Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
gemischtrassige Beziehungen waren im Fell-und-Fänge-Club kein Problem.
Vielleicht war das einer der Gründe, warum Hector sich selbst zum Werwolf gemacht hatte. Bei ihnen ging es nur um Stärke, um Macht und wer wen töten konnt e – nicht darum, welche Hautfarbe man hatte, wie viel Geld man verdiente oder wer die Eltern waren.
Verständnis für Werwölf e – was würde wohl als Nächstes kommen?
„Ich werde mich übergeben, wenn du mich nicht absetzt“, würgte ich hervor.
„Werwölfe übergeben sich nicht.“
Es lag mir auf der Zunge, etwas über gut durchdachte Pläne zu sagen, aber ich verkniff es mir. Ich musste warten, bis ich ihn dort hatte, wo ich ihn haben wollte, bevor er die Wahrheit erfuhr. Aber wo genau würde das sein?
Mir gelang noch ein letzter Blick zu meinem Apartment, bevor Hector mich in den Wald verschleppte. Noch immer in menschlicher Gestalt trugen die anderen gerade Damien die Treppe hinunter. Hände hatte n – wie es schie n – durchaus ihren Nutzen.
Die kühle, feuchte Luft des Waldes umschloss uns. Die Dunkelheit war schon fast vollständig, und diese Zeit zwischen der Abenddämmerung und dem Aufgang des Mondes wirkte still, friedlich und erwartungsvoll. Ich wartete darauf, dass sich der erste Silberstreifen zwischen den Blättern zeigte. Was würde dann geschehen?
Wo war Jessie? Will? Edward? Ich wusste, dass sie mich nicht im Stich lassen würden. Sie folgten mir bestimmt in so nahem Abstand, wie sie es wagten.
„Wie hat dir deine erste Verwandlung gefallen?“
Da ich keine erlebt hatte, wusste ich nicht so recht, was ich sagen sollte. Ich wollte keinen Fehler machen und Hector vorwarnen.
Er lachte; seine attraktive Stimme verdunkelte sich zu einem grollenden Knurren, das durch meinen Magen vibrierte und meinen Verstand in Panik versetzte. „Mach dir keine Sorgen; die erste Verwandlung ist immer die schlimmste. Die zweite wirst du lieben. Besonders das, was danach kommt.“
Irgendwie bezweifelte ich das.
Er drehte den Kopf und schnüffelte an meinem Oberschenkel. Seine Hand streichelte über meine Narbe und dann tiefer. „Ich erinnere mich noch gut an unser Beisammensein. Du warst heiß, feucht. Ich bin noch nie so heftig gekommen.“ Seine Zähne schrammten über meine Haut. Er leckte an ihr, nahm eine Falte zwischen seine Lippen und saugte. „Ich kann es nicht erwarten, wieder in dir zu sein. Es wird diesmal sogar noch besser werden. Das verspreche ich.“
Meine Gedanken rasten in dem Versuch, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden. Mein Gehirn fühlte sich an wie ein Hamster im Laufrad, der rennt und rennt, ohne je irgendwo anzukommen. Ich musste Hector töten. Nur wie?
Wir kamen zu einer Lichtung, die ich nie zuvor gesehen hatte. Wie sollten Jessie und die anderen mich bloß finden?
Mein Herz schlug so schnell, wie mein Kopf sich drehte. Ich war schon lange nicht mehr ängstlich, sondern fast schon hysterisch. Hector zu töten und mich so für immer von ihm zu befreien, hatte nach einer guten Idee geklungen, aber sie in die Tat umzusetzen, war eine andere Sache.
Ich wollte nicht allein sein mit diesem Mann, dieser Bestie. Bereits der Gedanke lähmte mich. Wenn ich gelähmt wäre, wie sollte ich ihn dann aufhalten? Selbst wenn ich wüsste, was ich zu tun hätte?
Hector ließ mich auf den Boden fallen. Ich sah hoch. Blinzelte. Keuchte.
Jessie, Will und Edward saßen geknebelt und jeder von ihnen an einen Pfosten gefesselt in einer Reihe vor mir.
Nun, wenigstens würde ich nicht allein sein.
39
„Ihr habt geglaubt, ihr könntet es mit mir aufnehmen?“ Hector starrte Jessie und die anderen an, dann schüttelte er den Kopf. „Ich habe mir nicht nur die Kraft von hundert Werwölfen einverleibt, sondern auch ihre sensorischen Fähigkeiten. Ich höre besser, sehe weiter, rieche über Kilometer hinweg. Ich kann mich in alles und jeden verwandeln. Die Jägersucher sind keine Gegner mehr für mich. Bald schon werden sie keine Gegner mehr für uns sein, Leigh, mein Liebling.“
Ich musste nicht erst fragen, ob er sich seine Werwolf-Quote zusammengefuttert hatte. Ich musste diesen Typen unbedingt unschädlich machen. Wenn ich es nicht tat, würde er nicht nur die Jägersucher dezimieren, sondern auch die Weltbevölkerung. Armageddon, dein Name ist Hector.
Er sah mich eigentümlich an. Obwohl mir der Gedanke an das, was er vorhatte, kalten Angstschweiß ausbrechen ließ, musste ich trotzdem vorgeben, wie er zu sein. Wenn ich nicht aufpasste, würde er
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