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Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss

Titel: Wilsberg 06 - Schuss und Gegenschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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und die beiden Jugendlichen von oben haben natürlich auch nur das andere Geschlecht im Kopf. Mit einem Wort: Es geht um Liebe, das ewige Thema.«
    »Nicht gerade einfallsreich«, sagte ich, um auch mal was zu sagen.
    »Was verlangst du? Die armen Leute, die sich solche Sendungen angucken, brauchen was Heiteres, das sie von ihrem tristen Alltag ablenkt. Die wollen mitleiden und mitfiebern, weil sie selbst nichts mehr haben, an dem sie sich hochziehen können. He, Rolf!«
    Gemeint war ein Langhaariger im dunkelblauen Rolli, der durchs Bild schlurfte.
    »Ich habe Liebhaber Nummer drei für die Folgen vierzig bis fünfzig. Er sieht ganz passabel aus und hat bis vor Kurzem am Landestheater Detmold gearbeitet.«
    »Er muss ja nicht schauspielern können«, erwiderte Rolf. »Hauptsache, er sieht gut aus und wird beim Sprechen nicht rot.«
    Gabi lachte. »Wir wollen das Niveau doch nicht unter die Grasnarbe senken.«
    Rolf krächzte. »Warum nicht? Merkt doch keiner.«
    Rolf schlurfte weiter, und Gabi erläuterte im Stil einer Fremdenführerin: »Rolf ist der Aufnahmeleiter für die untere Ebene. Ein totaler Defätist, wenn er die Leute nicht antreibt. Aber das kann er gut. Im Moment wird nur auf der oberen Ebene gedreht. Komm, wir fahren mit dem Aufzug hoch!«
    Wir traten auf ein graues Quadrat mit hüfthohem Gitter, das sich per Knopfdruck fast geräuschlos nach oben bewegte. Unterwegs sah ich kurz ein rosafarbenes Plüschzimmer mit großen, klecksigen Bildern an der Wand: das Domizil des schwulen Galeristen.
    Als der Aufzug arretierte, wisperte ein uns empfangendes Mädchen »Aufnahme« und legte theatralisch den Zeigefinger vor die Lippen. Gabi nickte ihr zu, zog mich in Richtung des grellen Scheinwerferlichtes und flüsterte: »Der Ton wird nachträglich synchronisiert, aber es stört natürlich, wenn Leute herumquatschen.«
    Das in seinen Ausmaßen mit den beiden anderen Zimmern identische dritte Wohnzimmer war rustikal eingerichtet: eichenhölzerne Schrankwand mit Fernseher, davor eine schwere Polstergarnitur, auf der sich Vater und Tochter gegenübersaßen.
    »Mit zehn Mark pro Woche komme ich einfach nicht hin«, sagte die Tochter. »Weißt du, was allein der Eintritt für ’ne Disco kostet?«
    »Zu meiner Zeit«, konterte der Vater, »haben die Jungs den Eintritt für die Mädchen bezahlt.«
    Die Tochter verdrehte die Augen. »Zu deiner Zeit haben die Jungs den Mädchen die Türen aufgehalten, haben ihnen den Eintritt für nicht vorhandene Discos bezahlt und sind auch noch für sie in den Krieg gezogen.«
    Der Vater maulte: »Das hat gar nichts miteinander zu tun. Im Krieg war ich noch ein Kind, wie du dir ausrechnen kannst.«
    »Okay, okay«, gab die Tochter taktisch nach. »Krieg ich nun die zwanzig Mark?«
    Seufzend griff der Vater zu seiner Brieftasche.
    Gabi hatte in der Zwischenzeit mit einem Typ konferiert, der ein Stirnband und eine abgewetzte, bunt gescheckte Jacke trug. Offensichtlich der Regisseur, denn er klatschte jetzt in die Hände und rief: »So, das Ganze noch mal! Wir drehen sofort den Gegenschuss.«
    Die Kamera wurde herumgefahren, und Gabi kam zu mir zurück. Sie wirkte angespannt. »Du hast gesagt, du bist meinetwegen hier. Gibt es einen besonderen Grund?«
    Jemand brüllte: »Achtung, Aufnahme. Ruhe bitte! Dreifünfzehndiezweite.« Eine Klappe knallte.
    Gabi bugsierte mich hinter eine Pappwand. »Also?«
    »Mich treiben immer noch die Verbrechen im Gallitzin um. Ich glaube nicht, dass Charly Rommersberger der Täter ist.«
    Sie stöhnte. »Ach das! Ich habe die Geschichte beinahe verdrängt. Das war wirklich der absolute Tiefpunkt. Sag bloß, du schnüffelst weiter herum? Bezahlt dich jemand dafür?«
    »Becher«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich konnte ihn davon überzeugen, dass der Täter frei herumläuft.«
    Gabi schüttelte den Kopf. »So ein Quatsch. Hör mal, Georg, wenn du Arbeit brauchst, ich könnte dir einen Job als – sagen wir – Sicherheitsexperte des Studios besorgen.«
    »Nein, danke, ich komme schon zurecht. Auch wenn es mich wurmt, dass ich die Hotelrechnung abstottern muss.«
    Ihr Parfüm benebelte meine Sinne, als sich unsere Nasen fast berührten. »Georg, schick mir die Rechnung! Ich bezahle sie. Das muss allerdings unter uns bleiben. Es tut mir leid, dass das für dich so beschissen gelaufen ist.«
    »Hast du etwas dagegen, mir ein paar Fragen zu beantworten?«
    Ihr Kopf ruckte zurück. »Nein.«
    »Dazu muss ich allerdings etwas ausholen. Erinnerst du dich an

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