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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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uns erschöpft auf einer der steinernen Bänke nieder.
    »Meinst du, wir sind hier sicher?«, flüsterte sie, nachdem sie ein wenig zu Atem gekommen war.
    Ich wusste, dass dieses Versteck schnell zu einer tödlichen Falle werden konnte, sollte jemand unsere Flucht beobachtet haben, aber ich wollte sie nicht noch mehr beunruhigen.
    »Leise«, warnte ich, und im selben Moment hörte ich ein Rascheln und leichte Fußtritte. Die eine Hand fest um mein Messer gelegt, bedeutete ich ihr mit der anderen, still zu sein.
    Ängstlich flüsterte Mary: »Er kommt auf direktem Wege hierher.«
    Damit bestätigte sich meine Befürchtung. Wer auch immer da kam, er musste sich im Irrgarten auskennen.
    »Vielleicht ist es ja ein MacCoinnaich, der uns retten will.«
    Das glaubte ich nicht, denn die fürchterlichen Geräusche, die vom Schlachtfeld bis in unser Versteck drangen, hatten sich wenig verändert. Unter die gebellten Befehle mischten sich immer häufiger Schmerzensschreie der Verletzten, und über allem schwirrte das Klirren zahlloser Klingen, die wütend aufeinandertrafen.
    Auf keinen Fall wollte ich abwarten, bis wir entdeckt wurden. »Wir müssen weiter«, flüsterte ich und sah mich ängstlich um, bevor ich Mary folgte, die zielstrebig eine von drei Abzweigungen wählte. Ich konnte nur hoffen, dass sie wusste, was sie tat. In diesem Labyrinth wäre ich allein hoffnungslos verloren gewesen.
    Unterwegs hatte sie den übrig gebliebenen Pantoffel ausgezogen und hielt ihn wie eine Waffe in der kleinen Faust. »Es gibt einen zweiten Ausgang«, keuchte sie, während wir um die nächste Ecke hasteten.

    Nicht zum ersten Mal verfluchte ich die weiten Röcke, die mich beim Laufen behinderten. Dabei musste es Mary noch viel schlimmer ergehen, denn sie schleppte kiloweise Walknochen, steifes Leinen und wer weiß was noch für schwere Materialien in ihrem Reifrock mit, der außerdem fürchterlich sperrig war und sich unentwegt in den Zweigen verfing. Wieder einmal blieb sie an einem Kreuzweg stehen und zerrte schwer atmend an dem widerspenstigen Stoff, da dröhnte hinter uns eine bekannte Stimme: »Wen haben wir denn da? Wenn das nicht die Huren der feinen MacCoinnaich-Brüder sind.«
    Noch bevor ich mich umdrehte, wusste ich, wer uns verfolgte: »William Mackenzie, du Verräter!«
    Anstelle einer Antwort packte er grob meinen Arm und hielt mir sein Schwert an den Hals. »Jetzt bekomme ich endlich, was mir zusteht!« Lüstern starrte er mich an.
    Der Kerl stank so sehr, dass ich ihm wahrscheinlich auf seinen Kilt gekotzt hätte, wäre mein Hals nicht vor Angst wie zugeschnürt gewesen. Vergeblich versuchte ich, mich aus seinem Griff zu befreien.
    »Ja, wehr dich nur, ich mag es, wenn die Weiber ordentlich strampeln!« Er keuchte, als er in mein Mieder griff und daran zerrte.
    »Mary, lauf!«, schrie ich, und William gab im selben Moment den Versuch auf, sich einhändig einen Weg zu seinem Ziel zu bahnen. Er stieß mich brutal zu Boden.
    Im Fallen konnte ich Mary nirgendwo mehr erblicken und hoffte, dass sie sich in Sicherheit bringen würde. Mir selbst räumte ich wenig Chancen ein, dem scheinbar Unvermeidlichen zu entgehen, das Schwein war einfach zu kräftig. Er hielt mich mit einer Hand am Boden fest und presste mir dabei fast
die Atemluft ab, während er sich schwer auf mich warf und mit seinen dreckigen Händen zwischen meine Beine griff, die er trotz meiner erbitterten Gegenwehr blitzschnell freigelegt hatte.
    Über mir tauchte sein stinkendes Maul auf, und der faulige Atem traf mich erneut wie ein Schlag ins Gesicht. Angeekelt schloss ich die Augen. Ich glaube, das war der Augenblick, in dem ich mich aufgab. Er würde sich nehmen, was er wollte, und je mehr ich mich wehrte, desto länger würde er dafür brauchen.
    Als William spürte, wie ich unter ihm erschlaffte, grunzte er enttäuscht: »Beweg dich!«
    Doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht, denn selbst wenn ich das Grauen überleben sollte, konnte ich froh sein, wenn ich nicht anschließend an den Verletzungen, die er mir zweifellos in seiner Gier zufügen würde, stürbe.
    »Ich besorg’s dir auch so, Luder!« Er fummelte unter seinem Kilt herum, und genau in diesem Augenblick stieß ich mit der rechten Hand an etwas Hartes: das Messer! Es war mir bei seinem ersten Angriff unglücklicherweise aus der Hand gefallen, doch jetzt schlossen sich meine Finger blitzschnell um den Griff, mein Überlebensinstinkt setzte sich gegen alle Ängste durch, und ich stieß mit aller Kraft

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