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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Und die gegenüberliegende Wand war so voll mit Graffiti, dass sie
jedem Hochhaus im Churchill Estate alle Ehre gemacht hätte. Bösartiges Zeug: SCHEISSKUNST, FÜHLT
MIT DEN ARMEN, TÖTET DIE BULLEN: Der Stoff des Wahnsinns.
Zwei Leichen waren einfach hinter das Sofa geworfen worden, und eine dritte lag unter einem
Tisch, als ob jemand einen halbherzigen Versuch gemacht hätte, sie beiseite zu räumen. Teppich
und Wände waren mit einem Sprühregen von Blutstropfen bedeckt, und der widerlich süße Gestank
sagte Rebus, dass zumindest eine der Leichen bereits mehrere Tage hier lag. Es war einfacher,
sich dem Anblick zu stellen, nun, wo die Sache vorbei war.
Schwieriger zu beantworten war die Frage nach dem »Warum«. Das jedenfalls machte Flight sehr zu
schaffen.
»Ich kann einfach kein Motiv finden, John. Ich meine, Chambers hatte doch alles. Warum, zum
Teufel, musste er... Ich meine, warum konnte er nicht einfach...?« Sie waren im Wohnzimmer.
Nirgends waren irgendwelche Hinweise zu entdecken. Chambers' Privatleben schien genauso harmlos
und wohl geordnet wie der Rest seiner Wohnung. Bis auf jenes eine Zimmer, jenen geheimen Winkel.
Abgesehen davon hätten sie in der Wohnung jedes x-beliebigen erfolgreichen Anwalts sein und
dessen Bücher, Schreibtisch, Korrespondenz und Computerdateien durchsehen können.
Das kümmerte Rebus eigentlich nicht. Es wäre ihm auch egal, wenn sie nie herausfänden,
warum.
»Warte, bis die Biografie rauskommt, George«, sagte Rebus, »vielleicht kriegst du dann deine
Antwort.« Oder frag einen Psychologen, dachte er bei sich. Er hatte keinen Zweifel, dass es jede
Menge Theorien geben würde.
Doch Flight schüttelte den Kopf, rieb sich über Gesicht und Hals. Er konnte immer noch nicht
glauben, dass es zu Ende war. Rebus berührte ihn mit einer Hand am Arm. Ihre Blicke begegneten
sich. Rebus nickte bedächtig, dann zwinkerte er.
»Du hättest in diesem Jaguar sein sollen, George. Es war fantastisch.« Flight gelang es, sich ein
Lächeln abzuringen. »Erzähl das mal dem Richter«, sagte er. »Erzähl das mal dem Richter.«
An jenem Abend aß Rebus bei Flight, ein Essen, das Marion gekocht hatte. So kam schließlich das
seit Tagen vereinbarte Dinner zustande, doch es war eine ziemlich düstere Angelegenheit, die
einzig durch ein Interview mit einem Kunsthistoriker in den Spätnachrichten etwas belebt wurde.
Er sprach über den Schaden an den Gemälden im Spanischen Raum der National Gallery.
»So eine sinnlose Zerstörung... Vandalismus... rein mutwillig... von unschätzbarem Wert...
vielleicht irreparabel... Millionen Pfund... Erbe.«
»Bla, bla, bla«, sagte Flight höhnisch. »So ein verdammtes Gemälde kann man zumindest wieder
zusammenflicken. Diese Leute reden sich wirklich einen Scheiß zurecht.«
»George!«
»Entschuldige, Marion«, sagte Flight verlegen. Er sah zu Rebus, der ihm zuzwinkerte.
Später, nachdem Marion ins Bett gegangen war, saßen die beiden Männer noch zusammen und tranken
einen letzten Brandy.
»Ich hab mich entschlossen, aufzuhören«, sagte Flight. »Marion liegt mir schon seit Ewigkeiten
damit in den Ohren. Und meine Gesundheit ist auch nicht mehr das, was sie mal war.«
»Hoffentlich nichts Schlimmes?«
Flight schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht. Aber ich hab ein Angebot von einer
Sicherheitsfirma. Mehr Geld, geregelte Arbeitszeiten. Du weißt schon, wie das ist.«
Rebus nickte. Er hatte erlebt, wie einige von den Besten unter seinen älteren Kollegen wie Motten
zum Licht strebten, wenn Sicherheitsfirmen an sie herantraten. Er trank sein Glas aus.
»Wann wirst du abreisen?«, fragte Flight.
»Ich dachte, ich fahr morgen zurück. Ich kann ja wiederkommen, wenn man mich für eine Aussage
braucht.«
Flight nickte. »Wenn du das nächste Mal kommst, kannst du bei uns im Gästezimmer
übernachten.«
»Danke, George.« Rebus stand auf.
»Ich fahr dich zurück«, sagte Flight. Doch Rebus schüttelte den Kopf.
»Ruf mir ein Taxi«, beharrte er. »Ich will nicht, dass man dich wegen Trunkenheit am Steuer
drankriegt. Überleg mal, wie sich das auf deine Rente auswirken würde.«
Flight starrte in sein Brandyglas. »Da hast du nicht ganz Unrecht«, sagte er. »Also gut, dann ein
Taxi.« Er griff mit einer Hand in seine Tasche. »Ich hab übrigens ein kleines Geschenk für dich.«
Er hielt Rebus die zusammengeballte Faust hin, und Rebus hielt seine Hand darunter. Ein Zettel
fiel aus Flights Hand in seine. Rebus faltete ihn

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