Wilde Pferde in Gefahr
diese neue Rasse. Die Amerikaner nannten sie ›Mustangs‹. Ein guter Name, der viel über ihre Stärke und ihren Stolz aussagt, meint ihr nicht auch?«
Annie trank einen Schluck von dem Wasser, das ihrder Direktor hingestellt hatte. »Ich will es nicht verschweigen: Auch damals gab es Mustangjäger. Mutige Cowboys, die ihre Pferde mit dem Lasso einfingen und zuritten, aber auch bezahlte Killer, die Mustangs abschossen, weil sie den Ranchern und Schafzüchtern, die immer zahlreicher wurden im Westen, das Gras wegfraßen. Nur die besten und stärksten Tiere blieben übrig und vereinten sich zu den Herden, die heute noch durch unseren Westen streifen. Sind wir nicht geradezu verpflichtet, diese Tiere vor dem Aussterben zu retten? Heute sorgt das Bureau of Land Management dafür, dass Rinder und Schafe genug Gras zum Weiden haben. Ich verdamme die Angestellten des Bureaus nicht, sie tun ihre Arbeit und denken vielleicht gar nicht daran, was sie den Mustangs antun, indem sie die Jagd mit Flugzeugen und Pick-ups erlauben. Natürlich müssen einzelne Tiere getötet werden, so wie ein Jäger in seinem Revier für Ordnung sorgt. Aber der ungeheure Bedarf an Hunde- und Katzenfutter hat das Gleichgewicht erst recht in Unordnung gebracht. Weil der Bedarf so groß ist; und weil man mit Pferdefleisch viel Geld verdienen kann, müssen die Mustangs so schnell wie möglich ins Schlachthaus gebracht werden. Und das geht nur, wenn man Flugzeuge und Trucks einsetzt. Ich sage: Es geht auch anders. Es gibt auch anderes Fleisch, aus dem man Hunde- und Katzenfutter herstellen kann, und es muss nicht sein, dass die Mustangjäger sich durch ihre grausamen Methoden eine goldene Nase verdienen.Warum arbeiten sie nicht auf einer Ranch wie andere Cowboys auch?«
Annie kam langsam zum Ende. »Ich besitze selbst einen Mustang. Er heißt Hobo, ist inzwischen dreißig Jahre alt, ein biblisches Alter für ein Pferd, und leistet mir immer noch gute Dienste. Ich möchte, dass alle Mustangs diese Chance bekommen. Schreibt an euren Abgeordneten, setzt euch dafür ein, dass diesem sinnlosen Morden ein Ende gemacht wird! Rettet die letzten Mustangs! Danke!«
Der tosende Applaus zeigte Annie, dass sie sich auf die Schüler verlassen konnte. Peggy und Charlie, der sich erfolgreich vor einer kurzen Ansprache gedrückt hatte, umarmten sie liebevoll. Auch der Direktor und die meisten Lehrer bedankten sich bei ihr und wünschten ihr viel Glück bei ihrem weiteren Kampf.
»Jetzt habe ich aber Hunger«, sagte Annie, als sie im Wagen saßen und sie endlich wieder durchatmen konnte. »Wie wär’s mit einem dicken T-Bone-Steak?«
Gordon Harris, ihr Chef, traf zur selben Zeit wie sie vor dem Steakhaus ein. In seiner Begleitung war ein elegant gekleideter Mann mit grauen Schläfen, der Annie und Charlie wie gute Freunde begrüßte. »Congressman Walter S. Baring«, stellte er sich bei Peggy vor. »Und Sie sind sicher die Rodeo-Reiterin …«
»Peggy Corbett«, stellte sie sich vor. Sie blickte Baring mit großen Augen an. »Der Abgeordnete, der Annie helfen will das neue Gesetz durchzubringen?«
»Noch ist es nicht so weit«, sagte Annie schnell.
»Das besprechen wir am besten bei einem saftigen Steak«, schlug Harris vor. Er öffnete die Tür und ließ seinen Gästen den Vortritt. »Ich habe einen Tisch für uns reservieren lassen.« Er blickte Peggy an. »Kein Heimweh nach dem Rodeo?«
»Sie tritt in Las Vegas an«, antwortete Charlie für sie.
»Bei einem der bedeutendsten Rodeo des Westens?«
»Wo sonst?«, erwiderte sie selbstbewusst.
Nachdem sie bestellt hatten, stießen sie mit Kaffee und Wasser an. »Eigentlich hätte ich Champagner bestellen sollen«, machte es der Congressman spannend, »aber in Anbetracht der Tatsache, dass es draußen so heiß ist und wir heute alle noch arbeiten müssen, bleiben wir wohl besser bei harmlosen Getränken.« Er nahm einen Schluck von seinem Wasser und blickte Annie an. »Ich habe gute Nachrichten, Annie! Washington ist sehr beeindruckt von den vielen Briefen, die vor allem Kinder geschickt haben, und nachdem fast alle große Zeitungen mit diesen schockierenden Fotos aufgemacht haben, ist man grundsätzlich bereit über ein neues Gesetz zu diskutieren. Damit ist das Gesetz noch keine beschlossene Sache, aber ein wichtiger Schritt wäre damit getan. Jetzt kommt es darauf an, vor dem House Judiciary Subcommittee eine gute Figur zu machen. Dieser Ausschuss entscheidet mehr oder weniger, ob ein Gesetzesvorschlag
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