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Wir sind nicht schwul (German Edition)

Wir sind nicht schwul (German Edition)

Titel: Wir sind nicht schwul (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eireann Nóc
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gesetzt hatte.
    Im Interview hat er sich auch immer wieder für meine Dankbarkeit bedankt (strange, ne?) und sich etliche Male darüber beschwert, dass ich abgelehnt habe, mit ihnen weiter zu arbeiten, obgleich sie eingesehen haben, dass ich mein Studium beenden möchte.
    Weil Yuoi zu Beginn des Interviews der Frage ausgewichen war, ob er und ich was miteinander hatten, fragte ihn der Reporter später noch einmal, woraufhin Yuoi breit grinsend seinen Kopf schüttelte und belustigt meinte: „So ein Schwachsinn! Wir sind schließlich nicht schwul.“
    Wie fragwürdig diese Aussage ist, war klar am allgemeinen Gelächter zu erkennen, das durch die Runde ging, aber damit war zumindest für dieses Interview das Finn-Kapitel abgestempelt.

    Wenige Wochen nach meiner Ankunft in Österreich erhalte ich eine Mail von den Mitgliedern der Band Crash Head, in der sie mich wissen lassen, dass ich nun den Preis für das fehlende Bühnenbild abbezahlt habe.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wissen, oder zumindest ahnen konnten, wie Mikage auf meine Abweisung reagieren würde und wenn doch, verstehe ich nicht, wie sie das nicht nur mir, sondern auch all den anderen Leuten antun konnten. Mir ist nicht einmal klar, ob diese Nachricht sarkastisch, ironisch oder wortwörtlich gemeint ist, oder ob sie mir dadurch sogar ihr Beileid ausdrücken wollten. Wie dem auch sein mag, ich habe ihnen nicht geantwortet, damit ich mir weiteren Ärger und Kummer erspare.

    Nur einen Bruchteil meiner freien Zeit verbringe ich damit, mich wieder bei LotGD einzuloggen, um nachzusehen, wer noch von denen aktiv ist, mit denen ich zu tun hatte.
    Shiko, die Frau meines Charakters Vaughn, ist seit ich das letzte Mal online war, nicht mehr aufgetaucht. Hazel hat mich dafür sofort bombardiert und sich etliche Male für die Autogramme bedankt. Viele andere von denen, die ich kannte sind ebenfalls noch da und wollten gleich wissen, was ich erlebt habe.

    Damals mag mich dieses Spiel abgelenkt haben, doch mir ist klar geworden, dass es so viele andere Beschäftigungen gibt, die mir wesentlich wichtiger sind, als ein dämliches Spiel zu spielen und mit Leute zu schreiben, die ich garantiert nie real sehen werde, also habe ich kurz darauf meinen Account gelöscht.
    Mit Hazel schreibe ich nur mehr gelegentlich über Skype, aber nachdem ich dem Spiel den Rücken zugedreht habe, bricht der Kontakt schnell ab. Uns ging wohl der Gesprächsstoff aus.

    Als die Uni endlich wieder los geht, bin ich schlagartig wieder so dermaßen abgelenkt, dass ich den ganzen Mist der vergangenen Wochen schnell verdrängen kann.
    Nur noch nachts suchen mich diverse Albträume heim, in denen hauptsächlich Mikage und Chris mitspielen, oder Yuoi, der mir in diesen Träumen stets klar macht, dass wir uns nie wieder sehen werden, oder dass er eine andere gefunden hat.
    Ansonsten bin ich damit beschäftigt, Vorlesungen vorzubereiten und für Prüfungen zu lernen.
    Weil ich in Japan so gut wie nur japanisch gesprochen und gehört habe, haben sich meine Aussprache und mein Vokabular stark verbessert. Jetzt muss ich nur noch ein bisschen Politik und Kultur nachlernen, was ich während meines Aufenthaltes natürlich total vernachlässigt habe.
    Meine Studienkollegen in Salzburg reißen sich genauso um mich, wie ein paar der Austauschstudenten, die zum Teil gespannt meinen außergewöhnlichen Aufenthalt in Japan verfolgt haben. Wenn man bedenkt, wie viele Leute bereits wissen, was ich dort drüben veranstaltet habe, komme ich mir doch etwas gestalkt vor.
    Auf der einen Seite.
    Auf der anderen Seite haben sich noch nie zuvor so viele Leute für mich interessiert. Ich merke nur, wie sehr ich mich verändert habe und wie schmerzhaft dieser Gedanke ist.
    Ich hasse mein deprimiertes Selbst.
    Das, was ich jetzt bin.
    Das schwache Wrack, das deprimiert in einer Ecke sitzt, sobald es eine freie Minute zum Nachdenken hat. Mein Alltag wird von Antidepressiva, Besuche beim Psychologen und dem Studium bestimmt.
    Dass ich Yuoi und die anderen jemals wieder sehen werde, habe ich schnell in den Wind geschossen und das, obwohl ich jedes Mal zum heulen anfangen könnte, wenn ich an Yuoi denke. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr ich ihn, seine Stimme und seine Nähe vermisse.
    Man kann sich wahrscheinlich vorstellen, wieso ich mir Tag für Tag wünsche, dass ich doch lieber niemals nach Japan gegangen wäre, denn all das Gute, das mir dort wiederfahren ist, kann das überwiegend Schlechte niemals

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