Wir beide nahmen die Muschel
Dessert. Es war schon 0:15 Uhr
als wir zu Bett gingen. Unsere Omas lagen im tiefen Traum, so war jedenfalls
unsere Meinung, bis wir bemerkten, dass sie uns im Dunkeln beobachteten. Uns
war es egal, wir wollten nur noch schlafen. Durch unseren Besuch der Abendmesse
waren wir heute nicht mehr zum Packen gekommen, wir würden aber morgen genügend
Zeit dafür haben. Helga war nach wenigen Minuten eingeschlafen, ich hatte damit
meine Probleme, ein voller Bauch schläft nicht gerne. Irgendwann ging auch ich
ins Reich der Träume. Schon um 1:30 Uhr wurde ich wach. Die ältere Oma packte
alle ihre Sachen auf das obere Bett. Jedes Teil hatte sie mehrmals
zusammengefaltet. Dann füllte sie aus einer Zweiliterflasche Sprudel in eine
kleinere Flasche. War diese voll, schüttete sie ihn wieder zurück. Dies
wiederholte sich mehrmals. Nun fing sie wieder mit ihren Kleidern an. Die ganze
Zeit unterhielt sie sich mit sich selbst, es war zum Verrücktwerden. Ich
zischte einmal sehr laut, aber sie reagierte nicht darauf. Ich lag danach noch
lange wach, nur Helga ließ sich in ihrem Schlaf nicht stören. Um 3:45 Uhr lief
bei den Omas ein Wecker ab. Das durfte es doch nicht geben, wollten diese
Quälgeister denn überhaupt keine Ruhe geben? Sie ließen ihn so richtig lange
klingeln. Endlich stand die Ältere auf, öffnete die Saaltüre und das Flurlicht
leuchtete herein. Nun ging sie von Bett zu Bett und sprach mit sich selbst. Ich
habe noch einmal kräftig gezischt, aber sie hat nicht darauf reagiert. Dann
weckte sie ihre Partnerin und es wurde ausgiebig gequatscht. Soll ich mich beim
Nachtwärter über die Beiden beschweren? Ach was soll’s, es ist unsere letzte
Nacht, sollen sie morgen andere ärgern. Die Ältere packte lange an ihrem
Trolley und zog ihn dann in den Flur. Danach packte sie noch eine Tasche. Um
5:15 Uhr zog sie los und ließ ihre Jacke hängen. Ich hätte gern gewusst, wohin
sie um diese Zeit ging, Busse fuhren um diese Uhrzeit noch nicht. Ich versuchte
noch einmal einzuschlafen, hoffentlich verschlafe ich mich morgen nicht.
Flug Palma — Düsseldorf
Dienstag,
den 21. Juni 2011
N ach dieser
turbulenten Nacht packte auch die zweite Oma am frühen Morgen ihren Trolley und
verschwand ohne uns zu beachten. Endlich hatten wir unsere Ruhe. Platz hatten
wir jetzt genug. Wir haben zuerst einmal alle Sachen auf vier Betten ausgelegt
und nach und nach in unseren Rucksäcken verstaut. Viel zu viel Gepäck hatte
sich in den zehn Wochen angesammelt. Besonders Helga hatte richtig zugelangt.
Wir konnten es drehen und wenden, es passte nicht alles in unsere Rucksäcke
hinein. Zwei große Tragetaschen füllten wir noch. Zum Glück brauchten wir es
nicht weit zu schleppen, der Flughafenbus hielt genau gegenüber unserer
Albergue. Um 10:00 Uhr waren wir endlich fertig und konnten frühstücken. Wir
waren noch die einzigen im Haus. Endlich war es so weit, es wurde Zeit für den
Bus. Pünktlich um 14:15 Uhr fuhr er uns zum Flughafen. Wir standen mit all
unserem Gepäck, wie die Heringe in der Tonne, so überfüllt war er. Bei der
Ankunft packten wir alles auf einen Wagen und steuerten im Gebäude eine freie
Stelle an. Zehn Wochen hatten wir unsere Stoffsäcke mitgeschleppt, nun waren
wir froh, sie zu haben. Vorsichtig steckten wir die Rucksäcke hinein und
füllten sie mit den restlichen Kleidungsstücken aus unseren Tragetaschen auf.
Wir stellten uns in der langen Warteschlange an und checkten ein. Um 17:15 Uhr
sollte die Maschine starten, leider verzögerte er sich um 45 Minuten. Das
gleiche bei der Zwischenlandung in Palma. Um 22:45 Uhr sollten wir in
Düsseldorf landen, hier kamen wir erst wenige Minuten vor elf Uhr an. Über eine
halbe Stunde standen wir am Laufband, bevor das erste Gepäckstück kam. Bis wir
endlich unseres hatten, war es schon kurz vor Mitternacht. Für Mia und Julia
war es eine sehr lange Wartezeit. Endlich konnten sie Helga in die Arme
schließen. Wir waren wieder zuhause und konnten es noch gar nicht glauben. Wir
beide haben uns unseren Traum erfüllt und waren mehr als tausend Kilometer
gegangen, um das Grab des Heiligen Apostels Jakobus zu besuchen. Wir haben
bewusst in den zweieinhalb Monaten auf jede Weltnachricht verzichtet, wir haben
nur für unser Ziel gelebt und es nicht bereut. Jetzt, da ich wieder zuhause
bin, kommt bei mir etwas Wehmut auf, denn es war eine sehr schöne und
erfahrungsreiche Zeit auf dem »Jakobsweg«. Wir werden diese Zeit nie in unserem
Leben
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