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Woerter durchfluten die Zeit

Woerter durchfluten die Zeit

Titel: Woerter durchfluten die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marah Woolf
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stockte, nicht sicher, ob sie Jules und Colin von dem mysteriösen Vorkommnis erzählen sollte. Ihre Freunde sahen sie abwartend an.
    »Da ist etwas Komisches passiert«, setzte sie an. »Ich habe einen der Kartons aufgemacht und …« Sie machte eine Pause.
    »Was und? Was war drin?«, fragte Jules ungeduldig. »Tote Mäuse oder so was?«
    Lucy schüttelte sich bei dem Gedanken.
    »Die Frage ist eher, was hätte drin sein müssen.«
    Wieder legte Lucy eine Pause ein und nahm Jules den frischen Kaffee ab, den sie ihr reichte. Dann sprach sie weiter.
    »Auf dem Karton stand Gesammelte Werke von Lord Alfred Tennyson . Aber das Buch, das darin lag, war leer. Lauter leere Seiten. Sie lösten sich beinahe auf. Könnt ihr euch das vorstellen? Dabei könnte ich schwören, dass die Seiten wirklich alt waren.«
    Verständnislos sah Jules sie an. »Wer soll das sein  – Lord Tennyson?«
    Die Antwort schockierte Lucy und sie blickte zu Colin. Aber auch der schüttelte den Kopf.
    »Sag bloß, du kennst Tennyson nicht. Habt ihr in Amerika nichts von seinen Gedichten gehört? Lady of Shalott oder Ulysses sagt dir gar nichts?«, fragte sie Jules.
    Dass Colin sich nicht an Tennyson erinnerte, wunderte sie weniger. Er war eben ein Mann.
    Jules schüttelte den Kopf. »Sorry, aber ich hab’s nicht so mit Gedichten.«
    Lucy sprang auf. »Wartet kurz. Sie werden euch gefallen.« Sie lief in ihr Zimmer und kehrte kurze Zeit später mit ihrem Laptop zurück. Hoffentlich hielt ihr Akku noch. Sie hatte mal wieder vergessen, ihn am Morgen aufzuladen. Nachdem der Rechner hochgefahren war, tippte Lucy im Suchfeld Lord Tennyson ein. Der kleine Kreis in der Registerkarte begann, sich zu drehen.
    » Zu diesem Suchbegriff keine Ergebnisse. Stattdessen suchen nach: Lord Byron« , vermeldete der Rechner. Lucy starrte auf den Bildschirm. Das war nicht möglich.
    »Und?«, fragte Jules. »Was gefunden?«
    In rasender Eile tippte Lucy Tennyson + Lady of Shalott ein. Dann versuchte sie es mit Ulysses und Idylls oft the king, immer mit dem gleichen Ergebnis – keine Treffer, und dann folgten Verweise auf ähnliche Suchbegriffe. Bei Lady of Shalott wurde immerhin auf das gleichnamige Gemälde von Waterhouse verwiesen. Es galt als dessen berühmtestes Bild und er wurde dazu durch das gleichnamige Gedicht von Alfred Lord Tennyson inspiriert. Das stand hier zwar nicht mehr, aber das wusste Lucy. Das Bild zeigte die Lady of Shalott mit traurigem Gesicht in einem Boot. Bei Ulysses zeigte der Bildschirm Ergebnisse zu dem Roman von James Joyce an. Nur zu Tennyson selbst war nichts zu finden. Lucy verstand nicht, was sie da sah.
    »Das kann nicht sein«, stotterte sie. »Ich weiß doch, wer Lord Tennyson ist. Ich kenne seine Gedichte. Ich konnte Lady of Shalott auswendig. Schon als Kind.«
    Colin musterte sie besorgt. »Und erinnerst du dich?«
    Lucy setzte an, öffnete den Mund. Doch die Worte, die sie sicher hundert Mal gesprochen hatte, kamen nicht heraus. Sie fielen ihr nicht mehr ein. Es war wie verhext. Außer dem Titel und der Gewissheit, dass das Gedicht von Tennyson stammte, schien sie alles vergessen zu haben.
    »War vielleicht doch nicht so gut, einen ganzen Tag im Keller zu verbringen?«, fragte Jules.
    »Sieht ganz so aus«, erwiderte Lucy leise.
    Colin betrachtete sie. Dann klappte er den Rechner zu und stellte ihn auf den Stuhl neben sich. Er zog Lucy näher zu sich heran und gab ihr einen tröstenden Kuss auf die Schläfe.
    »Ich treffe mich heute Abend noch mit Niel und George. Möchtest du vielleicht mitkommen? Dann kommst du mal raus.«
    Lucy stand auf und stellte ihren Teller ins Spülbecken. »Lieber nicht«, sagte sie. »Ich glaube, ich gehe heute früher schlafen. Sei nicht sauer.«
    »Und du, Jules?«, fragte er. »Niel steht auf dich.«
    Jules schüttelte den Kopf. »Ich hab mit meiner Hausarbeit noch viel zu tun. Ich mache mich lieber da ran.«
    Lucy wusste, dass Jules das nur tat, um sie nicht allein zu lassen und lächelte ihr dankbar zu. »Du musst das nicht meinetwegen tun«, sagte sie.
    Jules zuckte mit den Schultern. »Ich weiß.«
    Tiger wuselte um Lucys Beine, als sie in ihr Zimmer ging. Sie stellte ein Glas Wasser auf ihren Nachtschrank und legte sich aufs Bett.
    Tiger sprang zu ihr herauf und kuschelte sich an sie. Wenige Minuten später war sie eingeschlafen. Sie bekam nicht einmal mehr mit, dass Colin nach ihr sah und sie besorgt betrachtete. Er deckte Lucy zu und scheuchte Tiger aus dem Zimmer. »Lassen wir sie

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