Wie ich Brad Pitt entführte
würde Ihnen raten, sich keine unnötigen Sorgen zu machen.« Sie machte eine kleine Kunstpause. »Oder haben Sie schon mal daran gedacht, dass dies seine Art sein könnte, Ihre Beziehung zu beenden?«
Margot Mehlmann-Larsens Wangen liefen dunkelrot an.
»Was für eine Unverschämtheit. So etwas muss ich mir nicht bieten lassen. Frank liebt mich! Er würde niemals …«
»Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten«, sagte Nicole trocken. »Aber es ist nun mal eine Möglichkeit. Falls Sie diese Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen wollen, können Sie ja einen privaten Suchdienst beauftragen. Adressen finden Sie im Internet.«
»Im Internet … na, Sie werden noch von mir hören!« Margot Mehlmann-Larsen ließ ihre Handtasche zuschnappen, machte auf dem Absatz kehrt und rauschte davon. Nicole zuckte mit den Schultern. Immer diese leeren Drohungen. Sie nahm das Blatt mit den Notizen, die sie sich zu diesem Fall gemacht hatte, zerknüllte es und zielte auf den Papierkorb. Treffer!
In diesem Moment kam Max Benninger zur Tür rein. Ihr größter Konkurrent im Beförderungskampf um den »Kriminalhauptkommissar«. Natürlich war er in Zivil. Wie immer. Er musste ja auch kaum Zeit mit Bereitschaftsdienst vertrödeln. Immer durfte er rausfahren, wenn es einen interessanten Fall gab.
»Hallo, Nicole«, begrüßte er sie gewohnt freundlich. Nicole nickte nur. Diese blöde Duzerei unter den Kollegen ging ihr gewaltig gegen den Strich. Sie blieb mit den meisten per Sie. Das schaffte Distanz. Respekt. Und Respekt war besonders wichtig, wenn man als Frau bei der Polizei vorankommen wollte.
Als Benninger an ihrem Schreibtisch vorbeiging, blickte Nicole fast gegen ihren Willen auf und betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. Zugegeben, mit seiner sportlichen Figur und den dunklen, für den Polizeidienst eigentlich viel zu wuscheligen Haaren sah Benninger objektiv gesehen gar nicht mal so schlecht aus. Wahrscheinlich würden sich einige Frauen sogar nach ihm die Finger abschlecken. Aber wie alle Männer war er sich dieser Tatsache höchstwahrscheinlich auch bewusst! Arroganter Pinsel. Außerdem war sie sowieso nicht interessiert. »Man stellt das Klo ja auch nicht mitten in der Küche auf«, hatte ihr ihre alleinerziehende Mutter immer wieder eingebläut. Bloß keine Beziehung am Arbeitsplatz. So was musste ganz zwangsläufig nach hinten losgehen. Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Zwölf Diebstahlprotokolle wollten noch in den Computer eingetippt werden. Missmutig rief sie die dafür benötigte Maske auf.
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3.
Mittwoch, 10.05 Uhr
G ott sei Dank! Er schläft noch. Auf den Schreck brauche ich erst mal einen Kaffee. Ich reiße mich von Toms Anblick los und tigere in meine todschicke Poggenpohl-Küche, die eine Treppe tiefer liegt. Eigentlich ist es gar nicht meine Küche, und Tom liegt auch nicht wirklich auf meinem Bett, denn genau betrachtet lebe ich im Penthouse meiner Mutter. Aber seitdem sie sich mit ihrem Golflehrer nach Miami abgesetzt hat, findet mein Vater, der sich prinzipiell von all seinen Ex-Frauen mit einer Immobilie im einstelligen Millionenbereich verabschiedet, dass das edle Teil mit unverbaubarem Blick auf den Kölner Dom nicht leer stehen sollte. Außerdem spart er so meine Miete.
Aber ich beschwere mich nicht, denn so lebe ich in einem weiß-beigefarbenen Traum, eingerichtet mit dem exquisiten Geschmack meiner Mutter, der sich immer auch ein wenig an dem Herkunftsland ihres aktuellen Lovers orientierte. Irgendwie hatte ich Glück, dass der letzte Schwede war. Ich weiß nicht, wie mir eine kubanisch oder russisch angehauchte Wohnlandschaft gefallen hätte. Ein großes Plus dieser Unterkunft ist, dass der Fahrstuhl von der Garage direkt in meinem Foyer endet. Ich fand das immer ein bisschen affig, aber seit gestern Nacht bin ich ein großer Fan dieser Konstruktion. Oder haben Sie schon mal gefühlte ein Meter neunzig die Treppe raufgeschleppt? Eben!
Fünf Stück Zucker schwimmen in meiner Kaffeetasse. Das zu erwartende Insulinhoch sollte erst mal reichen, um meine Nerven zu beruhigen. Zeit, meine Tom-Aufwachstrategie noch mal durchzugehen und zu verfeinern. Was wird er bloß sagen, wenn er merkt, dass er hier festsitzt? Ob er in Panik verfällt? Schließlich ist das unser erstes Zusammentreffen, bei dem er nüchtern ist. Da wäre es vielleicht nicht ganz unwichtig, dass er mich zumindest ein kleines bisschen mag. Apropos: Besorgt blicke ich an mir herunter. Wie sehe ich eigentlich
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