Wie immer Chefsache
gedacht? Er fühlte sich doch schon wieder viel besser.
»Herr Reuter, ich muss da mal was mit Ihnen besprechen«, sagte der Arzt und beugte sich vor. Das hörte sich nicht gut an. »Wissen Sie …«, begann er und suchte nach Worten, »… ich jogge selber sehr viel, und eigentlich hätte ich da gerne einen Hund als Begleiter. Was für eine Rasse würden Sie mir denn empfehlen? Meine Frau hätte lieber was Großes, aber …«
Er brach ab, weil Mattes die Hände vor das Gesicht warf und jammernd »Nein, nein, nein!« ausrief. Prüfend guckte er ihn an, entspannte sich aber, als er merkte, dass dahinter ein Lachanfall steckte. Mattes ließ die Arme sinken, lehnte sich gemütlich ins Kissen zurück und feixte: »Ich dachte, ich brauche Ruhe. Aber kein Problem, fragen Sie ruhig!«
E inige Tage später besuchte ihn Frau Althoff am frühen Abend. Draußen dämmerte es schon, und während sie Saftflaschen und Obst aus ihrer Tasche holte und auf den Tisch stapelte, erzählte sie von der termingerechten Fertigstellung des Magazins.
»Peter und Nadine sind völlig fertig, aber sehr zufrieden. Sie haben die letzten beiden Nächte vor der Abgabe fast durchgearbeitet, und ich habe sie jetzt bis zum Montag beurlaubt. Wir werden aber an einer Einstellung weiterer Mitarbeiter nicht vorbeikommen, wenn wir das Niveau halten wollen. Noch einmal geht so eine Kraftanstrengung nicht.«
Mattes nickte und bestätigte: »Das habe ich mir auch schon überlegt. Hoffentlich kriegen wir das beim Verlag durch.«
Sollte er der Althoff erzählen, was Steinle-Bergerhausen plante? Lieber noch nicht. Wenn er wieder in der Redaktion war, würde er zuerst einmal selber nachhören, was Sache war. Bis dahin sollte Frau Althoff ruhig davon ausgehen, dass alles seinen Gang lief und keine Gefahren drohend am Horizont standen. Auch wenn sie dachte, dass sie alles im Griff hatte, lagen die wichtigen Chefsachen doch immer noch in seiner Hand.
Frau Althoff öffnete das Fenster weit und ließ angenehm kühle Abendluft ins Zimmer. Draußen im Park sang eine Amsel. Sie drehte sich um: »Herr Plattler hat eine neue Stelle angeboten bekommen, als Chef-Grafiker bei einem Musikmagazin.«
Mattes holte tief Luft. »Schade«, sagte er langsam. »Aber das war wohl zu erwarten, nach dem Stress, den er bei uns hatte, und mit der neuen Freundin, die ihn endlich gesellschaftsfähig gestylt hat.«
»Woher wissen Sie das mit seiner Freundin?«, fragte Frau Althoff verblüfft.
Mattes lächelte müde. »Ein Chef weiß alles. Ich kenne sie, und ich hoffe, dass er mit ihr glücklich wird. Sie ist bestimmt anstrengend.«
»Sie ist nett«, sagte Frau Althoff. »Sie war jeden Abend in der Redaktion und hat ihm beim Auswählen der Fotos geholfen und die Layoutbögen für die Druckerei fertig gemacht.«
Mattes lachte leise auf: »Das hätte ich von Carolin gar nicht erwartet.«
»Carolin?«, fragte Frau Althoff und schüttelte den Kopf. »Sie heißt Sabine.«
Jetzt war Mattes überrascht: »Sabine? So eine große Schmale mit dunklen Haaren, etwa Mitte 20, oben dick geschminkt, unten High Heels?«
Sie lachte: »Nein, Sabine ist Ende 30, und sie ist Lehrerin. Für Kunst und Englisch, glaube ich.«
Mattes schüttelte verwundert den Kopf und guckte dann ernst: »Ich weiß nicht, wie wir Peter ersetzen sollen.«
Frau Althoff lächelte und beruhigte: »Er geht nicht. Er hat die wundervolle Stelle abgesagt, um weiter bei ›doggies live‹ zu arbeiten. Ich glaube, Sie sind zum richtigen Zeitpunkt krank geworden, sonst hätte er vermutlich den anderen Weg gewählt.«
Mattes freute sich, aber ihm kam gleichzeitig der Gedanke, dass Peter die falsche Entscheidung getroffen haben könnte, wenn die Redaktion jetzt nach Hamburg umziehen musste und alles neu strukturiert würde. Er konnte nicht warten, er musste Klartext reden.
»Frau Althoff, ich habe Sie falsch informiert«, begann er leise. »Steinle-Bergerhausen lässt uns nicht einfach weitermachen, er ist dabei, alles nach Hamburg zu verlagern.«
»Er WAR dabei«, korrigierte sie ihn freundlich.
Mattes schüttelte den Kopf: »Sie verstehen nicht. Kurz bevor ich ins Krankenhaus kam, hatte er angerufen und …«
Frau Althoff guckte ihn lächelnd an, und er brach verwirrt ab. Warum registrierte sie nicht, was er sagte? Es ging um die Zukunft der Redaktion, die mehr als wackelig aussah.
Sanft und langsam, als wäre er noch von den Nachwirkungen der Gehirnerschütterung betroffen und bräuchte etwas länger, um zu verstehen,
Weitere Kostenlose Bücher