Wir sind nicht schwul (German Edition)
pervers hältst du mich eigentlich?“
„Wo ist Ryuu?“ Ich starre Akio an und lasse ihn nicht aus den Augen. Ich werde nicht locker lassen, bis er endlich damit heraus rückt.
„In psychologischer Behandlung. Ihn hat die Sache schwer mitgenommen. Er hat vor Angst um dich gekotzt und in den paar Tagen unnatürlich viel an Gewicht verloren. Er ist zur Zeit ziemlich schwach und hat es deshalb nicht geschafft, dich im Krankenhaus zu besuchen. Er meinte, er könnte es nicht ertragen, dich so zerstört zu sehen, ohne zu wissen, ob du dich jemals wieder davon erholen wirst. Langsam frage ich mich aber, ob auch er sich jemals wieder davon erholen kann. Nachdem du nicht zu Mikages Beerdigung gehen willst, kannst du das sicher gut nachvollziehen, oder?“
Nachdenklich nicke ich. Er hat recht.
„Ich werde übrigens zur Beerdigung gehen. Möchtest du, dass ich Mikage irgendetwas für dich ausrichte?“ Das gibt mir tatsächlich zu denken. Gibt es noch irgendetwas, das ich Mikage sagen möchte?
Eigentlich … nicht.
Dadurch, dass ich ihm ohne zu überlegen in den Tod folgen wollte, habe ich ihm schon genug gesagt.
„Nein. Nur, wenn du seine Eltern siehst, … könntest du … könntest du ihnen ausrichten, dass ich alles versucht habe, um ihn zu retten? Ich habe alles versucht … alles … und sag ihnen, dass es mir leid tut, dass ich es nicht geschafft habe. Und dass ich … dass ich es nicht fertig bringen werde, jemals direkt mit ihnen zu sprechen. Ich kann einfach nicht. Nicht, weil sie wahrscheinlich denken, dass ich an seinem Tod schuld bin“, schniefe ich. Tsuto wischt mir sanft mit einem Taschentuch die Tränen von den Wangen.
Die Tür geht auf und eine Schwester kommt herein.
„Oh, Sie sind ja wach. Wie geht es ihnen? Ist Ihnen schwindlig?“ Sie wartet erst gar nicht auf eine Antwort und taxiert Tsuto mit skeptischen Blicken. „Strapazieren Sie die Dame nicht zu sehr, hören Sie? Sie hat viel durchgemacht und bräuchte eigentlich Ruhe. Ich werde einen Arzt kommen lassen, der mit Ihnen die Lage bespricht.“
Sie kontrolliert noch das Kabelzeug, an dem ich hänge und geht dann wieder.
Der Arzt macht ebenfalls nicht viel. Er meint, dass sie meinen Magen ausgepumpt und mich entgiftet haben. So nebenbei erwähnt er noch, dass ich zwar Unfug angestellt hätte, die Dosis aber zu gering war, um mich umzubringen. Fürs Protokoll und einen möglichen Zweitversuch werde ich mir das merken.
Außerdem merkt er an, dass ich einen Psychiater aufsuchen soll, am besten noch bevor ich nach Österreich zurückkehre. Und dann erwähnt er noch die unmenschlich hohen Kosten, die mein dummer Spaß verursacht hat, die ein gewisser Herr namens Matsumoto Ryuu tragen wird und der, darüber hinaus, bereits die nötigen Formulare ausgefüllt und unterschrieben hat.
Natürlich hat er das.
Es hätte mich schwer gewundert, wenn dem nicht so gewesen wäre.
Zum Schluss sagt er mir noch, dass ich noch vier weitere Tage im Krankenhaus bleiben soll – lediglich zur Kontrolle – und dann dürfte ich gehen. Allerdings wurde ich dazu verpflichtet, einen Nachweis zu bringen, dass ich einen Psychiater aufgesucht habe, der mich bis zu meiner Heimreise jeden Tag betreuen wird. Aber ich hätte auch ohne einer Verpflichtung einen aufgesucht. Tsuto bot mir sofort an, mich zu begleiten, wenn ich das möchte.
Ich habe abgelehnt.
Für die nächsten vier Tage hat GierO alle Konzerte abgesagt, damit Tsuto bei mir sein kann. Er hat sich ein zweites Bett in mein Zimmer stellen lassen, weil die Ärzte absolut dagegen waren, dass er in meinem Bett übernachtet – und trotzdem hat er sich Nachts immer wieder zu mir geschlichen, um mich zu trösten. Die anderen von GierO lassen es sich natürlich nicht entgehen, mich ebenfalls im Krankenhaus zu besuchen. Puka bringt mir im Namen aller sogar weiße Schokolade und Blumen mit. Wir reden nur wenig über den Vorfall und sie versuchen stetig, mich aufzumuntern.
Sie erzählen von ihren Fortschritten und außerdem spielen sie mir das Lied vor, das Kurenai mir versprochen hatte. Erinnert ihr euch daran? Ich hatte es vor lauter Aufregung schon fast vergessen. Dafür habe ich mich umso mehr darüber gefreut, dass er sein Versprechen gehalten hat. Er hat im Übrigen nie nach dem Lied gefragt, das ich ihm noch schuldig bin.
Andere Patienten, die im selben Stockwerk untergebracht sind wie ich, kommen immer wieder vorbei und blicken verstohlen durch den Türschlitz. Wann kommen auch schon so viele Prominente
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