Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
und wehe dem Glöckner selbst, wenn er das Seil nicht schnell genug losließe!
Beim WECHSELLÄUTEN (change-ringing) kommt es darauf an, die Glocken jedesmal in einer anderen Reihenfolge erklingen zu lassen, ohne daß sich eine Folge wiederholt. Bei einem Dreiergeläute gibt es zum Beispiel folgende Variationsmöglichkeiten:
Man beachte, daß hier keine Glocke mehr als einen Schritt vor- oder rückwärts geht. Diese Art nennt man JAGEN
(hunting).
Die Zahl der möglichen Variationen oder Wechsel richtet sich nach der Zahl der Glocken. Sie beträgt bei
3 Glocken: 1• 2 • 3 = 6 Wechsel
5 Glocken: 1 • 2 • 3 • 4• 5 = 120 Wechsel
8 Glocken: 1 • 2 • 3 • 4 • 5 • 7 • 8 = 40320 Wechsel
Die einzelnen Methoden des Wechselläutens heißen je nach der Zahl der dabei eingesetzten Glocken: Singles (4 Glocken), Doubles (5), Minor (6), Triples (7), Major (8), Caters (9), Royal (10), Cinques (11), Maximus (12).
Ein Läuten mit über 5000 Wechseln ist ein ZYKLUS (peal), mit weniger als 5000 Wechseln ein SATZ (touch). Ein DURCHGANG (course) ist der Abschnitt, in dem jeweils eine Glocke die Leitglocke ist, nach der sich die andern richten.
Es läßt sich denken, daß man die vielen Wechsel eines Satzes oder Zyklus nur fehlerfrei durchläuten kann, wenn man einem System folgt, und immer wieder haben mathematisch begabte Campanologen sich darangemacht, solche Systeme zu erarbeiten. Sie tragen klingende Namen wie Treble Bob, Grandsire und Stedman. In diesen Systemen wird genau vorgeschrieben, wann welche Glocke in FÜHRUNG (lead) geht, in die JAGD (hunt) gerufen wird, eine andere Glocke SCHNEIDET oder ÜBERHOLT, einen SEITENSPRUNG macht, HINEINGEHT oder HERAUSKOMMT, recht-, fehl- oder HEIMgeschickt wird. In Lehrbüchern kann man nachlesen, was ein SCHERSCHRITT (bob) oder KREUZSCHRITT (single) ist bzw. was man unter LANGSAMEM Werken (slow work) und SCHNELLEM Werken (quick work) zu verstehen hat. Der Leser möge hier allerdings nicht nach dem Sinn dieser Bezeichnungen fragen; das Studium der Campanologie erfordert Jahre.
Wenn man eine Glockenkomposition, hier zum Beispiel nach dem System Kent Treble Bob Major, niederschriebe, sähe das so aus (man verfolge am besten den Lauf einer Glocke, zum Beispiel der 8):
Die Läufe der einzelnen Glocken sind genau festgelegt. Dieser Umstand gewinnt an einer Stelle des Buches Bedeutung, und der Leser, der es nicht weiß, könnte sich leicht in einer absurden Theateraufführung wähnen.
Übrigens: Mindestens einmal in neuerer Zeit hat eine achtköpfige Glöcknermannschaft einen Zyklus Bob Major mit sämtlichen 40320 Wechseln pausenlos und fehlerfrei durchgeläutet. Sie brauchte dafür 17 Stunden, 58 Minuten und 30 Sekunden. Über solche Rekorde führt die Campanological Society of Great Britain getreulich Buch, und Schiedsrichter wachen darüber, daß alles mit rechten Dingen zugeht. O sportliches England!
Otto Bayer
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