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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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eine nahm. Er rieb sich seinen Bauch. Mein
Gott, tat das weh. Er hoffte, dass die Stiche hielten.
»Du hast ihn übers Ohr gehauen«, sagte Rebus beiläufig. »Er hat mit gestohlener Ware gehandelt,
du warst sein Kurier und hast die Sachen für ihn ausgeliefert. Aber du hast immer ein bisschen
was für dich abgezweigt, nicht wahr? Bei jedem Auftrag hast du ein bisschen mehr kassiert, als er
wusste. Warum? Um für die Wohnung in Docklands zu sparen? Damit du dich selbstständig machen
konntest? Vielleicht bist du irgendwann zu habgierig geworden, ich weiß es nicht. Jedenfalls
wurde Tommy misstrauisch. Du warst vor ein paar Tagen im Gericht, weil du sehen wolltest, wie er
eingelocht wurde. Das war das Einzige, was dich hätte retten können. Als er nicht verurteilt
wurde, hast du noch einmal versucht, ihm Sand in die Augen zu streuen, indem du von der
Zuschauergalerie heruntergebrüllt hast. Aber da war es nur noch eine Frage der Zeit. Und als du
hörtest, dass das Verfahren ganz eingestellt worden war, da wusstest du, dass er dir sofort auf
die Pelle rücken würde. Also bist du abgehauen. Aber du bist nicht weit genug gelaufen,
Kenny.«
»Was geht Sie das denn an?« Die Worte klangen wütend. Aber es war eine Wut, die auf Angst
beruhte. Und sie war nicht gegen Rebus gerichtet.
Schließlich war er nur der Überbringer der schlechten Nachricht.
»Nur eines«, sagte Rebus ganz ruhig, »lass Sammy in Ruhe. Geh nie wieder in ihre Nähe, versuch
noch nicht mal, sie anzurufen. Am besten solltest du jetzt gleich in einen Zug oder Bus oder
sonst was steigen und aus London verschwinden. Und keine Sorge, früher oder später kriegen wir
Tommy wegen irgendwas dran. Dann kannst du vielleicht zurückkommen.«
Er hatte erneut eine Hand in die Tasche gesteckt und zog ein Bündel Zehn-Pfund-Noten hervor.
Davon zählte er vier Scheine ab und warf sie auf die Matratze. »Das ist für eine einfache
Fahrkarte, und ich würde vorschlagen, dass du sie noch heute Morgen benutzt.«
Kennys Augen und Stimme waren misstrauisch. »Sie wollen mich doch nicht reinlegen?«
»Warum sollte ich?«
Diesmal war das Lächeln sehr viel selbstbewusster. Er sah auf das Geld.
»Das ist bloß `ne Familiensache, Rebus. Nichts weiter. Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
»Tatsächlich?« Rebus nickte und ließ seinen Blick durch das Zimmer mit seiner abblätternden
Tapete und dem mit Brettern verrammelten Fenster schweifen sowie der Matratze mit einem einzigen
verknitterten Laken. »Na schön.« Er wandte sich zum Gehen.
»Ich war das übrigens nicht allein!«
Rebus blieb stehen, drehte sich aber nicht um. »Was?« Er versuchte, desinteressiert zu
klingen.
»Da steckte auch ein Bulle mit drin. Er bekam einen Anteil von den Einbrüchen.«
Rebus atmete heftig ein. Musste er das wissen? Wollte er das wissen?
Kenny Watkiss ließ ihm jedoch keine Wahl.
»Ein Detective namens Lamb«, sagte er. Rebus atmete leise aus, sagte aber nichts, ließ sich
nichts anmerken, sondern verließ die Wohnung, ging zum Aufzug, trat die Milchflasche weg und riss
die Tür auf. Dann drückte er den Knopf zum Erdgeschoss und wartete, dass der Aufzug langsam
hinunterfuhr.
Vor dem Wohnblock blieb er stehen, um seine Zigarette auszutreten. Er rieb sich wieder über den
Bauch. Zu blöde, dass er die Schmerztabletten nicht mitgenommen hatte. Aus den Augenwinkeln sah
er auf dem Parkplatz einen Lieferwagen ohne jede Aufschrift. Sechs Uhr fünfundvierzig. Es könnte
eine vollkommen rationale Erklärung dafür geben und für die Tatsache, dass zwei Männer mit
steinerner Miene auf den Vordersitzen saßen. Sie könnten doch gerade zur Arbeit fahren wollen,
oder?
In Wirklichkeit wusste Rebus verdammt genau, was die dort taten. Und diesmal hatte er eine Wahl.
Er könnte sie ihre Arbeit verrichten lassen, oder er könnte sie davon abhalten. Er brauchte noch
weitere ein bis zwei Sekunden, um sich zu entscheiden, doch dann ging er, mit einem Bild von
Samanthas Gesicht vor Augen, lässig auf den Wagen zu, und als die Männer seine Anwesenheit immer
noch ignorierten, klopfte er laut an das Beifahrerfenster. Der Beifahrer sah ihn mit
unverhohlener Feindseligkeit an, doch als er merkte, dass Rebus sich nicht einschüchtern ließ,
kurbelte er das Fenster herunter.
»Yeah?«
Rebus hielt dem Mann seinen Ausweis so dicht vors Gesicht, dass ihn die Plastikumhüllung an der
Nase kratzte.
»Polizei«, blaffte er. »Machen Sie, dass Sie hier wegkommen. Und sagen Sie Tommy

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