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Young Sherlock Holmes 4

Young Sherlock Holmes 4

Titel: Young Sherlock Holmes 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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auf die Noten der vor ihm aufgeschlagenen Partitur. Doch statt den Versuch zu unternehmen, sie zu
verstehen
, ließ er diesmal seinen Blick durch sie hindurchgleiten, bemüht, die Seite als Ganzes zu betrachten und nicht jede einzelne Note als etwas Individuelles – ging es doch um den Wald und nicht die einzelnen Bäume. Er rief sich von seinem Spiel ein paar Minuten zuvor noch einmal ins Gedächtnis, um welche Noten es sich handelte, holte tief Luft und begann zu spielen.
    Die nächsten Augenblicke schienen wie in einem Nebel zu verschwimmen. Seine Finger glitten von einer Saite zur nächsten und drückten sie, um die richtigen Töne zu erzeugen, noch einen Sekundenbruchteil bevor sein Gehirn ihnen überhaupt signalisierte, welches die richtigen waren. Es war, als wüsste sein Körper bereits, was zu tun war, so dass der befreite Geist über der Musik schweben und nach ihrer Bedeutung forschen konnte. Er versuchte, an das Stück zu denken, als würde es jemand singen, und ließ seine Violine zur Stimme werden – bei manchen Noten zögernd verweilend, bei anderen sich mit aller Macht auf sie stürzend, wie um ihre Wichtigkeit zu betonen.
    Ohne dass er es überhaupt merkte, war er schließlich ans Ende der Seite gelangt.
    »Bravo!«, rief Stone. »Nicht perfekt, aber besser. Du hast mich als Zuhörer wirklich davon überzeugt, dass du die Musik fühlst und nicht nur spielst.« Er wandte den Blick den schwindenden Sonnenstrahlen zu, die durch das Dach hereinfielen. »Lass uns an dieser Stelle aufhören: auf dem Höhepunkt sozusagen. Übe weiterhin deine Tonleitern. Aber ich möchte auch, dass du dich an einzelnen langgezogenen Tönen versuchst. Spiele sie auf unterschiedliche Weisen: traurig, fröhlich, zornig. Lass die Emotionen in die Musik einfließen, und sieh, wie sich das auf den Ton auswirkt.«
    »Ich … ich bin nicht sehr gut, was Emotionen anbelangt«, gestand Sherlock mit leiser Stimme.
    »Aber ich«, erwiderte Stone sanft. »Was bedeutet, dass ich dir helfen kann.« Für einen Moment legte er eine Hand auf Sherlocks Schulter und drückte sie, bevor er sie wieder fortnahm. »Jetzt aber los mit dir. Geh, triff dich mit diesem amerikanischen Mädchen, und verbring ein bisschen Zeit mit ihr.«
    »Virginia?« Sein Herz pochte schneller bei dem Gedanken. Doch er war sich nicht sicher, ob nun Freude oder Panik der Grund dafür war. »Aber …«
    »Kein Aber. Geh einfach und triff dich mit ihr.«
    »In Ordnung«, sagte Sherlock. »Morgen um dieselbe Zeit?«
    »Morgen um dieselbe Zeit.«
    Er verstaute Violine und Bogen im Violinenkoffer, eilte halb kletternd, halb rutschend, über die Leiter in die oberste Etage hinab, um dann laut polternd die Treppe zum Erdgeschoss hinunterzustürmen. Stones Vermieterin – eine Frau in dessen Alter mit schwarzen Haaren und grünen Augen – kam aus der Küche geschossen und sagte irgendetwas, als er vorbeirannte, ohne dass er es genau mitbekam. Innerhalb von Sekunden war er draußen in der klaren kalten Luft.
    In Farnham ging es genauso geschäftig zu wie stets: Die teils mit Kopfstein gepflasterten, teils matschig sandigen Straßen waren dichtgedrängt voll Menschen, die in den unterschiedlichsten Angelegenheiten kreuz und quer durcheinanderliefen.
    Sherlock blieb einen Moment lang stehen, um die Szenerie in sich aufzunehmen – die Kleidung der Leute, ihre Gesten und Haltungen, die unterschiedlichen Pakete, Kisten und Taschen, die sie trugen –, und er versuchte, daraus seine Schlüsse zu ziehen. Jener Mann dort drüben zum Beispiel – der mit dem roten Ausschlag, der sich über seine Stirn zog. Er hielt ein Stück Papier in seiner Hand gekrallt, als hinge sein Leben davon ab. Sherlock wusste, dass in ein paar Gehminuten hinter dem Mann eine Arztpraxis lag; und direkt vor ihm befand sich eine Apotheke. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit war er nach der Konsultation nun auf dem Weg, seine Medizin zu holen. Dann der Mann auf der anderen Straßenseite: gute Kleidung, aber unrasiert und triefäugig, und seine abgewetzten Schuhe starrten vor Schmutz. Ein Landstreicher vielleicht, der einen von einer Pfarrgemeinde gespendeten Anzug trug? Und was war mit der Frau, die gerade an ihm vorbeiging und mit einer Hand ihre Haare daran hinderte, in ihr Gesicht zu fallen? Ihre Hände sahen älter aus, als sie war: bleich und faltig, als kämen sie ständig mit Wasser in Berührung. Offensichtlich eine Wäscherin.
    War es das, was Rufus Stone gemeint hatte, als er

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