Die Entscheidung
Kapitel 1
Neuigkeiten
„Laney ist bei wem?“
Jason war fassungslos. Kathleen spürte, wie tausend widersprüchliche Gefühle in ihm hochkochten. Wut, Unglauben und so etwas wie Eifersucht. Aber gleichzeitig auch Dankbarkeit und Erleichterung. Als Cynthia vor einer halben Stunde im Herrenhaus angekommen war, hatte Jason seine Cousine und ihre kleine Familie so herzlich begrüßt, wie es sich gehörte.
Alle waren vollkommen überrascht gewesen, so plötzlich wieder von ihr zu hören. Jahrelang hatte niemand gewusst, wo sie war, bevor sie an diesem Morgen bei ihrem Bruder Greg angerufen hatte, um ihn zu bitten, sie und ihre Familie vom Flughafen abzuholen.
Jason war außer sich vor Freude gewesen, seine Cousine wiederzusehen. Und daran hatte auch die Überraschung nichts ändern können, dass Cynthia in der Zeit ihrer Abwesenheit ein Kind von seinem Bruder Simon zur Welt gebracht hatte und inzwischen mit einem Kaltblüter verbunden war.
All diese Neuigkeiten nahm Jason vollkommen gelassen hin und lauschte Cynthias Geschichte schweigend, solange, bis die Sprache plötzlich auf Laney kam. Ähnlich wie Cynthia war Jasons Tochter vor einiger Zeit verschwunden und niemand hatte bisher wieder von ihr gehört. Und so langsam fragte Kathleen sich, ob das nicht die bessere Alternative gewesen war.
„Darrek hat versprochen, auf sie aufzupassen“, erklärte Cynthia kleinlaut.
Ihr war klar, wie sehr Jason seine Tochter liebte, und konnte sich nur schwer ausmalen, welche Qualen es für ihn bedeutete, nicht zu wissen, wo sie sich befand. Sie selbst war noch nie längere Zeit von ihrer Tochter getrennt gewesen und stellte sich diese Ungewissheit schrecklich vor. Celia war schon seit Stunden dabei, das gesamte Haus auf den Kopf zu stellen, und die Kaltblüterin Delilah hatte ihre liebe Mühe damit, das Kind einigermaßen ruhig zu halten.
„Und das habt ihr ihm geglaubt?“, herrschte Jason sie an. „Ja, seid ihr denn vollkommen wahnsinnig geworden?“
„Sie ist freiwillig mit ihm gegangen, um mir das Leben zu retten“, sagte Cynthias Partner Coal schnell. „Eure Tochter ist sehr mutig, Herr.“
„Sprich ihn nicht mit Herr an, Coal“, bat Kathleen sofort. „Du musst Jason wirklich entschuldigen. Er ist etwas durch den Wind wegen seiner Tochter. Aber es wäre doch lächerlich, wenn er noch auf den alten Regeln beharren würde, während er gleichzeitig mit mir verbunden ist.“
Coal nickte und machte dann eine ausladende Handbewegung.
„Ich weiß“, sagte er. „Aber in einer Umgebung wie dieser hier kommen die alten Gewohnheiten wieder durch.“
„Solange du nicht wieder anfängst, mich mit Herrin anzureden …“, sagte Cynthia und knuffte ihren Mann zärtlich in die Seite.
Kathleen lächelte. Es freute sie unendlich, dass Jasons Cousine endlich auch jemanden gefunden hatte, mit dem sie glücklich war. Es gab kaum jemanden, dem sie es mehr gegönnt hätte als ihr. Denn nichts war schlimmer als unerfüllte Liebe.
„Warum habt ihr sie nicht gezwungen mitzukommen?“, fragte Jason aufgebracht.
„Dann hätte Darrek meinen Mann getötet“, gab Cynthia zurück. „Darrek ist ungewöhnlich stark. Selbst für einen Warmblüter.“
Jason nickte.
„Ja. Das weiß ich.“
Er sackte in sich zusammen und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Kathleen trat sofort an seine Seite.
„Wisst ihr denn wenigstens, wo er mit ihr hinwollte?“, fragte er betrübt.
Aber Cynthia schüttelte den Kopf.
„Darrek hat ein großes Geheimnis daraus gemacht. Er wollte mit ihr begabte Wilde jagen. Aber ich habe keine Ahnung, wo.“
„Na, das klingt ja wirklich nach einem sehr lustigen Zeitvertreib.“
„Spar dir den Sarkasmus, Jason“, bat Kathleen. „Immerhin geht es Laney gut. Sie ist am Leben und nicht in den Fängen der Ältesten. Das ist doch die Hauptsache.“
„Du hast ja keine Ahnung, wozu dieser Mann imstande ist, Kath. Ich kenne Darrek besser als seine eigene Mutter. Und er hasst mich. Was, wenn er dieses Gefühl an Laney auslässt?“
„Das wird er nicht“, sagte Cynthia überzeugt. „Er hat gesagt, dass er Kara versprochen hat, auf ihre Tochter aufzupassen. Er wird ihr nichts tun.“
„Ach ja? Und wann soll das gewesen sein? Er hat Kara doch überhaupt nicht mehr gesehen, seitdem ich sie von den Ältesten fortgeholt habe. Er konnte doch von unserer Tochter gar nichts wissen.“
Kathleen sah, wie Cynthia und Coal Blicke tauschten, als müssten sie eine schwierige Entscheidung treffen. Und sofort spürte
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