Wo die Wasser sich finden australien2
und durch den üppigen grünen Garten gestapft war. Gleich darauf war sie auf die Veranda getreten und in dem alten Haus verschwunden. Blinzelnd hatte er zu ihrem Zimmerfenster im Obergeschoss aufgeblickt und dann seufzend die Augen geschlossen. Wieso machte ihn seine Tochter nur immer so wütend? Warum konnte er ihr keine Chance geben?
Plötzlich hörte er draußen seine Hunde aufgeregt bellen, die Mutterschafe im Sammelpferch fielen ihm wieder ein. Harry lief durch den Schuppen in die gleißende Sonne hinaus.
»Verflixte Köter.«
Wie satt gefressene Wölfe spielten die Hunde zum Zeitvertreib mit den Schafen. Sie jagten die Mutterschafe vor und zurück, bis sie sich ängstlich ans Gatter drängten. Ein paar schwächere Tiere waren schon zu Boden gegangen, unter dem massiven Druck der Herde in den Staub gepresst. Mardy bestieg, auf den Hinterbeinen balancierend, gerade ein Schaf, das gegen das Gatter gepresst wurde. Die weißen Vorderpfoten umgriffen die Hüfte des Schafes, und sein welpenhaftes Becken schob sich aufgeregt vor und zurück. Seine Augen waren vor Lust ganz glasig, und die rosa Zunge hing ihm seitlich aus dem Maul.
Sobald sich Harry näherte, zerstreuten sich die älteren Hunde, quetschten sich unter den Querstangen der Einzäunung durch und verzogen sich außer Sichtweite. Nur der junge Mardy setzte weiterhin dem Schaf zu.
»Schluss damit. Du dreckige Töle!« Harry packte eine Hand voll Fell und Welpenhaut und riss den jungen Hund von dem Schaf weg. Der Welpe warf sich erschrocken vor Harry auf den Rücken, wedelte hektisch mit dem Schwanz und pinkelte über sich selbst und Harrys Stiefel. Harry beugte sich vor und hob Mardy am Nackenfell hoch. Dann presste er den Leib des Welpen so fest gegen den Boden, dass dem Tier alle Luft aus der Lunge gedrückt wurde und das Winseln wie ein erstickter Schrei klang.
»Schluss damit!«, brüllte er und rüttelte den Hund erneut durch, ehe er ihn wie ein Holzscheit über den Zaun schleuderte. Mardy überschlug sich zweimal im Staub, kam auf die Füße, krümmte sich vor Schmerzen zusammen und schlich, den Schwanz bis zum Bauch eingezogen, in den Schatten des Scherstalles davon.
Immer noch bebend vor Wut war Harry in den Geräteraum zurückgekehrt, um die Drenchpistolen vorzubereiten. Die weiße Flüssigkeit schoss durch den durchsichtigen Plastikschlauch, sobald er die Düse an der Pistole öffnete. Er hatte die Dosis höher eingestellt, weil die Mutterschafe schwer aussahen. Bemüht, nicht darauf zu achten, wie sehr seine Hände zitterten, hatte er sich den Kanister auf den Rücken geschnallt und im selben Augenblick gehört, wie Rebeccas Pick-up ansprang und der Motor zu grummeln begann. Er hatte zum Eingang des Schuppens gesehen, wo die strahlende Sonne ein Rechteck auf die Holzbohlen malte. Im selben Moment hatte er den Kanister wieder abgesetzt und war zum Tor gelaufen, um nach dem Pick-up zu schauen. Ihre Hunde waren auf der Ladefläche. Und ihr Beutel. Das kleine weiße Gefährt war über den Gitterrost an der Hauskoppel gerattert und an ihm vorbeigeschossen. Im Vorüberfahren hatte Harry noch einen Blick auf ihr Profil erhaschen können. Die Zähne krampfhaft zusammengebissen, den Mund in Pein verzogen. Beim zweiten Rost hatte Rebecca nicht einmal mehr abgebremst, sondern war, einen Staubschleier hinter sich herziehend, die Straße hinabgerast.
Sie war weggefahren. Diesmal hatte sie die Farm tatsächlich verlassen. Das hatte er nicht erwartet. Genauso wenig wie damals bei Frankie hatte er das erwartet. Beide waren strahlende Sterne am Himmel, Mutter wie Tochter, beide waren so voller Lachen und Lebenslust. Jedes Mal hatten sie mit einem Scherz die zornigen Lücken gefüllt, die Harry in der großen, düsteren Villa aufgerissen hatte. Frankie und Bec hatten immer zu reden verstanden. Immer wieder hatte Frankie für die beiden Jungs das Wort ergriffen. Wie ein Dolmetscher hatte sie regelmäßig zwischen Harry und Mick und Tom vermittelt. An dem Tag, als sie abfuhr, hatte sie sich wütend darüber ausgelassen, dass er nicht lieben könne, dabei hatten die ganze Zeit über jene Worte in Harrys Kopf festgesessen,
die nur nicht über seine Lippen kommen wollten. »Geh nicht, Frankie«, hatte er sagen wollen. Er hatte alles durchsprechen wollen. Er liebte sie. Für sie hätte er sogar die Farm verkauft. Aber die Worte wollten nicht kommen. Sie blieben eisern in seinem Kopf. Stattdessen hatte er reglos dagestanden und zugesehen, wie seine Frau abfuhr.
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