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Wind Der Zeiten

Wind Der Zeiten

Titel: Wind Der Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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sterben. Die ältere Stimme klingt, als wende sie sich bei diesen Worten zum Gehen.
    Bestimmt werde ich ihn nicht so einfach liegen lassen!

    Ich möchte ihr sagen, dass sich die Mühe nicht lohnt. Das Leben hat mich erschöpft, ich bin müde. Aber kein Hauch kommt über meine Lippen.
    Gib ihm wenigstens eine zweite Chance , bittet sie.
    Du bist ein Quälgeist!
    Sie lacht perlend, als habe er ihr ein Kompliment gemacht, wird aber rasch wieder ernst: Haben die MacCoinnaichs uns nicht immer respektiert? Und dieser Mann musste darunter leiden, dass sie ihn für einen von uns hielten.
    Allerdings , denke ich bitter.
    Mit dem Clan und seinen Menschen überlebt auch ein Teil von uns. Wir müssen es wenigstens versuchen!
    Ich weiß, dass diese Korri gewonnen hat, bevor der Mann antwortet: Also gut. Du sollst deinen Willen haben. Er wird weiterleben, und wenn die Zeit reif ist, wird er zurückkehren dürfen und seine Chance erhalten. Danach höre ich ihn davonreiten.
    Eine kühle Hand legt sich auf meine Stirn. Mein Körper erbebt und vibriert, als wollte der Wahnsinn von ihm Besitz ergreifen. Die Hand bleibt ruhig liegen, fast wie ein Anker im wogenden Chaos. Schließlich lässt das Zittern nach, und zu meiner großen Verwunderung sind auch die Schmerzen verschwunden. Vorsichtig öffne ich die Augen. Vor mir kniet kein Teufel, sondern eine bezaubernde Frau. Blondes Haar ergießt sich über das helle Kleid wie die Wellen eines munteren Bachs, und ihr Lächeln erwärmt meine Seele. Ich kann den Blick kaum von den irisierenden Augen wenden. Alle Farben dieser Erde verbinden sich darin zu einem wirbelnden Violett, das die Essenz des Seins besser widerspiegelt, als alle philosophischen Abhandlungen der Menschheit es vermocht hätten.
    Pst! Sie legt den Zeigefinger auf die Lippen und beugt sich weiter vor. Hör genau zu: Eines Tages wirst du wissen, dass es so
weit ist, hierher zurückzukehren und den Faden des Schicksals wieder aufzunehmen. Bis dahin darfst du nie den Glauben an uns verlieren und niemals dein Land vergessen.
    »Wie lange …?« Meine Stimme gehorcht mir nicht.
    Sie lacht und springt auf. Ach, länger als ein paar Hundert Jahre hat er noch niemanden warten lassen. Keine Sorge, ich werde auf dich achtgeben , ruft sie über die Schulter, winkt mir noch einmal zu und verschwindet im Wald.
     
    Am nächsten Morgen erwachte ich mit scheußlichen Halsschmerzen. Der Traum hing wie Rauch in meiner Seele und wollte mich nicht loslassen. Alpträume hatten das so an sich.
    Als ich wenig später in den Spiegel sah, erwartete ich unbewusst, in violette Augen zu blicken, denn ich hatte das Gefühl, nicht allein zu sein. Stattdessen fand ich dunkle Blutergüsse rechts und links meiner Kehle. Der gellende Schrei hätte auch den letzten MacCoinnaich aus dem Schlaf gerissen, wäre ein einziger Laut über meine weit geöffneten Lippen gedrungen. Doch ich blieb stumm. Meine Stimme hatte mich verlassen.
    Alan war dennoch sofort bei mir, als habe er meine Panik gespürt. Sanft strich er mir über das im unruhigen Schlaf zerwühlte Haar. Dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab, und ich hätte schwören können, dass über Nacht neue Linien zu den zarten Fältchen in seinen Augenwinkeln hinzugekommen waren.
    »Deine Stimme wird bald wiederkehren«, versuchte er mich zu beruhigen. Er bemühte sich um ein Lächeln, doch die Sorge blieb. »Inzwischen genieße ich es einfach, dass du mir einmal nicht widersprechen kannst.« Das war typisch, er versuchte, mich aufzuheitern, während ihn deutlich etwas quälte.
    Anstatt zu lachen, verzog ich das Gesicht, und mir brannte
der Hals, als hätte ich einen Eimer Säure getrunken. Ich verfluchte den Zustand meiner Kehle, weil ich ihm unbedingt von dem Traum erzählen wollte. Ich war überzeugt, dass sich mir heute Nacht das Geheimnis unserer Zeitreise offenbart hatte.
    »Dolina schickt dir Wasser und frische Kleider herauf, danach werden wir mit unseren Gästen frühstücken.« Auf meine fragend erhobenen Augenbrauen reagierte er mit einem Lächeln. »Heute ist Mittsommer, und ich denke gar nicht daran, mir von ein paar dahergelaufenen Vasallen des Hannoveraners das Fest verderben zu lassen.«
    Da war er wieder, der unbeugsame Wille, der ihn zu einem großartigen Chieftain machte. Er erwiderte mein Lächeln und küsste mich sanft auf die geschwollenen Lippen. »Sie haben sich schließlich ergeben. Das Feuer im Dorf war tatsächlich nur eine Finte, und es ist nichts zerstört worden, was

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