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Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
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ihrem Ärger Luft machte, hat Paul nicht ein einziges Mal zuder unangenehmen Situation der Autopanne Stellung genommen und zum Beispiel über die schweißtreibende Reparatur geschimpft. Paul lässt innerhalb kürzester Zeit eine ganze Anzahl von Bemerkungen über sich ergehen, die geeignet sind, seinen Stolz zu demontieren:
    Er habe versagt. Er sei an allem schuld. Er sei unverantwortlich. Er sei andererseits verantwortlich dafür, die Situation unverzüglich zu bereinigen. Er müsse tun, was sie sagt. Seine Ideen seien nur Pfusch. Er verdiene keine Belohnung. Sein Erfolg wird nicht gewürdigt, sondern angezweifelt. Er bekommt keine Hilfe und muss alles alleine machen.
    Dies alles sind Kränkungen, die auf Dauer auch krank machen können, wenn sie einfach »geschluckt« werden. Pauls einzige Reaktion sind leise Rechtfertigungen und ein merkwürdiges Gesicht. Auf dieses hin angesprochen, sagt er wiederum nichts von dem Unmut und der Enttäuschung, die ihn gerade bewegen. Im Gegenteil, er nimmt sich zuerst vor, mit noch mehr Einsatz (Frühstück) Johannas Unmut zu besänftigen, statt seinen eigenen zu beachten. Paul versucht noch eher für Johanna Verständnis zu entwickeln, als für sich selbst. Seine Konfliktstrategie besteht aus Besänftigen und verstecktem Trotz (es geschieht ihr, die so böse zu mir war, ganz recht, dass ich mir auf den Daumen gehauen habe – und nun nicht für sie arbeiten kann).
    Man kann ihm eigentlich nicht böse sein, oder? Johanna ist es trotzdem.
    Was bewirkt sein Verhalten bei Johanna?
    Pauls fehlende Gefühlsäußerungen zu unangenehmen Situationen lassen bei Johanna leicht die Vermutung entstehen, dass ihm nichts etwas ausmacht und ihm vieles einfach egal ist. Aus Wut über seine scheinbar fehlende Beteiligung wird sie ihn eher noch mehr beschuldigen. Johanna kommt vonselbst auf die Idee, falsch mit Paul umgegangen zu sein. Sein besänftigendes Verhalten lässt Johanna ihr eigenes Verhalten kaum weiter überdenken oder gar ändern. Der Druck eines schlechten Gewissens, das unangenehme Selbstbild der schimpfenden Frau, kann Johanna bisweilen zu schaffen machen. Solange Paul schluckt und besänftigt, wird sie dies ihm gegenüber kaum aussprechen können. Johanna kann sich bei Paul nur entschuldigen und er ihr nur verzeihen, wenn er ihr gegenüber seine Kränkung äußert.
    Welches sind die längerfristigen Konsequenzen?
    Je häufiger Paul schweigt und einsteckt, desto häufiger und heftiger wird Johanna ihn in Konfliktsituationen angreifen. Paul wird sich durch die vielen kleinen Kränkungen zunehmend beklemmter, hilfloser und unzufriedener in der Beziehung fühlen. Johanna wird durch Paul nicht veranlasst, ihre demütigenden Angriffe in Stresssituationen zu unterlassen. Sie verschafft ihrem Ärger zwar dadurch Luft, kann aber nicht ihre eigentlichen Gefühle ausdrücken. Gegenseitiges Verständnis wird so blockiert und eine zunehmende innere Entfremdung ist vorprogrammiert (s. Kapitel 1.2. und 1.3).
    1.   1.   2.   Vorwürfe statt Klärung oder Schuld statt Gefühl
    Erwin und Petra leben seit kurzer Zeit zusammen. Beide gehen gewöhnlich am Wochenende mit Freunden und Bekannten von Petra aus. Man isst und trinkt und unterhält sich bevorzugt über Erlebnisse und Begebenheiten im engeren und weiteren Bekanntenkreis. Während Petra dabei rege Beteiligung zeigt, nimmt Erwin eher sporadisch an dieser Art von Konversation teil. Meist drängt er rasch zum Aufbruch, so dass beide als erste die muntere Runde verlassen.Als erneut eine solche Situation auftritt, spricht Petra Erwin auf dem Nachhauseweg an:
    »Immer wenn’s am schönsten ist, musst du schon wieder gehen. So früh kann man doch gar nicht müde sein. Sieglinde hat mich sogar neulich darauf angesprochen, ob bei uns irgendetwas nicht in Ordnung sei   …«
    »Jetzt hör mir bloß auf mit deiner Sieglinde. Den ganzen Abend hab ich mir das langweilige Lifestyle-Geschwätz deiner sogenannten besten Freundin anhören müssen. Du kannst froh sein, dass ich überhaupt mitgegangen bin. Mir geht dieser Wochenendtratsch sowieso auf die Nerven.«
    »Ach ja? Meinst du ich finde es interessant, wenn du mit Herbert über die Vorzüge des neuen Mercedes palaverst.
Das
nenne ich Lifestyle-Geschwätz, wir unterhalten uns wenigstens noch über Menschen, während du dir immer nur ein Pils nach dem anderen reinkippst und zur guten Laune immer weniger beiträgst.«
    »Das hält man ja wohl anders gar nicht aus.«
    »Wie meinst du das? Meinst du

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