Wir sind nicht schwul (German Edition)
auf einmal ins Krankenhaus?
Die Jungs kommen nicht drum rum, das ein oder andere Autogramm zu verteilen und Fotos zu schießen.
Mikages Beerdigung nimmt ihren Lauf und wird auf fast jedem Sender ausgestrahlt. Fünfzigtausend Leute erschienen und neben diesen Zahlen erwähnt man stets die Anzahl an Personen, die sich aufgrund von seinem Selbstmord ebenfalls das Leben genommen haben. Vor allem handelt es sich dabei um junge Frauen.
Die Zahl steigt stetig. Am Ende des Tages berichten die Medien von dreihunderteinundachtzig Selbstmorden, die nachweislich mit dem Tod von Mikage in Verbindung gebracht werden können. Ich habe ernsthaft überlegt, wie sie das so schnell nachweisen konnten.
Tsuto und ich sitzen wie gebannt vor dem Fernseher und verfolgen die Medien. Das ist der einzige Tag, von all den Tagen, die ich im Krankenhaus verbringe, an den wir über Mikage reden. Ich habe in meinem Leben noch nie so viel geweint.
Zusätzlich kommt noch hinzu, dass die Medien nicht nur über Mikages Tod berichten, sondern auch noch über diverse andere Dinge, wie über das Erdbeben der Stärke sieben, das die Region um Tokyo erschüttert hat, während ich geschlafen habe. Die westlichen, äußeren Teile von Tokyo sind Großteils zerstört. Zum Glück haben sich die Menschen richtig verhalten, sodass verhältnismäßig wenige gestorben sind. Man kann sich gewiss vorstellen, wie sehr mich das mitnimmt. Zusätzlich hat ein kleiner Tsunami die Westküste Japans überrollt und so manche Städte unter Algen und Fischen begraben. Nachdem in diesem Fall die Gebiete in Fukushima und Co betroffen waren, war dort nicht mehr viel, was man noch zerstören hätte können, trotzdem stehen nach wie vor Atomkraftwerke dort. Ich denke, mehr muss ich dazu nicht sagen.
Tsuto weicht nie von meiner Seite. Selbst, wenn ich aufs Klo muss, besteht er darauf, dass ich die Tür offen lasse, damit er sofort zu mir sprinten kann, sollte auch nur irgendetwas sein. Gen Ende bin ich unglaublich froh darüber, dass er an meiner Seite war und nicht Yuoi. Ich hätte es unmöglich geschafft, ihm in die Augen zu sehen, geschweige denn, mit ihm zu reden, vor allem, nachdem ich weiß, was Yuoi wegen mir durchmacht.
Im Nachhinein frage ich mich selbst, was mich zu dieser wahnsinnigen Tat getrieben hat. Wie konnte ich nur so bescheuert sein und glauben, dass alle Probleme gelöst sind, wenn ich mich einfach mal so eben umbringe? Vor allem, ohne daran zu denken, wie furchtbar das für die anderen sein muss, die mich finden werden.
Nun, jetzt, wo klar ist, dass ich noch lebe, weiß ich, was ich angerichtet habe. Umso klarer wird es mir an dem Tag, an dem ich das Krankenhaus endlich verlassen kann. An dem Tag, an dem ich Yuoi wieder sehe, der vor dem Krankenhaus auf mich gewartet hat, um mich abzuholen. Als wären meine Augen vom vielen Weinen nicht schon angeschwollen genug.
Kaum dass sich unsere Blicke begegnen, läuft er los, um mich stürmisch in die Arme zu schließen. Auch wenn ich kaum noch Luft bekomme, presse ich mich an ihn.
Besorgt nimmt er mein Gesicht in seine Hände und bezeugt immer wieder, wie mies ich aussehe. Ich kann nichts anderes von ihm behaupten. Yuoi war schon immer sehr dünn, aber wenn ich ihn so sehe, mache ich mir ernsthaft Sorgen um seine Gesundheit. „Du hast doch sicher Hunger, oder? Komm, wir gehen etwas gutes Essen. Tsuto …“ Yuoi lässt mich für einen Moment los, um sich Tsuto an die Brust zu ziehen und ihm die Stirn zu küssen. „Danke, Mann. Danke für alles. Ich hätte das nicht geschafft, wenn ich Finn nicht in guten Händen gewusst hätte. Du gehst doch mit, etwas Essen, nicht? Sicher gehst du mit!“
Tsuto zieht eine Augenbraue hoch. „Ich habe das nicht für dich getan, sondern für Finn. Aber sicher, gern geschehen.“ Er schmunzelt ein wenig und klopft Yuoi auf die Schulter.
„Du siehst besser aus, als das letzte Mal, als ich dich gesehen habe. Wir hatten uns schon Sorgen gemacht.“
Yuoi kräuselt die Lippen und drückt meine Hand so fest, dass ich denke, er würde sie zerquetschen.
„Ich wäre für Ramen! Oder Bibimbap! Was sagst du, Finn? Obwohl, Shabu-Shabu wäre auch nicht schlecht.“
Yuoi lacht übertrieben laut. „Wir wäre es mit allem? Kommt schon.“
Wenig später landen wir in einem Restaurant, in dem wir die Speisekarte einmal rauf- und runter bestellen. Natürlich können wir das niemals alles zu dritt essen und Yuoi gibt dem Kellner schon wenig später bekannt, dass noch ein paar Leute dazu
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