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Wie man Freunde gewinnt

Wie man Freunde gewinnt

Titel: Wie man Freunde gewinnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Carnegie
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Ihre große Chance ist vertan und ich bin darüber zutiefst betrübt.»
    Was glauben Sie, was Meade sagte, als er diesen Brief erhielt?
    Er bekam ihn gar nie zu Gesicht. Lincoln hat ihn nicht abgeschickt. Er wurde nach seinem Tod unter seinen Papieren gefunden.
    Ich vermute - und es ist wirklich nur eine Vermutung -, daß Lincoln, nachdem er jenen Brief geschrieben hatte, zum Fenster hinausblickte und zu sich selber sagte: Moment mal. Wir wollen nichts überstürzen. Es ist leicht, hier ruhig im Weißen Haus zu sitzen und Meade den Befehl zum Angriff zu erteilen. Aber wenn ich in Gettysburg gewesen wäre und wenn ich soviel Blut gesehen hätte wie Meade in diesen letzten Wochen und wenn meine Ohren das Stöhnen und Schreien der Verwundeten und Sterbenden gehört hätten, dann hätte ich es vielleicht mit einem Angriff auch nicht so eilig gehabt. Wenn ich außerdem gleich vorsichtig veranlagt wäre wie Meade, dann hätte ich womöglich genauso gehandelt wie er. Wie dem auch sei, es ist nun mal geschehen. Schicke ich diesen Brief jetzt ab, so habe ich zwar meinen Gefühlen Luft gemacht, aber Meade wird versuchen, sich zu rechtfertigen. Er wird mir Vorhaltungen machen. Es wird ihn erbittern, seine zukünftige Verwendbarkeit als Heerführer beeinträchtigen und ihn womöglich sogar zwingen, aus der Armee auszutreten.
    Also legte Lincoln den Brief beiseite, denn er hatte aus bitterer Erfahrung gelernt, daß scharfe Kritik und Rügen sich in den meisten Fällen letztlich als nutzlos erweisen.
    Mark Twain passierte es öfter, daß ihm der Hut hochging.
    Dann schrieb er Briefe, daß selbst das Papier errötete. So schrieb er beispielsweise einem Mann, der ihn in Rage gebracht hatte:
    «Was Sie brauchen, ist eine Bestattungserlaubnis. Sie müssen es
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    nur sagen, und ich besorge Ihnen eine.» Ein andermal schrieb er einem Verleger, dessen Korrektor versucht hatte, seine Rechtschreibung und Interpunktion zu verbessern: «Setzen Sie den Text gemäß meiner Vorlage und sorgen Sie dafür, daß der Korrektor seine Vorschläge in seinem verfaulten Hirnbrei behält.»
    Nach solchen gepfefferten Briefen fühlte sich Mark Twain jeweils wieder wohler. Sie ermöglichten ihm, Dampf abzulassen
    - und zu Schaden kam niemand dabei, denn Mark Twains Frau ließ sie insgeheim aus der Post verschwinden; sie sind nie abgeschickt worden.
    Möchten Sie gerne den einen oder andern Menschen aus Ihrem Bekanntenkreis ein bißchen ändern, ein bißchen umerziehen und bessern? In Ordnung. Ich bin ganz mit Ihnen einverstanden. Aber warum beginnen Sie nicht bei sich selbst?
    Für Sie schaut nämlich dabei mehr heraus, als wenn Sie an andern herummodeln - und es ist auch viel weniger gefährlich.
    «Jeder kehre den Schnee vor seiner Tür und kümmere sich nicht um das Eis, das auf dem Dach des Nachbarn liegt», sagt ein chinesisches Sprichwort.
    Als ich noch jung war und mit allen möglichen Mitteln versuchte, den Leuten Eindruck zu machen, schrieb ich einmal einen ganz albernen Brief an Richard Harding Davis, einen Autor, dessen Stern damals hell am literarischen Himmel von Amerika leuchtete. Ich bereitete einen Zeitungsartikel über Schriftsteller vor und wollte von Davis wissen, nach welcher Methode er arbeite. Wenige Wochen zuvor hatte ich von jemandem einen Brief mit der folgenden Schlußbemerkung erhalten: «Diktiert, aber ungelesen abgeschickt». Das imponierte mir mächtig. Zweifellos mußte der Schreiber eine bedeutende und vielbeschäftigte Persönlichkeit sein. Ich hatte keineswegs übermäßig zu tun, aber ich wollte Richard Harding Davis unbedingt Eindruck machen, und so setzte ich unter meine kurze Anfrage die Worte: «Diktiert, aber ungelesen abgeschickt.»
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    Davis dachte gar nicht daran, meinen Brief zu beantworten, sondern sandte ihn ganz einfach zurück mit dem Vermerk am Rand: «Ihre schlechten Manieren werden nur noch von Ihren schlechten Manieren übertroffen.» Zugegeben, ich hatte einen Schnitzer gemacht, und ich hatte diesen Rüffel vielleicht verdient, aber da ich auch nur ein Mensch bin, ärgerte ich mich darüber. Ich ärgerte mich so sehr, daß ich Jahre später, als ich in der Zeitung las, Richard Harding Davis sei gestorben, nur einen einzigen Gedanken hatte - ich schäme mich heute, es zuzugeben
    -: die Erinnerung an die Kränkung, die er mir damals zugefügt hatte.
    Falls Sie es also darauf abgesehen haben, eine Handvoll Leute schon morgen derart zu verstimmen, daß sie Ihnen während Jahrzehnten, sogar bis zu

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