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Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten

Titel: Wimsey 16 - Mord in mageren Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers & Jill Paton Walsh
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religiösen hatte ich furchtbare Umstände; anscheinend ist dieses Jahr zwischen Exponaten aus dem Britischen Museum und diesen sentimentalen, modernen Motiven mit der Muttergottes und Engeln – gertenschlank, hager und drei Meter groß – nichts zu kriegen. Wie dumm auch anzunehmen, Kinder würden Knäblein mit Flügeln oder umherschweifenden Scharen von niedlichen kleinen Jungs und Mädchen etwas abgewinnen können. Zumindest weiß ich, dass meine Kinder nur immer Geschichten von normal Großen hören und sehen wollten, ob Ritter, Edelmänner oder Piraten, und mit ihren Puppen und anderen Spielsachen war es genau das Gleiche – ich nehme an, das gab ihnen das Gefühl, erwachsen zu sein, und hat ihren Minderwertigkeitskomplexen entgegengewirkt.
    Nur die Erwachsenen wollen, dass Kinder Kinder sind; die Kinder selbst wollen immer richtige Menschen sein … vergiss das bitte nie, meine Liebe. Aber ich weiß schon, das wirst du nicht, du findest ihnen gegenüber ja immer den richtigen Ton, sogar deinem eigenen Bredon gegenüber – bist ihnen sozusagen mehr Freundin denn Mutter. Dieser ganze Kult, sie so lange wie möglich klein zu halten, ist ein einziger widernatürlicher Unsinn; kein Wunder, dass die Welt immer mehr verdummt. Ach Gott! Wenn ich da an einige der elisabethanischen Wimseys denke: Der dritte Lord Christian zum Beispiel beherrschte mit elf vier Fremdsprachen, hatte mit fünfzehn Oxford abgeschlossen, heiratete mit sechzehn, und im Alter von dreißig Jahren hatte er es zu zwei Ehefrauen und zwölf Kindern gebracht (nun, zweimal Zwillinge, aber immerhin), wobei er noch einen Band Elegien und eine gelehrte Abhandlung über Leviathane herausgebracht hat. Ich nehme an, es wäre noch weit mehr von ihm zu erwarten gewesen, wäre er auf Drakes erster Fahrt nach Westindien nicht von Wilden umgebracht worden. Manchmal denke ich, unsere jungen Leute heute fangen nicht genug mit ihrem Leben an. Allerdings hat der junge Jerry, wie ich höre, letzte Woche einen deutschen Bomber abgeschossen, und das ist schon was, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass er es in Sprachen oder was Leviathane betrifft sehr weit bringen wird. Wo wir gerade bei der Literatur sind: Neulich klagte mir die junge Frau in der Bücherei ihr Leid, dass sie sich mit manchen Lesern keinen Rat mehr wisse. Wenn die nicht bei jedem Besuch ein soeben frisch erschienenes Buch vorfänden, gebe es ein schreckliches Gemurre und es sei ausgeschlossen, dass sie sich zur Ausleihe von etwas auch nur ein paar Monate Altem bequemten, selbst wenn sie es noch gar nicht gelesen haben, was einem doch wohl recht verrückt vorkommen muss. Anscheinend verbringen sie ihre Zeit mit dem Versuch, das Übermorgen einzuholen – soll das Einsteins Einfluss sein? Die Bibliothekarin fragte mich, wann denn der nächste Krimi von Harriet Vane herauskommt. Ich antwortete ihr, dass du der Ansicht seist, die Diktatoren unternähmen schon genug in dieser Richtung, aber sie erklärte, gerade von denen suchten ihre Leser Ablenkung, wobei ich allerdings nicht verstehe, wie das ausgerechnet mit Mord und Totschlag gehen soll – da müssten sie doch eigentlich erst recht an sie denken. Vermutlich reden sich die Menschen gerne ein, dass der Tod nur in Büchern vorkommt, und wenn man es sich recht überlegt, ist das wohl auch ihre Haltung gegenüber der Religion, daher die kitschigen Weihnachtskarten. Eine Auswahl erlesener Morde werde ich dennoch den braven Männern zukommen lassen, die sich mit Sperrballons und bei ähnlichen Aufgaben so schrecklich langweilen. Wie öde muss das für die Armen sein, und niemand scheint sich sonderlich für sie zu interessieren. Romantischer freilich wäre es, ein Päckchen für die Männer in Übersee zu packen, aber da draußen fühlt man sich wohl kaum so mutterseelenallein wie auf Nachtwache unter einem Sperrballon im dunkelsten England.
    Apropos dunkelstes England, was man sich an den Geschäften abends wünschen würde, wäre nicht bloß ein Schild «Geöffnet», sondern irgendein Hinweis darauf, was es drinnen gibt. Ein bisschen Beleuchtung der Ware ist erlaubt, aber im Vorüberfahren kann man unmöglich erkennen, ob es sich bei der Ansammlung verschwommener Umrisse um Zigaretten handelt oder um Schokolade oder Rosinenbrötchen oder ein Radiogerät; und «J. Blogg» oder «Pumpkin und Co.» helfen einem dann auch nicht viel weiter, sofern man nicht ohnehin weiß, was Blogg oder Pumpkin anzubieten haben.
    Meine Liebe, jetzt enthält dieser Brief

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