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Wir zwei allein

Wir zwei allein

Titel: Wir zwei allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Nawrat
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Dr. Igor Koljaschov. Nie würden wir am Frühstückstisch die warmen Brötchen oder den guten Kaffee loben. Die Herrschaften sind so objektiv. Ja, das stimmt, wir haben gelernt, einen Abstand einzuhalten zu den verräterischen Wohlbefindlichkeiten. Wir würden tagelang im Zug sitzen, um am Morgen die Sonne in der Donau zu sehen. Um ein weiches Ei zu essen am Schwarzen Meer. Wir würden uns zwingen, einander nicht zu berühren. Du hättest ein rotes Notizbuch. Du würdest mir deine Gedanken unter dem Tisch zuschieben, ich würde lachen. Du würdest mir einen Blick zuwerfen, und ich wüsste, dass wir gleich barfuß in den Park gehen müssen, um uns ins Gras zu legen und die Tabellen und Notizen im See zu versenken.

    7    Sie hat mich etwas gefragt! Ich sitze noch eben mit Niko und Uli am Tisch, da zaubert die schwere Decke am Eingang sie endlich hervor, wirbelt sie in den Raum hinein, mit einem Regenschirm in der Hand, mit Wassertröpfchen in der Wolle des Pullovers. Sie tänzelt zwischen den Tischen und Rücken zu ihrem Tisch und sitzt schon, bevor ich die Betrachtung ihrer Bewegung abgeschlossen habe. Niko erzählt, wie er mit einem Kindheitsfreund einen Panzer in einem Waldstück bei Moskau ausgegraben hat. Und ich springe auf und bin schon bei der Tellerablage, greife nach einem Brotkörbchen.
    Theres, sage ich und nehme Platz. Wurdest du heute aufgehalten?
    In ihrem Gesicht Sorge. Sie streicht sich über die Oberschenkel, richtet sich auf, hebt die Schultern und wird ganz schmal, umschließt die zu langen Wollärmel mit den Fingern. Ich muss dich etwas fragen, sagt sie. Ich will es eigentlich nicht, aber ich muss.
    In mir wird plötzlich etwas groß.
    Theres!, rufe ich und fege beinahe das Brot vom Tisch.
    Nein, sagt sie. Wirklich. Ich würde das sonst niemals fragen, aber weil du eben dieses ganze Obst und Gemüse zu den Leuten bringst oder von den Leuten abholst und ständig in Bötzingen oder Opfingen bist. Und sonst kenne ich niemanden, es gibt nur dich, es tut mir leid, es gibt nur dich.
    Für einen Augenblick bin ich sprachlos ob der letzten Worte.
    Theres, sage ich und fühle, dass eine Feierlichkeit meine Brust zu einem Schiffsbug macht. Alles, sage ich. Du kannst immer. Was es auch ist. Und überhaupt.
    Theres schlägt den Blick nieder. Sie seufzt. Sie nippt an der rosa Schorle. So gern würde ich ihre Hände nehmen. Ihr Haar aus dem Gesicht streichen. Ihre gerötete Wange berühren.
    Ach, lieber tue ich es nicht, sagt sie. Man soll zufrieden sein mit dem, was man hat. Ich bin eine dumme Nuss, wirklich. Es tut mir leid.
    Theres, sage ich. Auf einmal entweicht die Luft, ich sinke in mich zusammen wie eine angestochene Hüpfburg. Na gut, sage ich. Schön, dass du noch gekommen bist. Ich sollte zurückgehen, Niko und Uli sind sicher schon beleidigt.
    Ich stemme mich hoch, da sagt sie: Meine Oma hatte eine Tasse. Darauf waren ein Hase und ein Igel abgebildet. Eine Tasse ohne Henkel, sie sah aus wie eine Vase, mit Jahresringen rundherum, von den Fingern des Töpfers natürlich, aber ich habe mir als Kind eingebildet, dass die Tasse lebt und atmet und mit den Jahren wächst.
    Ich sinke zurück auf meinen Stuhl und bin ganz von dem Zauberspiel gefesselt, das jetzt in ihrem Gesicht stattfindet. Wie sie kämpft. Wie ihre ölschwarzen Augen flüssig werden. Wie das liebevollste Lächeln sie mit Leben füllt.
    Ich weiß ja nicht einmal, ob dieser Töpfer seinen Laden noch hat, verstehst du, sagt sie. Ob er überhaupt noch lebt. Niemand weiß es, sooft ich samstags über den Markt gehe. Wenn, dann ist er heute sehr alt.
    Und du hast jetzt herausgefunden, wo er wohnt, sage ich.
    Sie nickt.
    Irgendwo auf dem Land.
    Sie nickt.
    Und ich habe den Sprinter.
    Ja, sagt sie.

    8    Ich hole sie ab, am Himmel nur ein zartes Licht, der Atem flieht in Wolken hinauf. Wir fahren aus der Stadt, durch Gundelfingen und sind schon in den gelben Weinfeldern. Der Geruch nach Rauch. Eine Hügelkuppe, unter einer braunen Kastanie eine Kapelle, dann sinkt die Straße in eine Mulde, mein Magen ruft: Du fällst. Theres lacht mich von der Seite an. Über uns der Himmel unendlich blau, die Sonne ist weit weg, schon auf ihrer winterlichen Wanderschaft, sie blickt sich heute vielleicht ein letztes Mal um. Die Gemüsekisten schaben in unserem Rücken über den Boden.
    Ich zeig dir was, sage ich, als wir kurz vor Waldkirch sind. Ich biege in die Notbucht ein, steige aus und stemme die Schranke hoch, steige wieder ein.
    Darf man das

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