Wie Tau im Wuestensand
Nacht Mut verliehen, sie war die Quelle meiner Träume und meiner
Zuversicht.
Ganz allein und erfolgreich hatte
sie sich eine Karriere in einer extremen Welt und weit weg von ihrem Zuhause
hart erkämpft. Und dann war sie zurückgekommen, um ihre Existenz mit Linc zu
teilen. Immerhin war es ein Leben, zu dem er ihr die Kraft gegeben hatte.
Aber dieses
Leben wollte er nicht mit ihr teilen.
Und nun war Hollys geheime Quelle
ausgetrocknet. Das Durchhaltevermögen verließ sie so, wie die Farbe die Welt
mit Anbruch der Nacht. Nur noch Dunkelheit herrschte in ihr.
Himmel, bin ich müde! So müde.
Nichts ist mehr übrig. Nichts ...
Holly hörte ihre eigene Stimme wie
aus der Ferne und merkte zu spät, daß sie ihre Gedanken laut ausgesprochen
hatte.
Es ist
alles egal. Alles hat seine Bedeutung verloren.
Sie besaß kein Gleichgewicht mehr
und fiel aus der Welt in eine endlose Finsternis.
Sie wußte nicht einmal, daß Linc sie
aufgefangen und in das Umkleidezelt getragen hatte. Bei jedem seiner Schritte
verfluchte er ihren Boß.
Linc legte Holly vorsichtig auf
einen Stapel bunter Satinlaken, die für ein früheres Bild verwendet worden
waren. Mit zitternden Fingern berührte er ihr bleiches, regungsloses Gesicht.
Dann stand er hastig auf und wollte
Roger das Fell über die Ohren ziehen, weil er Holly viel zu sehr einspannte.
Als Holly wieder zu sich kam,
leuchteten über ihr die Farben des Sonnenuntergangs.
Aber das stimmte doch nicht, dachte sie. So spät kann es noch
gar nicht sein.
Vor dem
Zelt stritten zwei Männer miteinander.
Roger und
Linc.
»...und
nehme sie mit mir«, bellte Roger.
»Auf gar keinen Fall«, knurrte Linc.
»Sie haben Holly so ausgenützt, daß sie kaum noch ihren Kopf aufrecht halten
kann!«
»Es ist nicht die Arbeit, Sie
gottverdammter Idiot. Es ist ...«
Sie steckte sich die Finger in die
Ohren und schloß jedes Geräusch aus. In jedem Fall fehlte ihr die Kraft, jetzt
Linc gegenüberzutreten.
Nicht
einmal sich selbst könnte sie derzeit gegenübertreten. Etwas später zog sie
ängstlich die Finger wieder aus den Ohren.
Der Streit hatte aufgehört. Nun
ertönten die gewohnten Geräusche, wenn das Team seine Sachen zusammenpackte.
Mit dem Zelt werden sie wohl noch
etwas warten müssen, dachte
sie. Ich bin viel zu müde, momentan aufzustehen.
Ungeschickt zog Holly ein
leuchtendrotes Satinlaken über ihren Kopf und fiel in einen tiefen Schlaf.
Als sie wieder aufwachte, war sie
immer noch von dem Glühen des Sonnenuntergangs umgeben. Diesmal aber wußte sie,
um was es sich handelte.
Das Zelt des Sultans, dachte sie verschlafen. Warum bin
ich immer noch hier? Den Teil der Kampagne haben wir doch längst abgeschlossen.
Beunruhigt
wandte Holly den Kopf und sah sich um.
Für Innenaufnahmen trage ich das
vollkommen falsche Outfit. Kurze Hosen und nicht Haremspluderhosen.
Und warum liege ich unter einem
dieser Satintücher, die für den Hintergrund gedacht sind?
Plötzlich
fiel es ihr wieder ein.
Ich bin
in Ohnmacht gefallen.
Diese
Erkenntnis verwunderte Holly. Sie war noch niemals in ihrem Leben einer
Ohnmacht auch nur nahe gewesen. Wie bin ich hierhergekommen?
Sie
erinnerte sich lediglich daran, daß sie einem Streit ge lauscht hatte. Dann
war ihr die Idee gekommen, sich die Ohren zuzustopfen.
Linc. Er
hatte sich mit Roger gestritten.
Und dann war sie aus lauter
nervlicher Erschöpfung eingeschlafen.
Bei dem Gedanken an Linc wußte Holly
auf einmal, daß er ganz in ihrer Nähe war. Sie waren allein zusammen in der
Wüste. Sie spürte, daß er sie beobachtete. Seine Gegenwart war so mächtig wie
eine Felswand.
Und genauso
unnachgiebig.
Zärtlich strichen seine
Fingerspitzen über ihre Wangen. Sie zuckte zurück. Nochmals solch einen Aufruhr
der Gefühle konnte sie nicht ertragen ... ach, wäre sie doch nie mehr aufgewacht!
Außerhalb des Zelts war es
vollkommen still. Linc hatte also die Auseinandersetzung für sich entschieden.
Roger und der Rest des Royce Design Teams fuhren bereits nach Hause.
Nicht so Linc.
Sie spürte die Wärme seines Körpers,
als er sich neben sie legte. Unter Protest verspannte sie sich, hatte aber
nicht die Kraft, sich ihm zu widersetzen.
Das schwere Gewicht ihrer Haare
wurde von ihrem Nacken gehoben: Linc küßte zentimeterweise ihre Haut. Seine
Zärtlichkeit ging ihr durch Mark und Bein.
»Nicht«,
flüsterte Holly. »Bitte nicht.«
Linc hörte
ihr Flehen und spürte ihre Angst.
»Warum
nicht?« fragte er.
»Es ist immer dasselbe mit
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