Wie gut, dass es dich gibt!
Tür stand und so langsam ihre biologische Uhr zu ticken begann. Vielleicht würde er aber auch völlig ablehnend reagieren. Doch nichts von beidem geschah. Stattdessen schaute er sie aus seinen tiefgrünen Augen nachdenklich an.
„Was denken Sie?“, fragte sie, als er immer noch schwieg.
„Ich denke, dass Sie sehr viel Zeit damit verbracht haben, sich wegen der Adoption Vorwürfe zu machen. Wie alt waren Sie damals? Siebzehn?“
Sie war siebzehn gewesen, als sie schwanger wurde, und achtzehn bei der Geburt. „Ich war schon fertig mit der Schule“, entgegnete sie. Wollte sie ihm damit etwas erklären oder ihn dazu bringen, sie anzuschnauzen? Sie war sich nicht sicher. Aber er hatte recht. Sie machte sich oft Vorwürfe. Ihrer Meinung nach hatte sie den einfachsten Weg gewählt. Anstatt das Kind zu behalten, hatte sie sich für ihr eigenes Leben entschieden, das sie schon so genau geplant hatte. Egal, aus welchem Blickwinkel man die Fakten betrachtete, sie war nicht stolz auf das, was sie getan hatte.
Josh sah sie weiter aufmerksam an. „Abbey kann keine Kinder bekommen. Das hat sie Ihnen gesagt, oder?“
Crissy nickte. „Schon bei unserem ersten Treffen. Sie hat mir erzählt, dass sie in einen Autounfall verwickelt war und aufgrund der Verletzungen von damals keine Kinder mehr bekommen kann. Sie und Pete haben sich wohl gleich nach ihrer Heirat mit dem Thema Adoption auseinandergesetzt. Meine Eltern kannten ihren Anwalt, und an ihrem ersten Hochzeitstag haben wir uns getroffen, um über Brandon zu sprechen.“
Sie erinnerte sich nicht mehr an die Einzelheiten dieses Treffens, außer dass Pete und Abbey unglaublich nett und verständnisvoll gewesen waren. Sie hatte sich sofort wohlgefühlt und gewusst, dass die beiden genau die Richtigen für ihr Kind waren. Doch egal, wie viele Einladungen sie erhielt, sie hatte nie darauf reagiert. Sie konnte und durfte es sich nicht erlauben, ein Teil dieser kleinen Familie zu werden – das war ihre Strafe.
„Und jetzt sage ich Ihnen mal meine Meinung“, erklärte Josh. „Pete und Abbey wollten schon immer eine ganze Horde Kinder haben. Und Sie haben ihnen das erste geschenkt. Warum sollte ich das also nicht total cool finden?“
Sie brachte es fertig zu lächeln, obwohl ihre Gefühle sie zu überwältigen drohten. „Total cool?“
Er grinste. „Na ja, Sie können sich gern ein anderes Wort dafür aussuchen.“
„Nein, das passt schon.“
Nervös griff sie nach der Serviette. „Okay, ich habe auch eine Frage. Warum sind die beiden so freundlich zu mir? Es ist fast dreizehn Jahre her. Nach all dieser Zeit möchte ich endlich Brandon kennenlernen. Haben sie denn keine Angst, dass ich irgendetwas Schreckliches tun könnte? Zum Beispiel ihn zurückfordern? Oder versuchen, die wichtigste Person in seinem Leben zu werden?“
„Ist es denn das, was Sie wollen?“
„Nein. Aber das können Pete und Abbey doch nicht wissen.“
Er nippte an seinem Kaffee. „Doch, das wissen sie.“
Weil sie einfach zu nett sind, dachte Crissy und dachte an ihr erstes Treffen mit dem Paar zurück. Sie hatte wirklich nichts gegen freundliche Menschen, aber unter den gegebenen Umständen war sie nicht sicher, ob sie dem Frieden trauen konnte.
„Ich möchte Brandon treffen.“
Zum ersten Mal in ihrem Leben sprach sie die Worte tatsächlich aus. Sie hatte genau diesen Satz auch per E-Mail an Abbey geschickt, ihn aber bis jetzt noch nie laut gesagt. „Ich möchte ihn kennenlernen, aber ohne ihm zu nahe zu kommen. Ganz zwanglos.“
„Das lässt sich einrichten“
„Aber ich möchte ihm nicht sagen, wer ich bin.“ Das tat sie Brandon zuliebe. Er wusste zwar, dass er adoptiert worden war und irgendwo auf der Welt eine leibliche Mutter hatte, aber wissen und kennen waren zwei komplett verschiedene Dinge.
„Abbey hat mir erzählt, wie Sie darüber denken und wieso. Wir sind alle einverstanden.“ Er beugte sich vor. „Pete und Abbey haben immer gehofft, dass Sie Brandon eines Tages kennenlernen möchten, Crissy. Es ist wirklich völlig in Ordnung.“
„Ich habe dieses unbestimmte Gefühl, dass ich vielleicht bestraft werde“, sagte sie laut, was sie dachte.
„Weil Sie das Kind wiedersehen möchten, das Sie zur Adoption freigegeben haben?“
„Vielleicht verdiene ich keine zweite Chance.“
Josh sah sie an. „Ich habe den Eindruck, der einzige Mensch, der Sie verurteilen und bestrafen will, sind Sie selbst. Vielleicht ist es auch einfach an der Zeit, endlich
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