Xenozid
töten. Sobald du deine Sternenschiffe baust. Deine Waffen. Du könntest der menschlichen Flotte gewachsen sein. Diesmal wird sie nicht von Ender kommandiert.
›Niemals. Nie jemanden töten. Nie wir versprochen.‹
Friede, kam Enders Flüstern. Friede. Sei ruhig, still, gelassen. Fürchte nichts. Fürchte keinen Menschen.
Baue kein Sternenschiff für die Schweinchen, dachte Valentine. Baue ein Sternenschiff für dich selbst, weil du die Descolada töten kannst, die du in dir trägst. Aber nicht für sie.
Die Gedanken der Schwarmkönigin wechselten abrupt vom Bitten zu barscher Ablehnung. ›Haben sie kein Recht auf Leben? Ich habe ihnen ein Schiff versprochen. Ich habe euch versprochen, niemals zu töten. Wollt ihr, daß ich Versprechen breche?‹
Nein, dachte Valentine. Sie schämte sich bereits, solch einen Verrat vorgeschlagen zu haben. Oder waren das die Gefühle der Schwarmkönigin? Oder Enders? War sie wirklich sicher, welche Gedanken und Gefühle ihre eigenen waren und welche die eines anderen?
Die Furcht, die sie empfand – es war ihre eigene, da war sie sich fast sicher.
»Bitte«, sagte sie. »Ich will gehen.«
»Eu também«, sagte Miro.
Ender machte einen Schritt auf die Schwarmkönigin zu und streckte eine Hand nach ihr aus. Sie breitete die Arme nicht aus – sie benutzte sie, um das letzte ihrer Opfer in die Eikammer zu rammen. Statt dessen hob die Königin eine Schwinge, drehte sie und schob sie zu Ender hinüber, bis seine Hand schließlich auf der schwarzen Regenbogenoberfläche ruhte.
Berühre sie nicht! rief Valentine stumm. Sie wird dich gefangennehmen! Sie will dich zähmen!
»Still«, sagte Ender laut.
Valentine war nicht sicher, ob er als Antwort auf ihre stummen Schreie sprach oder versuchte, die Schwarmkönigin zum Schweigen zu bringen, die nur etwas zu ihm sagte. Es spielte keine Rolle. Nach einem Augenblick ergriff Ender den Finger eines Krabblers und führte sie in den dunklen Tunnel zurück. Diesmal ging Valentine als zweite, Miro als dritter, und Plikt bildete die Nachhut. So war es Plikt, die den letzten Blick zurück auf die Schwarmkönigin warf; es war Plikt, die die Hand zum Abschied hob.
Den gesamten Rückweg zur Oberfläche versuchte Valentine, dem Geschehen einen Sinn zu entnehmen. Sie hatte immer angenommen, wenn die Menschen von Geist zu Geist kommunizieren und die Vieldeutigkeit der Sprache eliminieren könnten, wäre das Verständnis perfekt, und es gäbe keine unnötigen Konflikte mehr. Statt dessen hatte sie herausgefunden, daß die Sprache die Differenzen zwischen Menschen nicht vergrößerte, sondern sie verkleinerte, die Dinge glättete, so daß die Menschen miteinander zurechtkommen konnten, obwohl sie einander gar nicht wirklich verstanden. Die Illusion des Verstehens ermöglichte den Menschen die Annahme, sie seien einander ähnlicher, als es in Wirklichkeit der Fall war. Vielleicht war die Sprache doch die bessere Möglichkeit.
Sie krochen aus dem Gebäude ins Sonnenlicht, blinzelten und lachten erleichtert. »Kein Spaß«, sagte Ender. »Aber du hast darauf bestanden, Val. Du mußtest sie sofort sehen.«
»Also bin ich töricht«, sagte Valentine. »Ist das neu für dich?«
»Es war wunderschön«, sagte Plikt.
Miro legte sich lediglich im Capim auf den Rücken und bedeckte die Augen mit dem Arm.
Valentine betrachtete ihn, wie er dort lag, und erhaschte einen Blick auf den Mann, der er einmal war, den Körper, den er einmal gehabt hatte. Wie er dort lag, schwankte er nicht; da er schwieg, kamen seine Silben nicht verzögert. Kein Wunder, daß seine Xenologiekollegin sich in ihn verliebt hatte. Ouanda. So tragisch die Entdeckung, daß ihr Vater auch sein Vater war. Das war das schlimmste, was enthüllt wurde, als Ender vor dreißig Jahren auf Lusitania für die Toten sprach. Das war der Mann, den Ouanda verloren hatte; und auch Miro hatte diesen Mann verloren, der er einmal war. Kein Wunder, daß er sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Nachdem er seine Geliebte verloren hatte, hielt er es für wertlos. Er bedauerte lediglich, daß er schließlich doch nicht gestorben war. Er hatte weitergelebt, äußerlich genauso gebrochen wie innerlich.
Warum dachte sie an diese Dinge, wenn sie ihn betrachtete? Warum kam es ihr plötzlich so wirklich vor?
Etwa, weil er im Augenblick selbst daran dachte? Erfaßte sie das Bild, das er sich von sich selbst machte? Gab es irgendeine schlummernde Verbindung zwischen ihren Gehirnen?
»Ender«, sagte sie, »was ist
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