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Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
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Macht nichts. Es herrscht großer Andrang an der Kasse und Sie beschließen, schon einmal die Karten zu besorgen.Die Minuten rinnen dahin, die Massen strömen hinein, so wie es auch in Strömen regnet. Macht nichts, Sie haben ja einen Schirm. Andererseits aber immer noch keinen Schirmherrn bzw. eine Schirmdame, und die besten Plätze sind jetzt wohl auch schon alle belegt.
    Nach 10   Minuten: Er/sie wird wohl keinen Parkplatz finden. Ist er/sie im Verkehr stecken geblieben? Ist er/sie das da vorne nicht? Hinlaufen, Antippen, Fehlanzeige.
    Nach 20   Minuten: Er/sie hat die Verabredung doch nicht vergessen? Haben Sie selbst vielleicht die Zeit verwechselt? Ist ihm/ihr gar etwas zugestoßen?
    Endlich. Er/sie kommt. Zweifellos und ganz gemächlich. Sie merken, wie Ihnen ein Stein vom Herzen fällt. Sie spüren Erleichterung und Freude, als Sie sich innig begrüßen und tropfnass in der übriggebliebenen Wendehals-Genickstarre-Loge Platz nehmen. Er/sie murmelt etwas von »ich musste noch solange mit meiner Mutter telefonieren«, aber Sie sagen nichts. Hauptsache er/sie ist bei Ihnen. Alles andere ist doch egal. Vorläufig.
    Keine Frage, auch wenn Sie sich wirklich so verhalten hätten, es wäre wohl völlig normal. Menschen, die verliebt sind, wollen sich dieses Gefühl nicht so schnell nehmen lassen. Die Devise lautet miteinander Einssein, der Harmonie frönen und den anderen im bestmöglichen Licht sehen. Kleinere Unstimmigkeiten, subtile oder auch recht deutliche Hinweise, dass der Andere Merkmale oder Verhaltensweisen zeigt, die einem selbst Schwierigkeiten bereiten würden, fallen erst einmal der selektiven Wahrnehmung (ich bemerke nur, was ich bemerken will) oder der Reduktion kognitiver Dissonanzen (Wahrnehmungen werden »geeignet« interpretiert) zum Opfer.
    So ein Konflikt scheuendes Verhalten hat möglicherweise auch in der allerersten Phase einer Beziehung einenSinn. Es stabilisiert Glücksgefühle, man kann füreinander schwärmen. Unzulänglichkeiten, unterschiedliche Bedürfnisse und Auseinandersetzungen tauchen noch früh genug auf. Eine Phase der frischen Verliebtheit heilt auch scheinbar alle vorher erlittene Unbill des Lebens.
    Alles schön und gut? Bis jetzt vielleicht schon noch. Nun soll es jedoch auch Menschen geben, die grundsätzlich lieber nichts sagen, wenn ihre Bedürfnisse vom Partner nicht erfüllt werden, die grundsätzlich lieber nachgeben, die grundsätzlich ihre Wünsche selten mitteilen, oder diese, sofern sie von denen des Partners abweichen, schon gar nicht mehr bewusst wahrnehmen. Diesen Menschen geht die Aufrechterhaltung der Harmonie über alles, auch wenn sie vielleicht schon lange nicht mehr wirklich verliebt sind. Für sie steht womöglich gleich die ganze Beziehung auf dem Spiel, wenn es zu einer echten Auseinandersetzung kommen sollte. Lieber einstecken als allein dastehen – lieber nichts sagen als etwas, was eigentlich auch nie gelernt wurde.
     
    Verdrängen, totschweigen, unter den Teppich kehren   … Wie kommt man (frau) dazu?
    Jedes Baby schreit, wenn ihm etwas nicht passt. Es meldet vehement all seine Bedürfnisse an. Mit der Zeit mehr und mehr differenziert und mehr und mehr Ansprüche stellend (für alle meine Bedürfnisse sorgen meine Eltern, das muss ich noch nicht selbst tun). Zunehmend wird das heranwachsende Kleinkind mit der erschütternden Erkenntnis der Realität konfrontiert: Die Eltern sorgen nicht immer für meine Bedürfnisse. Ich habe immer mehr Wünsche und ich muss auf immer mehr verzichten.
    Ein Kind erprobt nun im Verlauf seiner Entwicklung Strategien, die Menschen seiner Umgebung dazu zu bewegen,seine Wünsche zu erfüllen. Und nun hängt es ganz davon ab, wie diese Menschen, und das sind in der Regel und in erster Linie die Eltern, mit den kindlichen Wunschäußerungen umgehen.
    Eltern, die ihren Kindern den Eindruck vermitteln, deren direkt geäußerte Wünsche nicht besonders ernst zu nehmen oder wenn ihr Zögling es wagt, seinen eigenen Willen zu zeigen, ihre Zuneigung entziehen, produzieren eine ganz bestimmte Erfahrung: »Es ist nicht gut, etwas anderes zu wollen als meine Eltern, das kann wohl auch gar nicht so wichtig sein. Darum ist es besser, den Mund zu halten, sonst hat man mich gleich nicht mehr lieb. Ich will ein braves Kind sein.«
    Diese Erfahrung wird unterstützt durch das Nachahmen von Identifikationsfiguren des gleichen Geschlechts, die diese angepassten Verhaltensweisen vorführen. Klassischer Fall: der Vater als Ernährer und

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