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Wo Träume im Wind verwehen

Wo Träume im Wind verwehen

Titel: Wo Träume im Wind verwehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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ihnen ein Leid geschieht. Ich sehe doch, dass Sie ein Herz haben. Sie weinen, Sie zeigen Gefühle. Die Mädchen sind noch so klein …«
    »Wir haben einen Sohn«, erwiderte der Mann. Er zog seine Brieftasche heraus und klappte sie auf. Ein Foto steckte darin, und als er es herausnahm, wäre es um ein Haar zu Boden geflattert. Als der Blick des Mannes darauf fiel, keuchte und schluchzte er. »Mein Junge, o Gott!«
    Caroline erspähte das lächelnde Gesicht eines kleinen Jungen ungefähr in ihrem Alter. Er hatte blonde Haare und große blaue Augen, und er sah seinem Vater sehr ähnlich. »Er ist ihr Stolz und ihre ganze Freude. Wir waren glücklich miteinander. So glücklich. An dem Tag, als er geboren wurde …« Der Mann ließ den Kopf hängen und weinte hemmungslos.
    »Wie heißt er, Mr. …? Wie heißt Ihr kleiner Junge?«, fragte Caroline plötzlich.
    »Joe. Joe Connor heißt er. Komm her!« Der Mann packte Caroline grob am Arm und entriss sie ihrer Mutter. Er hielt sie mit eiserner Hand fest, und sie hörte ein Klicken, das von der schwarzen Waffe kam.
    »Nein!«, schrie Augusta. »Bitte, Mr. Connor! Tun Sie ihr nichts!«
    »Mund halten!«
    Caroline hatte nie gehört, dass ihrer Mutter von irgendjemandem befohlen worden wäre, den Mund zu halten, und sie zuckte bei den Worten zusammen, als hätte ihr jemand eine Ohrfeige versetzt. Während sie den Mann ungläubig anstarrte, fragte sie sich, ob er wohl vor lauter Kummer den Verstand verloren hatte. Seine Augen waren abgrundtief traurig, trauriger als Caroline sie jemals auf einem Gemälde oder bei einem lebenden Menschen gesehen hatte. Und da sie so gramerfüllt waren, hatte sie keine Angst. Der Mann tat ihr vielmehr Leid.
    »Sag nie wieder Mund halten zu meiner Mommy!«, wies Caroline ihn mit fester Stimme zurecht.
    »Ich will meine Schwester wiederhaben!«, rief Clea weinend und streckte die Arme nach Caroline aus, während ihre Mutter sie zurückhielt.
    »Joe würde nicht wollen, dass Sie so etwas tun, Mr. Connor«, sagte Augusta. »Er würde nicht wollen, dass Sie meine kleinen Mädchen erschrecken, dass Sie Ihre Waffe auf sie richten … Bitte, ich tue alles, was Sie verlangen. Ich werde dafür sorgen, dass mein Mann Ihre Frau nie wieder sieht. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
    »Wozu soll das Wort einer Frau gut sein, die ihrem Mann gleichgültig ist, weil er eine andere liebt? Sie können mir genauso gut versprechen, dass dieses Jahr nie zu Ende geht. Es ist vorbei. Ich habe nichts mehr zu verlieren.«
    Caroline stand reglos da, während der Mann ihren Arm umklammerte. Sie betrachtete das Gesicht ihrer Mutter. Es fiel in sich zusammen, schmolz dahin wie eine brennende Kerze. Ihr Blick war erloschen, ihr Mund bebte, und Tränen liefen über ihre Wangen. Caroline sah, wie ihre Mutter weinte – nun schon der zweite Erwachsene –, und der Anblick ihrer Tränen machte ihr furchtbare Angst, mehr noch als die Drohung des Mannes.
    »Nehmen Sie mich«, flehte Augusta. »Lassen Sie Caroline gehen. Nehmen Sie mich, mich und mein ungeborenes Kind, wenn Sie schon jemanden umbringen müssen. Aber lassen Sie das Mädchen gehen!«
    Die Stimme ihrer Mutter wurde bei dem Wort »gehen« lauter. Sie stieg empor wie ein Schrei, wie der Wind, der in den Bäumen auf dem Hügel heulte.
    »Das Mädchen gehen lassen«, wiederholte der Mann, plötzlich blinzelnd und die Tränen hinunterschluckend. Er sah Caroline an, dann wandte er die Augen ab, als könnte er ihren Anblick nicht ertragen.
    »Bitte nehmen Sie mich. Nehmen Sie unser Baby.«
    »Hören Sie auf damit!« Der Mann starrte auf Augustas schwellenden Bauch, dann sah er wieder zu Caroline. Sie schauten einander an, und Caroline spürte, wie ihre Angst schwand. Ein Lächeln zuckte um die Lippen des Mannes. Seine Hände zitterten. Er beugte sich hinunter, um ihr die Haare aus den Augen zu streichen.
    »Wie heißt du?«
    »Caroline.«
    »Du bist in Joes Alter.«
    »Ich bin fünf.«
    »Caroline, ich bin hergekommen mit dem Vorsatz, deinem Vater das zu nehmen, was er liebt«, sagte der Mann, während Tränen über seine Wangen flossen. »Aber ich kann nicht. Ich bringe es nicht fertig, ein kleines Mädchen wie dich zu erschießen.«
    »Nein«, pflichtete sie ihm bei, und plötzlich hatte sie das Gefühl, als könnte sich doch noch alles zum Guten wenden.
    »Aber es ist seine Schuld. Die Schuld deines Vaters.«
    »Was hat mein Daddy denn getan?«, fragte Caroline verständnislos. Ihr Mund war trocken. Als sie die Hand des

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