bist doch schon so lange verheiratet …"
Ich schaute ihm wortlos in die Augen und nickte. Ich fühlte mich so befreit und glücklich, schwebte auf Wolke Acht, obwohl ich über vierzig Jahre lang vergeblich darauf gewartet hatte, überhaupt erst einmal die Wolke sieben zu erreichen.
Ich hatte im reifen Alter von 60 Jahren tatsächlich meinen allerersten Orgasmus erleben dürfen.
*
Kurz darauf wurde ich aus dem Sanatorium entlassen. Ich dachte nicht darüber nach, ob ich Peter jemals wiedersehen würde. Irgendwie hatte unsere Begegnung meine ganze Persönlichkeit verändert. Ich nahm die Dinge so an, wie sie nun einmal waren, lebte im Hier und Jetzt. Angefüllt mit Freude.
Ich wollte auch meinen Mann teilhaben lassen an meiner neu gewonnenen Lebenslust. Doch Robert zeigte sich unempfindlich gegenüber meinen neu erworbenen Verführungskünsten.
"Mein Gott, Elisabeth, so etwas brauchen wir doch nicht mehr in unserem Alter ", stöhnte er ein ums andere Mal.
Bitteschön, dann eben nicht.
Ich lächelte ihn an, was er für Verständnis hielt.
Als ich mit meinem kleinen neuen Auto vor der Tür stand, schimpfte er: "Mein Gott, Elisabeth, was soll das? Du hast ja noch nicht mal einen Führerschein …"
"Oh doch, den habe ich. Den hatte ich schon zwei Jahre vor unserer Hochzeit, und jetzt habe ich meine Kenntnisse in der Fahrschule aufgefrischt."
Von da an fuhr ich zweimal in der Woche zur
Therapie
, denn mein
Dauerstresssyndrom
hatte sich bald nach meiner Entlassung aus dem Sanatorium wieder bemerkbar gemacht.
Immer, wenn ich heimkam, strahlte ich vor Lebensfreude.
Beim nächsten Besuch erzählte ich Peter wie sehr ich meinen Mann kulinarisch verwöhnt hätte.
"Und wenn er dreimal in der Woche Wiener Schnitzel haben möchte, dann bekommt er diese eben …"
"Hach, der hat es gut, ich bekomme nur zweimal in der Woche, was ich möchte …"
Tja, da musste er nun durch, mein lieber Peter. Jedenfalls acht Jahre lang.
Kurz vor meinem achtundsechzigsten Geburtstag starb mein Robert an einem Blutgerinnsel im Gehirn. Ganz plötzlich.
Heuer werde ich siebzig, und wir, also Peter und ich, überlegen, wie wir uns die dauernde Fahrerei ersparen könnten.
"Wo möchtest du lieber leben? In deiner Provinz oder in der Landeshauptstadt?"
Wir hatten uns acht Jahre lang auf der Hälfte der Strecke getroffen, er war von D. 60 Kilometer gefahren, ich von W. dieselbe Strecke. Die Wirtin in der kleinen Pension im Gebirge kannte uns schon und freute sich immer, wenn sie uns sah.
Aber wollte ich denn eigentlich mein Leben mit Peter teilen? Meinen Alltag? In einer gemeinsamen Wohnung? Oder er hier bei mir in dem inzwischen viel zu großen Haus? Für ihn kochen, waschen, bügeln, putzen? Warum? Das konnte er alles selbst ganz ausgezeichnet. Und keineswegs gab es bei ihm immer nur Wiener Schnitzel.
"Ich weiß nicht", sagte ich wahrheitsgemäß und legte meinen Kopf zärtlich an seinen Rücken. Er stand am Fenster und schaute, wie so oft, auf die bizarren Sandsteingebilde des Gebirges.
Er drehte sich um, nahm meinen Kopf in seine großen Pranken und küsste mich.
"Verstehe", sagte er etwas später, "du willst auf Wolke Acht bleiben …"
Wie gut wir uns doch noch immer verstanden, wie sehr wir uns doch immer noch liebten und das auch oft genug dem anderen sagten.
ENDE
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