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Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James N. Frey
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Übeltäter erhalten ihre gerechte Strafe.
    DIE LÖSUNG: Joe kehrt auf seine Farm zurück. Die Gemeinde ist ihm dankbar, und er hat seine Erfüllung gefunden. (Sie zeigen, wie er triumphiert.)
    Nachdem Sie einen Plan aufgestellt haben, wie Sie die Prämisse beweisen wollen, müssen Sie sich einige wichtige Fragen stellen:
    • Wird die Prämisse erfüllt? Antwort: Ja. Sie haben gezeigt, daß Idealismus zum Triumph führt.
    • Gibt es überflüssige Komplikationen? Antwort: Nein.
    • Gibt es Ironien und Überraschungen? Antwort: Eigentlich nicht.
    • Entwickeln sich die Figuren weiter? Antwort: Oje, nicht sehr.
    • Lohnt es sich, diese Geschichte zu schreiben? Antwort: Um Himmels willen, nein!
    Wenn es keine Ironien und keine Überraschungen gibt und wenn die Figuren sich nicht entwickeln, lohnt es sich ganz offensichtlich nicht, die Geschichte zu schreiben.
    Na schön. Wie könnten wir denn mit derselben Figur in derselben Situation den Handlungsverlauf so ändern, daß die Geschichte ironischer und spannender wird und die Figur sich stärker entwickelt?
    Als erstes wollen wir dieses melodramatische Element rausschmeißen, daß die Nachbarn als Teil einer Untergrundverschwörung, die Joe infiltriert, illegale Pestizide herstellen. Nehmen wir mal an, er erbt die Farm, aber seine Pläne, sie auf organischen Anbau umzustellen, scheitern. So nach und nach sieht er sich aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, zunächst legale Pestizide einzusetzen, dann illegale, und schließlich illegale und gefährliche. Jetzt nehmen wir unseren Zauberstab und versuchen es mit einer neuen Prämisse: Wirtschaftliche

Zwänge zerstören Idealismus . Die Abfolge der Ereignisse würde dann so aussehen:
    DIE AUSGANGSSITUATION: Wie in der ersten Version gerät Joe, ein junger Dichter, in Schwierigkeiten, weil er auf der Straße seine Gedichte vorliest. Die Polizei will, daß er
    weitergeht; er beharrt auf seinem Recht und wird verhaftet. (Sie haben gezeigt, daß er
    idealistisch ist.) Weil er sich weigert, sich schuldig zu bekennen und eine Geldbuße von fünf Dollar zu bezahlen (womit er erneut seinen Idealismus, aber auch seine Wirklichkeitsferne beweist), wird er zu einem Wochenende Gefängnis verurteilt.
    DAS AUSLÖSENDE EREIGNIS: Joe erbt die Farm seines Großvaters.
    ERSTE KOMPLIKATION: Er übernimmt die Farm, entschlossen, sie auf organischen Anbau umzustellen. Trotz schweißtreibender Arbeit findet er Befriedigung darin, die Farm von
    chemischem auf organischen Anbau umzustellen. Er bemüht sich sehr, alles richtig zu
    machen, und muß viele Hindernisse beim Anbau von Obst und Gemüse überwinden. Die
    Nachbarn verhöhnen ihn. Zunächst hat er einigen Erfolg - die Pfirsichernte sieht gut aus - aber er macht sich Sorgen. So vieles könnte noch schiefgehen. (Sein Engagement ist bewiesen.)
    ZWEITE KOMPLIKATION: Übles Ungeziefer fällt über seine Ernte her. Es gelingt ihm, die Viecher teilweise mit organischen Mitteln zu beseitigen. Er rettet die Hälfte seiner
    Pfirsichernte und verkauft den Rest an eine Marmeladenfabrik. Regenfälle machen seine
    Wassermelonen kaputt. Er verliert den Mut. (Die Naturgewalten haben sich gegen ihn
    verschworen.)
    DRITTE KOMPLIKATION: Kreditzahlungen und Steuern verschlingen seine Rücklagen.
    Die Banken weigern sich, einem Träumer wie Joe den Kredit zu verlängern . Sie sind sicher, daß er schei tern wird. In seiner Verzweiflung verwendet er legale Pestizide, um seine Erdbeeren zu retten. (Sie haben gezeigt, daß Joes Idealismus allmählich Risse bekommt.)
    VIERTE KOMPLIKATION: Nachdem er einmal ein Pestizid verwendet hat, fällt es ihm
    beim nächsten Mal leichter, es wieder, einzusetzen. Und als lästige Grillen überhandnehmen und legale Pestizide versagen, greift Joe zu illegalen. Dadurch wird das Grundwasser
    gefährdet, doch er fühlt sich gezwungen, das Risiko einzugehen, und läßt sich vom Hersteller des illegalen Pe stizids überzeugen, daß es ungefährlich sei. (Der Riß in seinem Idealismus wird
    größer.)
    DER HÖHEPUNKT: Killerbienen sind im Anmarsch. Nichts kann sie stoppen außer einem gefährlichen illegalen Pestizid. Das bedeutet, finanziellen Ruin, wenn er das Pestizid nicht benutzt, erheblicher Schaden für die Umwelt, wenn er es tut. Er benutzt das Pestizid.
    DIE LÖSUNG: Joe rettet seine Ernte, doch er verliert seine Seele und fällt in Verzweiflung. Wieder müssen wir uns fragen:
    • Wird die Prämisse erfüllt? Antwort: Ja.
    • Gibt es überflüssige Komplikationen?

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