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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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Nase am Boden und heftig an der Leine ziehend, vorwärts in Richtung Asch. Der Hundeführer gab mehr Leine und spornte den Hund mit reichlich Lob und Ermunterung an. Nach etwa 20 Metern war die Reise jedoch zu Ende. Der Hund stoppte plötzlich, drehte sich zu seinem Herrchen und begann frustriert, ein paarmal zu blaffen. Auch der Befehl »Such, such weiter!« brachte keinen Erfolg. Die Spur musste sich in Luft aufgelöst haben.
    »Do is die Frau wo eigstiegn, wohrscheinli in a Audo«, konstatierte der Hundeführer.
    »Schöne Scheiße, das!« Schuster hatte sich wohl schon mit dem Gedanken angefreundet, er könne den Toten im Auto einem anderen Ermittlungsteam überlassen.
    Jetzt näherte sich einer der Kriminaltechniker und bat Schuster, sich den hinteren Stoßfänger des Wagens anzusehen. Auf den ersten Blick konnten er und auch Kral nichts Auffälliges entdecken, denn die Stoßstange war schon reichlich ramponiert und zudem total verdreckt.
    »Sehen Sie, da und da«, er deutete auf zwei etwa einen Meter auseinanderliegende Stellen, »finden sich Eindrücke, die müssen frisch sein, denn da fehlt die alte Verschmutzung und da kann man auch ein paar Chrompartikel erkennen. Sieht fast so aus, als habe jemand den Wagen in den Schnee geschoben.«
    »Aber doch nicht mit einer normalen Stoßstange?«, mutmaßte Kral.
    Der Kriminaltechniker schüttelte grinsend den Kopf, aber die Belehrung übernahm Schuster: »Sicher nicht. Das war wahrscheinlich ein Geländewagen mit so einem, verdammt noch mal, wie nennt man denn das Ding?«
    »Bullenfänger oder Rammschutzbügel«, vollendete der Spezialist.
    »Genau!«, bestätigte Schuster und jetzt war ihm so etwas wie Erleichterung anzusehen. »Dann bekommt die ganze Sache langsam ein richtiges Gesicht«, fuhr er fort, »dem Jäger wurde die Beute abgejagt. Bleibt noch die Frage, wer hier der Jäger war?«
    »Kommt da noch jemand, also ich meine, ein Arzt oder eine Ärztin, der oder die das genauer …?«, wollte Kral wissen.
    »Im Fernsehen ja, bei uns nicht«, unterbrach ihn Schuster trocken, »die nächste Gerichtsmedizin befindet sich in Erlangen und Sie glauben doch nicht, dass sich die Herrschaften in ein Gebirge bemühen, von dem sie gar nicht wissen, wo es liegt. Will heißen, dass wir denen die Leiche auf den Tisch legen müssen.«
    Nach diesem Seitenhieb auf ballungszentrale Borniertheit trommelte er das gesamte Personal zusammen und erteilte seine Anweisungen für das weitere Vorgehen: Die Spusi sollte dort, wo der Hund seine Suche beendet hatte, nach Fahrzeugspuren suchen. Außerdem mussten die Anwohner der Nebenstrecke nach Fahrzeugbewegungen befragt werden.
    An diesem Morgen beherrschte eine ausgeprägte Hochdrucklage das Wettergeschehen. Inzwischen hatte die Sonne den Hochnebel durchdrungen und weitgehend aufgelöst, so dass nur noch ein leichter Dunst über der Winterlandschaft lag.
    Kral, dem jetzt ohnehin nur noch die Rolle des Zuschauers blieb, stapfte bedächtig den Weg entlang in Richtung Wildenau. Die frische Luft würde seinen Bronchien, die sich einfach nicht an die ständige Pfeifenraucherei gewöhnen wollten, gut tun.
    Nach etwa hundert Metern hatte er eine kleine Anhöhe erreicht. Sein Blick glitt über verschneite Felder und Wälder hinüber ins tschechische Asch, von dem allerdings nur der hohe Schornstein der »Tosta« und der wuchtige Bau des Gymnasiums, das man auf die Anhöhe gesetzt hatte, über die die Straße von Asch nach Roßbach führte, wahrzunehmen waren. Irgendwo dort drüben, in der Senke zwischen den beiden markanten Bauwerken, in einem der vielen Puffs, da war sich Kral sicher, würde sich die Lösung des Falls finden lassen.
    Zunächst wusste er die Unruhe, die ihn jetzt überfiel, nicht so recht zu deuten. Aber je länger er in sich hineinhörte, desto stärker nahm er ein Gefühl wahr, das ihn schon oft genug in seinem Leben erfasst hatte: den Wunsch, den gewohnten Trott hinter sich zu lassen und in Nervenkitzlig-Neues vorzustoßen.
     
    Im Feuerwehrgerätehaus traf Kral seine Frau, die von der Polizei entlassen worden war. Die Kälte war inzwischen über Füße und Beine nach oben gekrochen. Deshalb drängte er auf eine rasche Heimfahrt, um mit einem heißen Bad einer Erkältung vorzubeugen.
    Schuster, der auf eine ähnlich Wohltat wohl noch einige Zeit warten musste, zeigte Verständnis und verabschiedete Kral mit einem knappen: »Ich melde mich!«

2
     
    »Jan, Telefon! Kapitän Brückner möchte dich sprechen.« Der Ruf seiner

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