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Wintermörder - Roman

Titel: Wintermörder - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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Sie hielt die Ungewissheit nicht aus. War Frederik in diesem Haus? War er nur wenige Meter von ihr entfernt? Ihr wurde zum ersten Mal wirklich bewusst, dass sie sich in einem fremden Land befand, in einem leer stehenden Haus auf der Suche nach ihrem Sohn. Niemand wusste, wo sie war.
    Angestrengt lauschte sie. Die Stimmen kamen aus dem Kamin. Doch ihr Herz hämmerte so laut, dass das Geräusch wieder verschwand.
    Sie legte das Ohr an die Wand.
    Stille.
    Hatte sie sich getäuscht?
    Wieder dieses Raunen von oben.
    Vielleicht der Wind.
    Kamine in alten Häusern zogen den Wind an.
    Tatsache war, dass sich vor dem Fenster kein Ast bewegte, kein Zweig. Es war völlig windstill.
    Sie verließ die leer stehende Wohnung und eilte die Treppe hoch.
    Die Steintreppe verschluckte ihre Schritte.
    Im obersten Stockwerk gab es nur eine Wohnungstür.
    Sie stand offen, und jetzt hörte sie es wieder. Jemand sang oder sprach? Sie konnte es nicht wirklich unterscheiden.
    »Herr Matecki, sind Sie das?« Und als niemand antwortete: »Hallo.«
    Ihre Stimme klang heiser.
    Sie war wie eine Marionette, die von einer starken Kraft gelenkt wurde.
    Unwillkürlich griff ihre Hand nach der Waffe in ihrer Tasche. Das Denken war ausgeschaltet — was blieb, war der Instinkt und die Hoffnung. Sie brachte sie dazu, Frederiks Namen zu rufen. Nein, sie rief nicht, sie flüsterte. Tagelang hatte sie vermieden, ihn zu nennen. Sie hatte von ihrem Sohn, ihrem Kind gesprochen, doch jetzt konnte sie sich nicht mehr zurückhalten und schrie seinen Namen wieder und immer wieder. »Frederik! Frederik, bist du hier?«
    Plötzlich stand Matecki vor ihr.
    »Gott sei Dank«, sagte sie. »Sie haben ihn gefunden.«
    Sie war sicher, dass es Frederiks Stimme war, die sie aus dem hinteren Teil der Wohnung hörte. Sie drängte sich an Matecki vorbei in die Wohnung, aus der ihr eine feuchte Wärme entgegenschlug. Ihre Augen begannen zu tränen.
    Sie riss eine Tür nach der anderen auf, bis sie plötzlich eine kleine Gestalt in der Ecke eines dunklen Zimmers sitzen sah.
    »Frederik?«
    »Mama!«
    O Gott, ja. Es war Frederik. Sie hatte ihn gefunden.
    Er wollte aufspringen, doch sie fiel vor ihm auf die Knie und riss ihn an sich. Ihre Hände krallten sich in seinen Pullover. Ihre Arme umklammerten ihn.
    Sie würde ihn nie wieder loslassen.
    Sie könnte sich nie wieder von ihm lösen.
    Sie wiederholte immer wieder seinen Namen.
    Frederiks schmaler Körper wurde in ihren Armen leicht. Ein kleines Bündel hing an ihrem Hals und weinte. »Endlich bist du da. Er hat es mir immer wieder versprochen, aber ich habe nicht mehr daran geglaubt.«
    »Geht es dir gut?«, fragte Denise. »Geht es dir wirklich gut?«
    Sie löste sich kurz von ihm. Ihre Hände tasteten sein Gesicht ab, strichen durch seine Haare.
    »Ja«, antwortete er. »Aber ich habe dich vermisst. Ich habe nicht mehr geglaubt, dass du kommst.«
    »Du weißt doch, ich gehe für dich bis ans Ende der Welt.«
    Sie küsste ihn.
    »Lass uns nach Hause gehen«, sagte sie, nahm ihn wieder in die Arme und hielt ihn fest, bis er vor Schmerz aufschrie.
    Er machte sich los, und sie schaute sich im Zimmer um.
    Das Erste, was ihr auffiel, war der süßliche Geruch nach Urin, der sich in der Hitze des Zimmers ausbreitete. Die Wärme kam aus einem Holzofen, der auf der linken Seite stand, dort, wo Frederik gesessen hatte. Dann hörte sie jemanden laut atmen. Sie drehte sich in Richtung des Bettes, das in der Mitte des Raums stand und in dem jemand lag, der die Augen nicht von ihr ließ.
    Sie erhob sich und trat an das Bett.
    »Sind Sie Sophia Fuchs?«
    »Zofia Lisowska.« Die Worte quälten sich aus dem Mund, als würde jeder Laut, den sie erzeugte, ihr Schmerzen bereiten.
    Ein altes Gesicht. Eingefallen und krank. Nur die Augen schienen noch lebendig zu sein.
    Es ist ein Irrtum, dachte Denise, dass du aus den Linien der Hand das Schicksal lesen kannst. Es ist das Gesicht, das Gewinn und Verlust aufzeichnet.
    Matecki kam von hinten und trat an das Bett. Mit geübten Handgriffen begann er, die alte Frau umzulagern. An seinen Bewegungen erkannte sie, dass er diese Arbeit gewohnt war. Dann nahm er den Becher vom Tisch, tauchte ein Tuch hinein und kühlte die Stirn der Frau.
    Dass er auch das nicht zum ersten Mal machte, diese Erkenntnis traf sie wie ein Schlag.
    Er sah ihren Augen an, dass sie es wusste.
    Matecki.
    Der Name brannte sich in ihr Gehirn.
    Der Polizist.
    Dem jeder vertraut hatte. Sie erkannte es an seinen Augen, dem zufriedenen

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