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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Kontrolle. Die beiden Schwestern gingen an einer Bildergalerie, die ihr Vater gemalt hatte, vorbei zur Veranda auf der Rückseite des Gebäudes. Caroline bat ihre Schwester, auf der Hollywoodschaukel Platz zu nehmen, und lief in die Küche. Sie stellte zwei angeschlagene Porzellantassen, eine Kanne Kaffee und zwei große Tortenstücke auf ein Tablett.
    »O Gott, ich fasse es nicht!«, sagte Clea, als sie die Torte sah.
    »Warte erst, bist du sie probiert hast.«
    Während die Unterhaltung im angrenzenden Raum gedämpft zu ihnen drang, hatten die Schwestern eine stille Zuflucht auf der Veranda gefunden, aßen die mächtige Schokoladentorte und beobachteten eine Gänseschar, die zwanzig Meter entfernt auf dem mondbeschienenen Fluss landete.
    »Der Fluss ist idyllisch, aber nicht mit dem Meer zu vergleichen«, meinte Clea.
    »Wir sind Salzwasserratten. Hat Dad immer gesagt.«
    Während sie den Fluss betrachteten, wurden die Bäume mit einem Mal von Scheinwerfern erhellt. Mehrere Autos bogen nacheinander in die kreisförmige Auffahrt des Gasthofs ein. Ein Lastwagen rumpelte den Weg herauf, und noch einer. Polternde männliche Stimmen drangen an ihre Ohren, quer über das ganze Anwesen hallend.
    »Vielleicht haben sie uns mit der Catspaw Tavern verwechselt«, sagte Caroline, auf die Spelunke fünf Meilen nördlich anspielend.
    »Dann werden wir sie mal aufklären«, sagte Clea, neugierig geworden.
    Die beiden Schwestern begaben sich ins Vestibül, wo ein Haufen sonnenverbrannter, unrasierter Männer in abgerissener, schmuddliger Kleidung zur Tür hereinströmte. Michele stand in Habt-Acht-Stellung hinter dem Reservierungspult, um ihnen den Weg zu Catspaw zu beschreiben. Das Renwick Inn war eine Nobelherberge, ein Gourmettempel. Die Männer waren hier eindeutig fehl am Platz.
    »Haben Sie noch was frei?«, fragte einer von ihnen. Er hatte zottige, vom Salzwasser feuchte Haare, einen abgebrochenen Schneidezahn und trug ein verblichenes T-Shirt mit dem Reklameaufdruck einer Bar in Key West. Sein mächtiger Brustkorb drohte den Trikotstoff zu sprengen, und sein tätowierter Bizeps hatte den gleichen Umfang wie Micheles Taille.
    »Sie meinen Zimmer?«, fragte Michele mit gerunzelter Stirn zurück.
    »Ja.« Der Mann lachte. »Was dachten Sie denn?«
    »Augenblick«, sagte Michele, die Anspielung mit würdevoller Miene übergehend. Sie blätterte im Anmeldungsbuch. »Wie viele Zimmer brauchen Sie denn?«
    »Sechs. Notfalls auch Doppelzimmer. Ein paar von uns bleiben an Bord.«
    »An Bord?« Michele erkannte ihre Chance. »Es wäre sicher günstiger, wenn Sie sich eine Unterkunft in Hafennähe suchen würden. Ich habe hier eine Liste der Motels …«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Der Boss hat gesagt, dass wir hier Quartier machen sollen. Klare Anweisung.«
    »Und wie lange brauchen Sie die Zimmer?«
    »Unbegrenzt. Unter Umständen den ganzen Sommer. Wir arbeiten vor der Küste, an einer groß angelegten Schatz …«
    »Vorsicht, Feind hört mit!«, unterbrach ihn ein anderer Mann aus seinem Gefolge. Er grinste, aber seine Augen blickten ernst. »Und hau nicht so auf den Putz bei den Ladys.«
    »Vor der Küste? Östlich von hier?« Caroline dachte an die Schiffe, die sie von Firefly Hill aus gesehen hatten, hell erleuchtet wie das geschäftige Zentrum einer Metropole.
    »Richtig«, erwiderte der Muskelprotz. Er grinste siegessicher und entblößte dabei seinen abgebrochenen Zahn.
    »Tut mir Leid, aber wir haben nicht genug Zimmer frei, die den ganzen Sommer zu vermieten wären«, sagte Caroline. »Vielleicht kann Michele ein oder zwei Zimmer für heute Nacht auftreiben und Sie dann umquartieren, sobald etwas frei wird.«
    »Scheiße«, fluchte der Muskelprotz. »Der Boss wird enttäuscht sein. Danny, lauf raus und sag ihm Bescheid. Vielleicht will er doch zur Marina zurück.«
    Einige der Männer waren in die schummrige, gemütliche Bar vorgedrungen. Kerzen flackerten auf den Tischen, in deren alte Oberflächen aus Eiche zum Teil Handzeichnungen und Initialen der Künstler geritzt waren. Landschafts- und Aktgemälde hingen an den Wänden. Einer nach dem anderen blickten die Hausgäste auf. Es waren Künstler oder Leute, die vom Künstlermilieu angezogen wurden, und sie musterten die fremdartig anmutenden Seefahrer mit einer Mischung aus Bestürzung und Neugierde.
    Hinter der Bar hing ein besonders üppiger und dekadenter Akt, eine blonde Frau mit großen Brüsten und fatalen Augen. Ausgesprochen trickreich war der

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