Women of Primrose Creek 01 - Wildes Lied der Liebe
1
Primrose Creek, Nevada
Hochsommer 1867
Als sie Trace wiedersah, ging er zu Fuß und trug einen Sattel über der Schulter. Den Hut hatte er in den Nacken geschoben, und das Sonnenlicht schimmerte in seinem blonden Haar. Seine blaugrünen Augen funkelten, während auf seinen Lippen das ironische Lächeln lag, das sie nur allzu gut kannte. O ja, selbst von der anderen Seite des Primrose Creek her konnte Bridget deutlich erkennen, wer dieser Mann war - einer, der nichts als Ärger bedeutete.
Am liebsten wäre Bridget auf der Stelle in die Hütte gelaufen und hätte die Flinte ihres Großvaters geholt, um Trace zum Teufel zu jagen. Sie hätte es wohl getan, wenn ihr nicht bewusst gewesen wäre, dass sich der Kerl außer Schussweite befand. Offenbar hatte der Halunke ihre Gedanken erraten, denn auf seinem Gesicht erschien für wenige Augenblicke ein breites Grinsen, bevor er sich dann wieder alle Mühe gab, ernst auszusehen. Er wusste genau, dass er sich in Sicherheit wiegen durfte, solange er nur genügend Abstand hielt.
Bridget verschränkte die Arme. »Es wäre am gesündesten für dich, Trace Qualtrough, wenn du auf dem Absatz kehrtmachen und wieder dahin verschwinden würdest, wo du hergekommen bist«, rief sie zu ihm hinüber.
Ohne Erfolg. Ja, das war der alte Trace, teuflisch gut aussehend und mit einer beneidenswert dicken Haut gesegnet. Er tippte nur grüßend an die Krempe seines schäbig aussehenden Hutes und legte dann den Sattel am Flussufer ab, als wäre er leicht wie eine Feder. Die junge Witwe Bridget wusste es besser, war sie doch drei Monate lang von St. Louis aus gen Westen gezogen - ohne die Hilfe eines Mannes, der ihr die grobe Arbeit abgenommen hätte.
»Aber Bridget«, rief Trace, »ist das etwa die Art, einen alten Freund zu begrüßen?«
Tief im Innersten dieses so überaus attraktiven Mannes steckte sicher noch immer der Junge, den sie einst gekannt und geliebt hatte. Der Freund, der sie schwimmen gelehrt und der ihr beigebracht hatte, auf Bäume zu klettern und wie ein Indianer zu reiten. Der junge Mann, mit dem sie gelacht und den sie mit einer Inbrunst ge li ebt hatte, die sie auch jetzt, mehr als zehn Jahre später, nachts manchmal keinen Schlaf finden ließ.
Bridget blieb standhaft und abweisend, obgleich sich ein Teil von ihr danach sehnte, durch den Fluss zu waten und sich ihm an den Hals zu werfen. Sie würde niemals nachgeben. Denn dies war nicht der Trace, mit dem sie so schöne Erinnerungen verband. Der Mann, den sie hier vor sich sah, hatte den Tod ihres Ehemannes auf dem Gewissen, so sicher, als hätte er Mitch eigenhändig erschossen. »Mach, dass du von hier verschwindest! Auf der Stelle!«
Er besaß die bodenlose Frechheit zu lachen, während er sich bückte und sich den Sattel wieder über die Schulter legte. Bridget fragte sich, was wohl mit seinem Pferd geschehen sein mochte, rief sich jedoch gleich zur Ordnung. Es kümmerte sie nicht. Ihretwegen hätte er den ganzen Weg zurück nach Virginia zu Fuß laufen können. Solange er nur wieder verschwand.
»Ich bleibe«, erklärte Trace. Ohne auch nur seine Stiefel auszuziehen, begann er, durch das knietiefe Wasser zu waten, auf dem das Sonnenlicht glitzerte. »Selbstverständlich würde ich es lieber sehen, wenn ich hier willkommen wäre. Doch auch deine Ablehnung wird mich nicht umstimmen.«
Bridgets Herz klopfte zum Zerspringen. Nichts als blanke Wut, sagte sie sich im Stillen, während sie aufgebracht am Flussufer auf und ab lief. »Kaum zu fassen! Du bist noch immer so unmöglich wie früher!«, rief sie anklagend.
Lachend nickte er. »Ja, Ma'am.« Aus der Nähe bemerkte Bridget, dass Trace gealtert war, seit sie ihn zuletzt gesehen hatte - damals, als er und Mitch die Uniform der Nordstaaten angezogen hatten und in den Krieg gezogen waren. Seine blaugrünen Augen waren inzwischen von Lachfalten umgeben, und seine Züge wirkten markanter und härter als früher. Doch die Wirkung, die er auf Bridget ausübte, war unverändert geblieben. Sie fühlte sich seltsam schwach in seiner Nähe, auf eine nicht unangenehme Weise. Eben dies trieb sie zur Weißglut.
Mitch, dachte sie und schwankte kaum merklich. Er war ihr Ehemann und Geliebter gewesen und der Vater ihres drei Jahre alten Sohnes Noah. Überdies hatte sie nie einen besseren Freund besessen. Ebenso wenig wie Trace. Mitch war seinem Freund in die Schlacht gefolgt, leichten Herzens und mit der Gewissheit, an seiner Seite Ruhm und Ehre zu erlangen. Und
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