Wo Dein Herz Zu Hause Ist
und Brendan beim Krawattebinden, beim Einüben des Eheversprechens und Harri beim Bewahren ihrer Nerven half.
«Was hast du gesagt? Ehren, lieben und was?», fragte Malcolm, der gerade an einem Toast kaute.
«Er hat gesagt, ehren, lieben und verteidigen», sagte Brendan. «Das klingt sehr schön.»
«Dann würde ich an deiner Stelle aber deutlicher sprechen – ich habe nämlich ehren, lieben und vertreiben verstanden.»
«Dein großer Tag», hatte ihr Dad zuvor augenzwinkernd gesagt, als sie ihn auf dem Flur traf.
«Ja, mein großer Tag, Dad.»
«Aller guten Dinge sind drei», sagte er darauf.
«Ich drücke mir jedenfalls die Daumen», hatte Harri gemurmelt und ihm einen Kuss auf die Stoppelwange gedrückt.
Dann wurde sie von Gloria in deren Schlafzimmer gerufen.
«Liebling, da bist du ja. Das aquamarinblaue oder das blassrosa Kostüm, was meinst du?»
«Die sind doch von meinen anderen beiden Heiratsversuchen. Es passt gar nicht zu dir, Kostüme zu recyceln.»
«Tja, ich habe aber deinem Vater versprochen, meinen ökologischen Fußabdruck im Auge zu behalten und nebenbei meine Visa-Rechnungen zu senken, und da wir ja ohnehin nur wieder in der Notaufnahme landen …»
Harri lachte. «Das aquamarinblaue.»
«Eine gute Wahl. Und jetzt mach dich fertig. Mona ist in einer halben Stunde hier.»
«Ich liebe dich, Mum.»
«Ich liebe dich auch, mein Liebling.»
Nachdem sie geduscht und wieder in ihrem Zimmer war, setzte sich Harri an den Tisch am Fenster, von dem aus man auf eine schön geflieste Terrasse und eine alte Eiche hinuntersah. Der Himmel war wolkenverhangen, und es regnete in Strömen.
«Das ist mir so was von egal», sagt sie und kuschelte sich in den bequemen Frotteebademantel, den sie sechs Jahre zuvor von ihrer Mutter bekommen hatte, als sie von zu Hause auf den Campus der Uni zwanzig Minuten die Straße hinunter gezogen war. Sie dachte an Liv.
Du wärst eine wunderhübsche Braut gewesen, Liv.
Dann klopfte es an der Tür, und George hatte sich aufihr Bett geworfen, bevor Harri das Wort «Herein» aussprechen konnte.
«Maula ist hier. Mum gibt ihr grade einen Kaffee, also hast du noch fünf Minuten, bevor es an die dringend notwendige Styling-Prozedur geht.»
«Danke.»
«Du wirkst so unheimlich entspannt. Kennen wir uns?», fragte er scherzhaft.
«Haha.»
«Alles in Ordnung mit dir?», erkundigte er sich dann ernsthaft.
«Alles so gut wie noch nie.»
«Draußen schüttet es bloß so.»
«Von mir aus.»
«Dad und Matt haben einen unglaublich teuren Brandy aufgemacht und sich schon die halbe Flasche einverleibt.»
«Wenn er ihnen schmeckt.»
«James hat vor, beim Empfang
Unchained Melody
zu singen.»
Sie lachte. «Das soll er bloß wagen!»
«Meine Güte, es kommt mir so vor, als könnten wir heute tatsächlich eine richtige Hochzeit erleben.»
«Darauf kannst du dich verlassen», sagte sie.
Duncan und Harri standen unter einem Schirm an der Kirchentür. Sie trat ein, und er klappte den Schirm zu, schüttelte ihn aus und legte ihn auf den Boden. Harris liebste Menschen waren schon versammelt: Melissa und Gerry mit Jacob und Carrie, Susan und Andrew mit Beth, die händchenhaltend mit dem Jungen in der Bank saß, von dem sie sich die Filzläuse geholt hatte, George und Brendan, Matt und ihre Mutter, Aidan, der mit seinemFreund Quan extra aus London gekommen war, und all die anderen Freunde und Bekannten, die es riskiert hatten, zum dritten Mal zu ihrer Hochzeit zu kommen.
Und natürlich war ihr Onkel Thomas da, den jeder nur als Father Ryan kannte. Er stand am Altar, platzte fast vor Stolz und war froh, dass die kleine Harri endlich die Wahrheit kannte. Und als ihr Dad sie zum Altar führte, begleitete Harri in ihrem Herzen ein junges Mädchen namens Liv mit nach vorne.
1. Mai 1976 Samstag
Kurz vor dem Aufwachen heute morgen habe ich von Kentucky geträumt. Ich habe Pferde und Heuberge und Pick-ups gesehen und Land, das sich meilenweit erstreckte. Und ich habe ein großes altes Gutshaus mit einer Veranda und einer Hollywoodschaukel gesehen, auf der mindestens sechs Leute Platz haben. Ich habe mich selbst auf einer Wiese gesehen und Matthew, der so schnell galoppiert ist, dass er nur noch verschwommen zu erkennen war. Es war ein richtig schöner Traum. Ich habe mich gut aufgehoben und frei und glücklich und sicher gefühlt. Vor allem habe ich mich sicher gefühlt. Und neben mir auf der Wiese habe ich ein Baby gesehen, ein total niedliches, das einfach so dalag,
Weitere Kostenlose Bücher