelte, zeigte sie ihre Erleichterung darüber unverschämt offensichtlich.
    Sie verließen Jenny’s Café, standen unschlüssig am Bürgersteig. Dally rammte seine Hände in die Taschen seiner Jeansjacke, um sich ein wenig vor den Nordwindböen zu schützen, die durch die Dublin Road fegten. Dieser September fühlte sich an wie ein verdammter Januar.
    „Bis dann“, murmelte Marie hinter ihrem Schal hervor. Streifen in Dunkel- und Babyblau, ihren Lieblingsfarben, schon seit sie 16 war und sie einander kennengelernt hatten, bei einem U2-Konzert in der Queens Universität. Wie damals grinste er sie künstlich breit an, noch immer in Konkurrenz mit Bono, der sich schwitzend auf der Bühne geaalt hatte, während Dally nur darauf wartete, endlich gehen und das Mädchen ganz in Jeans ansprechen zu können. Jetzt sah Marie besorgt und verloren aus. Er wusste, dass sein zorniger Blick sie trotz all der gemeinsamen Jahre einschüchterte. Eine Waffe, die er ebenso wie sein Temperament nur schwer kontrollieren konnte. Die „Grinsekatze“ war zu seiner Versöhnungsgeste geworden, um zu sondieren, ob die Luft zwischen ihnen wieder rein war, sie von vorne beginnen konnten. Sie brachte die traurige Version eines Erwiderungslächelns zustande, zumindest ganz kurz.
    „Du rauchst nicht mehr“, sagte sie.
    „War das ’n Lob oder ’n Vorwurf?“
    Sie zuckte die Achseln, als spiele das keine Rolle. Ihre Pupillen flatterten von einem vorüberfahrenden Auto zum nächsten.
    „Du wolltest doch immer, dass ich aufhöre.“
    Ihr Blick wanderte kurz zu ihm. Als hätte er ihr soeben weiszumachen versucht, dass der Mond in Wahrheit ein Fußball war, den Georgie Best versehentlich in die Umlaufbahn befördert hatte.
    „Aber nicht so.“
    Er versuchte es noch einmal mit einem – erheblich dünneren – Grinsen.
    „Ihr Frauen seid nie zufrieden.“
    Sie biss sich auf die Lippe und befeuchtete sie wieder mit der Zungenspitze.
    „Du siehst echt krank aus, Dally.“
    „Schön zu hören.“
    „Weich nicht ständig aus. Was ist los mit dir?“
    „Zu altes Shepherd’s Pie, das ist los.“
    Sie stöhnte genervt, aber jetzt zumindest mit einem halben Lächeln.
    „Pass auf dich auf, okay?“
    Der Nachdruck, mit dem sie das sagte, machte ihn eher unbehaglich als zufrieden. Es erinnerte ihn an Lucky. Und daran, was Marie vorhin im Café gesagt hatte. Dass sie alle drei seinetwegen sterben konnten.
    Flüchtig nickte er.
    „Klar, kein Problem.“
    Sie drehte sich um – eine der wenigen Frauen, die stets ohne Handtasche unterwegs waren – und eilte gegen den Wind zum Shaftsbury Square. Er sah ihr nach, bis sie in Richtung Victoria Street einbog.
    Der Bürgersteig war inzwischen gefüllt mit Studenten und Leuten aus der Universitätsverwaltung und den Büros der Gegend. Alle sahen sie gediegen aus. Leute wie Marie, die auch mal studiert hatte. In einem anderen Zeitalter hatte er sich ein Bein ausgerissen, um zu ihnen zu gehören. Inzwischen sah er ein, dass er die Tür zu dieser Welt zugeschlagen hatte, nur um festzustellen, dass es an der anderen Seite keine Klinke gab.
    Langsam folgte er Marie in Richtung Innenstadt. Er brauchte dringend eine Apotheke, um seinen Magen bis zum Training wieder flottzukriegen. Er hatte genug Probleme, auch ohne weiteren Eintrag in Chief Dohertys schwarzes Buch.

Unerwünschte Gäste
     
    Der Nordwind hatte scheinbar jedes Leben aus den Straßen mit sich gerissen. Kein Geschrei von Fußball spielenden Kindern, keine tratschenden Nachbarn, nur das leise Ächzen der Fenster in ihren Schieberahmen, die Wills Wohnzimmer vom Herbststurm trennten. Eine herrenlose SPAR-Plastiktüte trieb vorbei und verfing sich kurz am Hinterrad von Wills Volkswagen, bevor sie weiter die Straße hinuntersegelte.
    Von Faye keine Spur. Sonst saß sie um diese Zeit immer auf dem kleinen Blumenkistchen unter dem Wohnzimmerfenster, drückte die Stiefmütterchen platt und erwartete seine Zuwendung. Holte sich ihre Streicheleinheiten wahrscheinlich woanders, das Mistvieh, um ihn für den Klaps mit der Zeitung heute Morgen zu bestrafen.

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