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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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ein.
    »Weißt du was?«, sagte ich zu ihr. »Ich habe gerade zehntausend Mark verdient.«
    Sie zog unsanft an meinem Arm. »Setz dich wieder auf den Hocker, Georg. Guck mal, ich verdiene nur hundert Mark pro Abend. Und wenn mir dann noch dauernd Leute im Weg stehen …«
    »Pah! Hundert Mark!«, sagte ich.
    »Ich weiß, das ist viel zu wenig. Aber Norbert, der Geizhals, zahlt nicht mehr.«
    Norbert, der hinter dem Zapfhahn stand, machte lange Ohren. »Redet ihr über mich?«
    Ich beugte mich über die Theke. »Ich habe gerade mit einem echten Monsignore gesprochen.«
    Norbert tätschelte meine Hand. »Steht's so schlimm um dich?«
    »Im Gegenteil. Er hat mir zehntausend Mark geboten. Für eine kleine Gefälligkeit.«
    »Wär nicht schlecht, wenn's stimmen würde«, nuschelte er. »Im Schrank liegt ein ganzer Stapel von Deckeln, die du hier gemacht hast.«
    »Morgen Abend«, raunte ich ihm zu, »zahle ich alles. Auf einmal.«
    Norbert sah irgendwie bekümmert aus. Ich fürchtete fast, er glaubte mir nicht. »Willst du noch ein Bier?«
    Ich nickte. Van Morrison, die alte Rockröhre, dröhnte mir die Ohren voll. Es gibt Abende, die sind besser, als man morgens denkt.

II
    Natürlich stand ich viel zu spät auf, nachdem sich der Radiowecker eine halbe Stunde lang vergeblich bemüht hatte, meine Gehirnströme aufzumischen. Nach zwei Aspirin-Ersatztabletten (die billigeren) sah die Welt wieder halbwegs in Ordnung aus, und ich beschloss, dass ein Monsignore auf nüchternen Magen noch schwerer zu ertragen wäre als die Tatsache, dass ich eine geschlagene Viertelstunde zu spät kommen würde. Also stellte ich die Espressokanne auf den Herd und schob etwas Weiches, Gummiartiges in den Toaster, das laut Packungsaufschrift ein Toastbrot sein sollte. Dann stand ich zehn Sekunden vor dem Schrank und überlegte, welche Kleidung für ein Zehntausend-Mark-Quickie in höherem Auftrag angemessen sei. Ich entschied mich für ein beigefarbenes Hemd und meinen dunkelblauen Schlips.
    Das hätte ich besser noch etwas aufschieben sollen, denn nach dem ersten Bissen klebte ein hässlicher Fleck Erdbeermarmelade auf der Krawatte, der durch sofortiges Wischen zwar breiter, aber nicht unbedingt unkenntlich wurde. Doch jetzt war es wirklich zu spät, um den Schlips zu wechseln, zumal ich meinen zittrigen Fingern nicht zutraute, dass sie den schwierigen Knoten innerhalb so kurzer Zeit zweimal schaffen würden.
    Es war eisig kalt an diesem Februarmorgen, aber die Soutane schien ziemlich wetterfest zu sein. So ein dickes, um die Knöchel schlabberndes Ding, das bei den aufgeregten Schritten des hageren Monsignore hin- und herflog.
    »Na endlich!«, rief er, als er mich durch die Gitterstäbe sah. »Kommen Sie! Kommen Sie!«
    Ich öffnete das Tor und betrat den gepflasterten Innenhof. Strafend guckte er auf seine Armbanduhr.
    Ich probierte es mit einer Notlüge: »Ich bitte um Verzeihung, aber ich musste noch Schnee räumen.«
    »Schon gut«, gab er kurz angebunden zurück. »Der Bischof wartet.«
    Dann sauste er die Treppe hinauf, und ich hatte Mühe, mit ihm Schritt zu halten.
    »Der Bischof?«, fragte ich atemlos.
    Seine Mundwinkel zuckten in Andeutung eines Lächelns. »Der Weihbischof.« Während wir an Kreuzigungsbildern im surrealistischen Stil vorbeigingen, klärte er mich auf. »Weihbischof Becker ist für das Administrative zuständig. Er ist für Sie die entscheidende Instanz. Der Bischof selbst ist über die Vorgänge sehr bekümmert, und wir möchten ihn nicht unnötig belasten.«
    Einige Ecken, ein paar geschäftig aussehende Junggeistliche und zwei huldvoll lächelnde Nonnen später klopfte Monsignore Kratz an eine Tür.
    »Herein!«, dröhnte ein Bass aus dem Inneren.
    Kratz schob mich in ein geräumiges Arbeitszimmer, das ganz in unaufgeregtem Braun gehalten war, mit einem überlebensgroßen Porträt von Kardinal von Galen, dem Vorzeige-Anti-Nazi der katholischen Kirche, an der Wand.
    Der Besitzer der Dröhnstimme legte die Tageszeitung, in der er geblättert hatte, beiseite und stand auf. Er war groß und breit, etwas schlanker als Helmut Kohl, aber von ähnlicher Statur. Dichte, weiße Haare wuchsen über dem runden, gar nicht sinnenunfreudigen Gesicht. Was er von dem Fenster hinter seinem Rücken übrig ließ, gestattete den Blick auf eine schneeüberzogene Parklandschaft. Irgendwo da hinten musste die Aa fließen, und im Sommer, bei geöffnetem Fenster, zählte dieser Arbeitsplatz sicher zu den schönsten in Münsters

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