Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)
glauben macht, ihr würde nachgestellt, damit er einen Mord begeht und ins Gefängnis kommt und sie ihn los ist.
Für welche Möglichkeit entscheiden Sie sich nun? Das ist mehr oder weniger subjektiv. Wenn Sie sich für Nummer eins entscheiden, wäre der Protagonist der Detective und die Geschichte hätte die typische Prämisse eines Kriminalromans: Die Entschlossenheit und deduktive Fähigkeit der Hauptfigur, des Detective, führt zu Gerechtigkeit. Hier läge der Schwerpunkt darauf, wie clever und geschickt der Mörder das Verbrechen begeht und wie noch cleverer und noch geschickter der Detective es schließlich aufklärt.
Nummer zwei, die amerikanische Version von Verbrechen und Strafe hätte einen völlig anderen Schwerpunkt. Hier würden Sie das Leben eines Mörders im Hinblick auf seine Schuldgefühle und seine Reue untersuchen. Es wäre ein psychologischer Roman, in dem der Detective es vermutlich viel leichter hätte, den Mörder zu stellen. Doch der Roman würde damit nicht enden. Er würde weitergehen und sich darauf konzentrieren, wie sich das Leben des Mörders verändert. Die Prämisse könnte vielleicht heißen: Ein Mord führt zu spiritueller Erleuchtung.
In Nummer drei, der Geschichte, in der der Mann aus Liebe mordet und dann genau das verliert, wofür er gemordet hat, würde die Prämisse lauten: Krankhafte Liebe führt zum Verlust dieser Liebe.
Nummer vier, die humoristische Geschichte, hätte vermutlich auch einen humorvollen Schluß. Die Prämisse? Vielleicht: Versuchter Mord führt zum Glück.
Die letzte Geschichte, Nummer fünf, könnte damit enden, daß die Frau mit ihrem Geliebten fortgeht, doch der Geliebte, der weiß, was für eine Betrügerin sie ist, betrügt dann seinerseits sie. Die Prämisse dieser Geschichte könnte lauten: Wer seine Liebsten betrügt, wird selbst betrogen.
Jede dieser Möglichkeiten kann - je nachdem, wie man es handhabt - zu einem verdammt guten Roman gemacht werden. Mir gefällt Nummer drei am besten: Krankhafte Liebe führt zum Verlust dieser
Prämissen für Fortgeschrittene
Liebe. Warum, weiß ich auch nicht. Das ist rein subjektiv. Ich habe eben einfach das Gefühl, daß ich daraus einen verdammt guten Roman machen könnte.
Wie würde denn so eine Prämisse bewiesen? Ganz einfach:
DIE AUSGANGSSITUATION: Jules (unser Held) kommt zum Frühstück herunter. Jo Ann, seine Frau, sitzt bereits am Frühstückstisch. Sie ist letzte Nacht spät nach Hause gekommen, und er will wissen, wo sie war. Sie sagt, sie hätte lange gearbeitet. (Sie ist Immobilienmaklerin.) Er ist so in sie verliebt, daß sie ihn leicht beschwichtigen kann. (Das zeigt seine übergroße Liebe.)
DAS AUSLÖSENDE EREIGNIS: Ein Arbeitskollege (in einem Versicherungsbüro) erzählt Jules, er hätte dessen Frau letzte Nacht in ein Motel gehen sehen. Jules verteidigt seine Frau, aber innerlich ist er am Boden zerstört. (Das zeigt erneut, wie verrückt er nach ihr ist.)
ERSTE KOMPLIKATION: Jules zieht Erkundigungen über Ted ein, den angeblichen Liebhaber, und wird von Eifersucht zerfressen. (An dieser Stelle vermuten wir, daß es um einen Ehebruch mit tödlichem Ausgang geht, tut es aber nicht. Wir steuern auf eine Überraschung zu.)
ZWEITE KOMPLIKATION: Jules stellt Jo Ann zur Rede. Sie gibt zu, daß sie mit Ted tanzen gegangen ist, und sagt, sie wären bei seinem Motel vorbeigefahren, um für ihn ein anderes Paar Schuhe zu holen. Sie schwört Jules, daß sie ihm treu ist. Jules ist besänftigt. Er beschließt, Jo Ann das neue Haus zu kaufen, das sie schon immer haben wollte, in der Hoffnung, daß es sie glücklich macht. Er hat Angst, sie zu verlieren.
DRITTE KOMPLIKATION: Jo Ann erzählt Jules, daß Ted sie auf der Arbeit belästigt und ihr Blumen schickt. Jules stellt Ted zur Rede. Es kommt zu lautem Streit und Drohungen.
VIERTE KOMPLIKATION: Ted beginnt, Jo Ann zu verfolgen. Jules geht zur Polizei. Dort sagt man ihm, sie könnten nichts machen, wenn Ted nicht etwas Nachweisbares tut. Ted verfolgt Jo Ann weiter.
FÜNFTE KOMPLIKATION: Jules heuert einen Privatdetektiv an, um Ted zu überprüfen. Er erfährt, daß Ted bereits zweimal wegen eines Sexualdelikts verhaftet wurde. Der Privatdetektiv bietet an, daß er für fünftausend Dollar Ted »überzeugen« würde, die Stadt zu verlassen. Jules zahlt. Der Privatdetektiv verschwindet. Die Polizei glaubt, daß er auf Sauftour gegangen ist, doch Jules glaubt, daß Ted ihn umgebracht hat.
SECHSTE KOMPLIKATION: Ted und Jules treffen sich in
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