Will Trent 03 - Letzte Worte
einen bestimmten Geruch hervor oder ließ ihm einen säuerlichen Geschmack in die Kehle steigen. Jason Howell war wohl für immer im Pantheon von Wills schlechten Erinnerungen gefangen.
» Doug, noch ein Stückchen nach links « , sagte Charlie. Er hatte den Tatort in drei Bereiche unterteilt: den Flur, Jasons Zimmer und den Waschraum. Sie waren übereinstimmend der Meinung, dass sie im Flur am wahrscheinlichsten etwas fanden. Die hier versammelten Männer hatten nicht aussprechen müssen, wie schwierig es war, in einem Gemeinschaftswaschraum für Jungen nach DNS zu suchen, und Will merkte, dass keiner von ihnen große Lust hatte, auf diesem speziellen Boden herumzukriechen.
Charlie hantierte mit dem Licht auf dem Dreifuß. » Das ist die ME -Red, von der ich dir erzählte habe. «
» Nett. « Will hatte sich bereits die Ohren vollquatschen lassen über die extrem faszinierenden Qualitäten der Mobile Electromagnetic Radiation Emitting Diode, was, soweit Will das beurteilen konnte, nur ein schickes Fremdwort war für ein riesiges Schwarzlicht, das eine größere Reichweite hatte als die Woods-Lampen, die man in der Hand herumtragen musste. Das Licht würde Spuren von Blut, Urin, Sperma oder von allem, was fluoreszierende Moleküle hatte, sichtbar machen.
Für die weniger sichtbaren Spuren hatten Charlie und sein Team den Gang mit Luminol eingesprüht, einer Chemikalie, die auf den Eisenanteil im Blut reagierte. Dank diverser Krimiserien war die Allgemeinheit inzwischen vertraut mit der Wirkung des Luminol. Nie gezeigt wurde allerdings, dass das blaue Leuchten der Spuren normalerweise nur etwa dreißig Sekunden anhielt. Deshalb mussten Kameras mit langer Belichtungszeit benutzt werden, um den Prozess aufzuzeichnen. Charlie hatte solche auf die Dreifüße in allen vier Ecken des Flurs montiert und noch weitere gestaffelt vor der Tür zu Jasons Zimmer. Zusätzlich hatte er die Überwachungskameras wieder nach unten gekippt, um alles in Echtzeit aufzunehmen.
Will stand oben am Treppenabsatz und schaute dem Team bei den letzten Vorbereitungen zu. Er fragte sich, ob der Mörder hier stehen geblieben war, um sich mental auf den Mord vorzubereiten. Es war alles sehr gut durchdacht: durch die Hintertür eindringen, Kameras hochschieben, die Treppe hinaufgehen. Mit der Waffe in der Hand und natürlich mit Handschuhen. Ein vorbereiteter Plan: Jason mit dem Baseballschläger wehrlos machen, ihn zum Bett zerren, mit einer Decke bedecken, wiederholt auf ihn einstechen. Die Decke verstecken, für den Fall, dass ihr verräterische Spuren anhafteten. Die Treppe wieder hinuntergehen, durch die Hintertür verschwinden.
Was ging einem Menschen durch den Kopf, bevor er in ein Zimmer eindrang und dem Bewohner mit einem Baseballschläger den Schädel zertrümmerte? Beschleunigte sich der Herzschlag des Mörders? Verkrampfte sich sein Magen so wie bei Will, wenn er an den grausigen Tatort dachte? Es hatte so viel Blut gegeben, so viel Gehirn und Gewebe war überall im Zimmer verspritzt, dass Charlie und sein Team gezwungen waren, ein Gitternetz auf dem Boden anzulegen, damit sie das Gemetzel überhaupt komplett dokumentieren konnten.
Was für eine Art von Mensch konnte über diesem Bett stehen und ein anderes menschliches Wesen so methodisch vernichten?
Und was war mit dem armen Jason Howell? Lena hatte wahrscheinlich recht, dass der Mörder Jason gut genug gekannt hatte, um ihn zu hassen, ihn zu verachten. In welches Schlamassel war Jason geraten, dass er zum Objekt einer solchen Wut werden konnte?
» Wir sind so weit. « Charlie nahm eine kleine Videokamera zur Hand und zog Will zu Jasons Zimmer. Zu Doug sagte er: » Kümmere du dich um das Licht. « Doug ging die Treppe hinunter, und Charlie erklärte Will, was er vorhatte. » Zuerst schauen wir, was das Luminol zum Vorschein bringt, und dann nehmen wir das Schwarzlicht. «
» Bereit? « , rief Doug.
» Bereit « , gab Charlie zurück.
Es wurde dunkel im Gang. Das Luminol reagierte schnell. Dutzende kleiner Ovale leuchteten blau vor Jasons offener Tür. Wo der Mörder versucht hatte, die Flecken wegzuwischen, waren Schlieren zu sehen, aber das Muster war trotzdem leicht zu verfolgen. Die Tropfen verrieten seine Bewegungen. Nachdem er Jason erstochen hatte, hatte der Mörder das Zimmer verlassen, war auf die Treppe zugegangen, hatte es sich dann anderes überlegt und sich in Richtung Waschraum bewegt.
» Ursprünglich hatte er offensichtlich vorgehabt, die Decke mitzunehmen
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