Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
einen anderen.“
„Ist schon gut.“
Selbstverständlich hörte er nicht auf sie und machte sich daran, einen weiteren Teller vollzuhäufen. „Es gibt da etwas, das ich dich fragen wollte.“
„Lass es bleiben.“
Er stockte und sah sie missbilligend an. „Wahrscheinlich bist du jetzt gebunden. An diesen, äh … Turner. Den … äh …“
Schweinsäuglein, dachte sie. Freddie hatte gierige kleine Schweinsäuglein. „Lupus. Das darf man ruhig sagen. Es ist keine Beleidigung.“
„Ich wollte taktvoll sein. Sag mal, stimmt es, dass sie …“
„Ja. Absolut.“ Sie sah sich um. Wen konnte sie als Entschuldigung benutzen, um Freddie zu entkommen?
„Du hast mich nicht einmal ausreden lassen!“
„Nicht?“ Ah, Beth redete mit einem von Susans Ärztefreunden. Lily gelang es, Blickkontakt mit ihrer kleinen Schwester herzustellen, aber Beth grinste nur, verdrehte die Augen zu einem Schielen und wandte ihr dann den Rücken zu.
Die miese kleine Verräterin. Beth war schon immer viel zu sehr verwöhnt worden.
„Ich will, dass du weißt, dass ich dir dein Verhältnis mit Turner nicht übel nehme“, verkündete Freddie. „Ich bin fair. Was dem einen recht ist … und so weiter. Und, äh … ich weiß, dass seine Art … äh, dass sie eine gewisse sexuelle Anziehungskraft hat. Trotzdem war ich überrascht, als ich hörte, dass du … aber es ist ja nicht deine Schuld.“
Ruckartig wandte sie ihm wieder den Blick zu. „Wovon redest du nur, verdammt noch mal?“
„Deine Affäre mit Turner. Wirklich, Lily, muss ich etwa alles noch einmal sagen? Es ist unhöflich, nicht zuzuhören.“
„Oh, ich habe zugehört. Ich dachte nur, ich hätte mich verhört, weil mein Privatleben dich doch eigentlich nichts angeht.“
„Wir sind Cousin und Cousine. Und eines Tages, wenn du genug herumexperimentiert hast und erwachsen geworden bist …“
„Ich bin achtundzwanzig, nicht achtzehn.“ Verärgert schüttelte sie den Kopf. Wenn Freddie sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte man ihn nur noch mit einem scharfen Skalpell davon befreien. „Muss ich es dir buchstabieren? Wir werden nicht heiraten. Niemals.“
Sein Lächeln war geduldig. Verständnisvoll. „Deine Mutter will es aber. Und meine auch.“
„Meine Mutter will, dass ich heirate. Punkt. Du hast das richtige Geschlecht, du bist Chinese, du hast ein gut laufendes Geschäft. Das reicht ihr, aber sie ist ja auch schon verheiratet. Gib auf, Freddie. Du willst mich nicht heiraten. Du magst mich ja nicht einmal.“
„Natürlich mag ich dich. Sogar sehr. Du bist meine Cousine.“
Er meinte, was er sagte. Oder glaubte es wenigstens, was fast dasselbe war. Sie seufzte. „Ich finde, deine Mutter hat recht – du solltest wirklich heiraten. Bald. Nur nicht mich.“ Sie reichte ihm ihren Teller, klopfte ihm tröstend auf den Arm und ergriff die Gelegenheit zur Flucht, solange er die Hände voll hatte.
Verwandte konnten manchmal eine rechte Plage sein. Sie würde noch ein wenig tanzen, beschloss sie, als sie wieder in den anderen Raum hinüberwechselte. Das würde sie zwar nicht ganz vor neugierigen Fragen nach ihrer Schulter, ihrem neuen Freund oder ihrem Jobwechsel bewahren – dazu sahen sich zu viele der Anwesenden berechtigt, ja sogar gezwungen. Aber sie würden weniger Gelegenheit dazu haben.
Der DJ spielte gerade „I Want You to Want Me“, und der Ballsaal war voller Menschen. Lily stand am Rande der Tanzfläche und wippte mit dem Fuß, mehr aus Ärger als im Takt.
Freddie war nicht gerade mit einem großen Einfühlungsvermögen gesegnet, was die Tatsache, dass er mit seinen Worten ins Schwarze getroffen hatte, umso ärgerlicher machte. Sie war gebunden, das stimmte. Doch manchmal schien es ihr eher, als sei sie gefesselt.
Ihr Blick wanderte durch den Raum über Cousins und Fremde, Bekannte, Familienfreunde und Neuangeheiratete hinweg und blieb dann an Tante Mequi hängen, die gerade mit Lilys Vater tanzte.
Mequi Leung war die Schwester ihrer Mutter. In der Familie ihrer Mutter waren alle groß gewachsen, und Mequi war dünn von Kopf bis Fuß – dünner Körper, dünnes Gesicht und ein dünnes Lächeln, das aussah wie ein Pflaster über etwas, das Schmerzen bereitete. Lilys Lippen zuckten. Tante Mequi hasste es, sich lächerlich zu machen, und Edward Yu reichte seiner Schwägerin kaum bis zur Schulter.
Ihm machte das nichts aus, das wusste sie. Ihr Vater besaß die wunderbare Fähigkeit, alles, was er für unwichtig hielt, zu
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