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Wie ich Brad Pitt entführte

Wie ich Brad Pitt entführte

Titel: Wie ich Brad Pitt entführte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Grünig
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wirklich nötig hatten. Das waren in erster Linie schlecht bezahlte Seriendarsteller und leicht bekleidete, dickmöpsige Gina-Lisas.
    »Aber Chef, ich kann doch nur über die schreiben, die da waren.«
    »’nen Scheißdreck kannst du!«, polterte der Gnom. »Unsere Zahlen sind im Keller, und du Schnapsdrossel hast vergessen, die dämliche Ehefrau unseres größten Werbe-Etats reinzuschreiben! Und jetzt rat mal, von wem ich heute früh um sechs – während du noch deinen Rausch ausgeschlafen hast – einen Anruf bekommen habe! Vom Obermacker höchstpersönlich!!«
    Betreten schaute Blitzi zu Boden. Verdammt! Der Zeitarbeit-Unternehmer Burger investierte jedes Jahr einige Millionen Euro in ganzseitige Werbung im »Boulevard«. Seine stämmige Ehefrau wollte sich demnächst zur ersten weiblichen Präsidentin des Kölner Fußballklubs wählen lassen, um dort endlich mal wieder für Tore und einen nachhaltigen Aufstieg in die erste Liga zu sorgen. Und da war gute PR natürlich unumgänglich. In einer Stadt, in der ohne den publicitygeilen Kölner »Klüngel« nichts lief, hatte man ansonsten keine Chance. Jetzt erinnerte sich Blitzi auch dunkel, dass der Gnom ihn gestern früh dazu angehalten hatte, mindestens einen Absatz über die Fast-Präsidentin zu schreiben. Hm, dumm gelaufen.
    »Sorry, Boss! Aber ich mach’s wieder gut!«
    »Und wie? Die Gattin vom Burger fährt nun für eine Woche nach Bad Wiessee zum Fasten. Und danach ist die Wahl!« Der Gnom hieb ungestüm mit der Faust auf den Tisch. »Mir reicht’s jetzt! Blitzi, du bist ab heute suspendiert! Die Hummel vertritt dich für eine Woche!«
    Die »Hummel«, eine moppelige Kollegin, die normalerweise im Archiv arbeitete, reckte die Becker-Faust in die Luft und schrie »Yes!«.
    »Aber Boss, das geht doch nicht!«, protestierte Blitzi.
    Der Gnom blitzte ihn an. »Und ob das geht. Und wenn du in einer Woche wiederkommst, Blitzi, dann rate ich dir, besser einen Riesenknüller mitzubringen! Sonst war’s das mit uns! Nächster Punkt!«
    Geschäftig ging der Gnom zur Tagesordnung über. Blitzi starrte ihn ungläubig an. Er wollte gerade noch mal zur Rede ansetzen, als der Gnom sich zu ihm umdrehte.
    »Blitzi?! Du hast hier nichts mehr zu suchen! Zieh Leine!«
    Mit hängendem Kopf schlich Blitzi an seinen hämisch grinsenden Kollegen vorbei zur Tür.

[home]
    5.
    Mittwoch
     
     
     
    D ie Hotellounge ist in verheißungsvolles Halbdunkel getaucht. Einige letzte Gäste mustern mich interessiert, aber ich steuere ohne Umwege direkt auf das Klavier zu. Tom trägt einen Smoking mit offenem Hemd. Er wirkt nachdenklich und konzentriert, während seine sensiblen Finger gefühlvoll in die Tasten greifen. Ich kenne die Musik, die mir da so sehnsüchtig entgegendriftet: »Body and Soul« von Johnny Greene. Eins meiner ultimativen Lieblingslieder. Als Tom mich sieht, unterbricht er sein Spiel abrupt. Zögernd bleibe ich stehen. Mir wird mit einem Mal bewusst, dass ich unter meinem weißen kuscheligen Bademantel völlig nackt bin. Die letzten Takte der Melodie hängen noch in der Luft, als er mich plötzlich ohne Vorwarnung fest, ja fast grob, an sich zieht. Mit einem intensiven Blick in meine Richtung wendet er sich an sein spärliches Late-Night-Publikum und flüstert: »Würden Sie uns bitte allein lassen?«
    Ich kann nicht sagen, ob sie dieser Bitte, die mehr wie ein Befehl klang, gefolgt sind, denn im nächsten Moment stockt mein Atem. Tom schiebt gefühlvoll, aber zielsicher meinen Bademantel zur Seite und entblößt meine Schultern. Während seine Hände meinen Rücken erforschen, streifen seine Lippen sanft über meine Wange, den Hals entlang und gleiten langsam, ganz langsam immer tiefer in mein Dekolleté. Gänsehaut, überall Gänsehaut. Ich zittere. Mit einem kleinen Schwung hebt er mich aufs Klavier. Mein Körper entlockt dem Instrument wilde Dissonanzen als …
    Schade, dass ich gerade an dieser Stelle aufwachen muss! Mich hat immer interessiert, wie diese Situation bei »Pretty Woman« weitergeht. Würde Richard Gere seine Julia wirklich öffentlich auf dem Klavier vernaschen …? Ehrlich gesagt, ich glaube nicht. Solche Szenen sind einfach besser im Film oder von mir aus auch in Träumen. Im richtigen Leben hätte man ausgerechnet an diesem Abend die lusttötenden, gestreiften Baumwollhöschen an, wäre beim Achselrasieren mindestens drei Tage im Verzug und verwünschte das göttliche Zaziki, was man sich mittags unbedachterweise reingepfiffen hatte. Dabei

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