Wie man Freunde gewinnt
Dazu gehören:
1. Gesundheit und ein langes Leben
2. Nahrung
3. Schlaf
4. Geld und alles, was man damit kaufen kann
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5. ein Leben im Jenseits
6. sexueller Genuß
7. gesunde Kinder
8. das Gefühl, «bedeutend» zu sein
Fast alle diese Wünsche gehen gewöhnlich in Erfüllung - bis auf einen. Ein einziger Wunsch, der beinahe so groß, so übermächtig ist wie das Verlangen nach Essen und Schlaf, wird selten erfüllt. Freud nennt ihn den «Wunsch nach Geltung», Dewey bezeichnet ihn als den «Wunsch, bedeutend zu sein».
Lincoln begann einmal einen Brief mit den Worten: «Jeder Mensch liebt Komplimente.» William James sagte: «Eine unausrottbare Eigenschaft im Wesen des Menschen ist sein Verlangen nach Anerkennung.» Wohlgemerkt, er sagte nicht:
«der Wunsch» oder «die Sehnsucht» nach Anerkennung. Er sagte: «das Verlangen» nach Anerkennung.
Hier haben wir es mit einem nagenden, unstillbaren Hunger zu tun. Und in den Händen jener wenigen, denen es gelingt, diesen seelischen Hunger anderer zu stillen, sind die Menschen wie Wachs. «Sogar der Leichenbestatter trauert», wie man sagt, wenn ein solcher Wohltäter stirbt.
Dieser Wunsch nach Geltung ist eines der hauptsächlichsten Merkmale, die den Menschen vom Tier unterscheiden. Ein Beispiel: Als ich noch ein Bauernjunge in Missouri war, züchtete mein Vater erstklassige Duroc-Jersey-Schweine und reinrassiges, weißköpfiges Vieh. Wir pflegten unsere Tiere jeweils im ganzen mittleren Westen an den Jahrmärkten und Viehschauen auszustellen und gewannen mit ihnen manchen ersten Preis. Mein Vater heftete dann die blauen Schleifen von den Auszeichnungen auf ein Stück weißen Musselin, und wenn Freunde kamen oder Besuch, holte er das Tuch hervor, hielt es am einen und ich am anderen Ende hoch, damit sie die blauen Schleifen bewundern konnten.
Die Schweine machten sich nichts aus den Schleifen, die sie
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gewonnen hatten. Wohl aber mein Vater - diese Preise gaben ihm ein Gefühl von Bedeutung.
Hätten unsere Vorfahren nicht dieses brennende Verlangen nach Bedeutung gehabt, dann hätte es nie eine Zivilisation gegeben. Ohne Geltungsbedürfnis würden wir leben wie die Tiere.
Dieser Wunsch, sich bedeutend zu fühlen, veranlaßte einen ungebildeten, armen Ladengehilfen, Rechtsbücher zu studieren, die er auf dem Grund einer Kiste mit Haushaltgerümpel fand, welche er für fünfzig Cents gekauft hatte. Vermutlich haben auch Sie schon von diesem Ladenjungen gehört. Sein Name war Abraham Lincoln.
Das Verlangen nach Bedeutung war es auch, das Dickens dazu getrieben hat, seine unsterblichen Romane zu schreiben.
Das gleiche Verlangen inspirierte Sir Christopher Wren, den großen englischen Architekten und Erbauer der St.-Pauls-Kathedrale, zu seinen Symphonien in Stein, ließ Rockefeller Millionen anhäufen, die er nie ausgeben konnte, und hat von jeher den reichsten Mann der Stadt veranlaßt, ein Haus zu bauen, das für seine Bedürfnisse viel zu groß ist.
Dieser Wunsch treibt aber auch viele junge Menschen dazu, sich Banden anzuschließen und kriminelle Handlungen zu begehen. «Für den durchschnittlichen jungen Verbrecher zählt nur sein eigenes Ego», erklärte E. P. Mulrooney, seinerzeit Polizeikommissar von New York. «Das erste, wonach er nach seiner Verhaftung verlangt, sind die üblen Boulevardblätter, die aus ihm einen Helden machen. Der unerfreuliche Gedanke ans Zuchthaus liegt ihm fern, solange er sich nur daran weiden kann, sein Bild neben Filmstars, Sportgrößen und Politikern auf den Titelseiten und am Bildschirm zu sehen.
Sagen Sie mir, was Ihnen das Gefühl von Bedeutung gibt, und ich sage Ihnen, wer Sie sind, denn daran läßt sich Ihr Charakter ablesen. John D. Rockefeller fühlte sich bedeutend, als er Geld
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gab, um in China ein modernes Spital zu errichten und damit Millionen von armen Menschen zu helfen, die er nie gesehen hatte und nie sehen würde. Dillinger dagegen befriedigte sein Geltungsbedürfnis als Bandit, Bankräuber und Mörder. Als er von der Polizei gejagt wurde, drang er in ein Haus ein und sagte:
«Ich bin Dillinger!» Er war stolz darauf, der Staatsfeind Nummer eins zu sein. «Ich tue Ihnen nichts, aber ich bin Dillinger!» erklärte er den Bewohnern.
Der markante Unterschied zwischen Dillinger und
Rockefeller liegt eben darin, auf welche Art und Weise sie ihr Verlangen nach Bedeutung stillten.
Die Geschichte wimmelt von amüsanten Beispielen, wie sich berühmte Leute abmühten, ihr
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