Wohin die Liebe führt
es nie sonderbar gefunden, daß das Kind schon sieben Monate nach Ihrer Rückkehr aus Japan geboren wurde?«
Ich gab mir Mühe, Fassung zu bewahren. »Mrs. Carey und ihr Arzt versicherten mir, daß Dani ein Siebenmonatskind sei.«
»Für einen erwachsenen Mann sind Sie reichlich naiv, Colonel Carey.«
Gordon wandte sich wieder an den Richter. »Mrs. Carey wünscht das Gericht dahingehend zu informieren, daß das Kind Danielle sechs oder sieben Wochen vor Colonel Careys Heimkehr aus dem Krieg empfangen worden ist. In Anbetracht dieser Tatsache - Mrs. Carey ist überzeugt, daß Colonel Carey sich dies selbst längst eingestanden hat - fordert sie das alleinige Pflegschaftsrecht über ihre Tochter.«
Ich drehte mich scharf zu meinem Anwalt um: »Wollen Sie
ihnen das durchgehen lassen?«
Mein Anwalt beugte sich zu dem Richter hinüber: »Ich bin erschüttert über diese Haltung Mister Gordons. Euer Ehren müssen bedenken, daß dies gegen die Abmachung ist, die ich erst gestern mit ihm getroffen habe.«
Aus dem Tonfall des Richters hörte ich, daß er ebenfalls erstaunt war, obwohl seine Worte betont unparteiisch klangen. »Ich bedauere, aber Sie müssen in Betracht ziehen, daß das Gericht keine Vereinbarung bestätigen kann, die nicht vor Gericht getroffen worden ist.«
Mit meiner Fassung war es aus. »Zum Teufel mit der Vereinbarung«, schrie ich. »Dann müssen wir eben von vom anfangen und die ganze Sache noch einmal durchfechten!«
Mein Anwalt nahm mich beim Arm und sah den Richter an. »Darf ich mich einen Augenblick mit meinem Klienten beraten, Euer Ehren?«
Der Richter nickte. Wir traten zum Fenster. Dort standen wir, den Rücken zum Zimmer, und sahen hinaus.
»Wissen Sie, was das bedeutet?« flüsterte er. »Sie würden offiziell zugeben, daß Ihre Frau Ihnen Hörner aufgesetzt hat, solange Sie noch in Übersee waren.«
»Nun und? Die ganze Stadt weiß, daß sie sich durch alle Betten von San Francisco durchgeschlafen hat, von Chinatown bis zum Presidio.«
»Hören Sie auf, an sich zu denken, Luke. Denken Sie auch an Ihre Tochter. Wie soll das alles für sie ausgehen, wenn es herauskommt? Daß ihre eigene Mutter sie öffentlich als unehelich erklärt?« Ich sah ihn groß an. »Das wird sie nicht wagen.«
»Sie hat es ja schon getan.«
Diese Antwort war unwiderlegbar. Ich schwieg. Und wieder klang eine kleine Stimme durch das Zimmer: »Fang auf, Daddy!«
Fast automatisch bückte ich mich wieder, um den Ball zu fangen. Danielle kam gelaufen und stürzte sich in meine Arme. Ich hob sie hoch. Sie lachte, ihre dunklen Augen blitzten.
Plötzlich sehnte ich mich danach, sie fest an meine Brust zu drücken. Nora hatte gelogen. Sie mußte - Danielle mußte meine Tochter sein. Ich wußte es in meinem Herzen.
Ich sah durchs Zimmer auf den Richter, den Gerichts schrei -ber, auf Harris Gordon, auf Nora. Alle beobachteten mich - alle bis auf Nora. Sie sah starr auf einen Punkt an der Wand über meinem Kopf.
Ich versenkte mich in das kleine lächelnde Gesicht vor meinen Augen. Ein krankes Gefühl des Besiegtseins stieg in mir hoch. Mein Anwalt hatte recht. Ich durfte es nicht tun. Ich konnte meine Chance nicht wahrnehmen auf Kosten meines Kindes.
»Was können wir machen?« flüsterte ich.
Ich sah das Mitleid im Gesicht meines Anwalts. »Lassen Sie mich mit dem Richter sprechen.«
Ich blieb stehen, Danielle im Arm, während er zum Tisch des Richters hinüberging. Nach ein paar Minuten kam er zurück.
»Sie können sie vier Wochenenden im Jahr haben. Und jeden Sonntagnachmittag zwei Stunden, wenn Sie nach San Francisco herüberkommen. Ist Ihnen das recht?«
»Bleibt mir denn eine Wahl?« fragte ich bitter.
Fast unmerklich schüttelte er den Kopf.
»Okay«, sagte ich. »Mein Gott, wie muß sie mich hassen!«
Mit dem unfehlbaren Instinkt eines Kindes hatte Danielle erfaßt, wovon ich redete. »O nein, das tut sie nicht, Daddy«, sagte sie schnell. »Mami liebt dich. Sie liebt uns beide. Sie hat mir’s gesagt.«
Ich sah hinunter in das kleine Gesicht, es war so ernst, verlangte so sehnsüchtig nach Bestätigung. Ich blinzelte, um die jäh aufsteigenden salzigen Tränen zurückzudrängen. »Natürlich,
mein Liebling«, beruhigte ich sie.
Nora trat auf uns zu. »Komm jetzt zu Mami, Herzchen«, sagte sie, »es ist Zeit zum Heimgehen.«
Danielle sah erst sie an, dann mich. Ich nickte, als Nora ihr die Arme entgegenstreckte. Sie blickte mich jetzt über Danielles Kopf hin zum erstenmal an. In ihren Augen
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